Die Arbeitsentgeltgrenze von 556 Euro ist ein Monatswert, der auch dann gilt, wenn es sich nicht um einen vollen Beschäftigungsmonat handelt (Urteil des Bundessozialgerichts vom 5.12.2017 , B 12 R 10/15 R). Insofern ist keine anteilige Entgeltgrenze zu bilden.
Bei schwankendem Arbeitsentgelt ist bei Beginn der Beschäftigung und bei jeder dauerhaften Veränderung in den Verhältnissen eine gewissenhafte Vorausschau vorzunehmen. Im Rahmen der weiteren regelmäßigen vorausschauenden Überprüfung des regelmäßigen Arbeitsentgelts kann diese auch zu Beginn eines jeden Kalenderjahres vorgenommen werden.
Einmalige Einnahmen, die mit hinreichender Sicherheit (z.B. durch Tarifvertrag oder Gewohnheitsrecht) mindestens einmal jährlich zu erwarten sind, müssen berücksichtigt werden.
Beispiel
Arbeitsentgelt (monatlich): 520,00 €
Laufendes Entgelt im Jahr: 520,00 € x 12 = 6.240,00 €
Weihnachtsgeld (tariflich): 500,00 €
Zusammen: 6.740,00 €
Regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt: (6.740,00 € : 12 =) 561,67 €
Es liegt keine geringfügig entlohnte Beschäftigung vor. Die Geringfügigkeitsgrenze gilt nicht für zur Berufsausbildung Beschäftigte (Auszubildende, Praktikanten).
Mehrere Beschäftigungen
Mehrere Beschäftigungen, die gleichzeitig bei einem Unternehmen ausgeübt werden, gelten sozialversicherungsrechtlich als einheitliches Beschäftigungsverhältnis. Das gilt auch für Beschäftigungen, die während der Freistellungsphasen im Rahmen flexibler Arbeitszeitregelungen bei demselben Arbeitgeber ausgeübt werden.
Nebeneinander bei verschiedenen Unternehmen ausgeübte geringfügig entlohnte Beschäftigungen sind zu addieren. Übersteigt das Arbeitsentgelt insgesamt 556 Euro, liegt keine geringfügig entlohnte Beschäftigung mehr vor.
Beispiel 1
Unternehmen A 400,00 €
Unternehmen B 200,00 €
Beide Beschäftigungen sind zu allen Zweigen versicherungspflichtig.
Beispiel 2
Unternehmen A 310,00 € (ab 1.5.24)
Unternehmen B 200,00 € (ab 1.7.24)
Unternehmen C 200,00 € (ab 1.10.24)
Beschäftigung A und B sind bis 30.9. geringfügig entlohnt, da das Arbeitsentgelt zusammen nicht mehr als 556 Euro beträgt. Ab 1.10. sind alle Beschäftigungen nicht mehr geringfügig entlohnt und damit zu allen Zweigen versicherungspflichtig.
Neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung wird die zuerst aufgenommene geringfügig entlohnte Beschäftigung wie eine einzelne geringfügig entlohnte Beschäftigung beurteilt und ist damit in der KV/PV/RV und AV versicherungsfrei.
Das Arbeitsentgelt jeder weiteren geringfügig entlohnten Beschäftigung wird in der KV, RV, PV mit dem Arbeitsentgelt der Hauptbeschäftigung addiert. In der Arbeitslosenversicherung erfolgt generell keine Zusammenrechnung einer geringfügig entlohnten mit einer versicherungspflichtigen Beschäftigung.
Übersteigen die Arbeitsentgelte der versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse insgesamt die Beitragsbemessungsgrenze, sind die Beiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze anteilmäßig aufzuteilen.
Beispiel 3
Versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung Unternehmen A 1.000,00 €
Geringfügig entlohnte Nebenbeschäftigungen Unternehmen B 200,00 € (ab 1.5.23) Unternehmen C 200,00 Euro (ab 1.8.23)
Unternehmen A
Versicherungspflichtig zu allen Zweigen
Unternehmen B
Geringfügig entlohnte Beschäftigung
Unternehmen C
Versicherungspflichtig in der KV, RV, PV.
Geringfügig entlohnte Beschäftigungen und andere Einkünfte
Das Arbeitsentgelt einer geringfügig entlohnten Beschäftigung wird nicht mit den Vergütungen aus freiwilligen Diensten (BFD, freiwilliger Wehrdienst, FSJ, FÖJ) oder einer Beamtentätigkeit addiert. Das gilt ebenso für Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, Elterngeld, Leistungen nach dem Recht der Arbeitsförderung, Miet- und Pachteinnahmen oder Kapitalerträge.
Versicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügig entlohnten Beschäftigungen
Geringfügig entlohnte Beschäftigungen mit einem regelmäßigen Arbeitsentgelt von höchstens 556 Euro monatlich sind versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. In der Rentenversicherung besteht dagegen Versicherungspflicht.
Abgaben
Das Unternehmen hat bei geringfügig entlohnten Beschäftigungen an Abgaben zu zahlen:
- 2 % Pauschsteuer, Kirchensteuer, Soli
- 13 % Krankenversicherung
- 15 % Rentenversicherung
Hinzu kommen die Umlagen U1 und U2 sowie die Insolvenzgeldumlage.
Einzugsstelle für die pauschalen Abgaben (Beiträge und Steuern) sowie die Meldungen ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (Minijob-Zentrale).
Beiträge zur Krankenversicherung
Für krankenversicherungsfrei geringfügig entlohnt Beschäftigte zahlt das Unternehmen einen Pauschalbeitrag in Höhe von 13 % des Arbeitsentgelts, wenn der Beschäftigte in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist, zum Beispiel als Familienangehöriger, Student, Rentner etc.
Für Personen, die in der privaten Krankenversicherung versichert oder dort mitversichert sind, hat der Arbeitgeber keine Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung zu entrichten.
Beiträge zur Rentenversicherung
Zur Rentenversicherung hat das Unternehmen für geringfügig entlohnt Beschäftigte einen Pauschalbeitrag in Höhe von 15 % des Arbeitsentgelts zu zahlen.
Für geringfügig entlohnte Beschäftigungen besteht Rentenversicherungspflicht. Der Beschäftigte hat den Pauschalbeitrag des Arbeitgebers mit einem eigenen Beitrag von zurzeit 3,6 % des Arbeitsentgelts aufzustocken. Der Gesamtbeitrag muss dabei monatlich mindestens 32,55 Euro betragen, das entspricht einem monatlichen Arbeitsentgelt von 175 Euro.
Damit werden neben den Ansprüchen auf Altersrenten aufgrund des Pauschalbeitrags des Unternehmens zusätzlich auch Ansprüche auf Rehabilitationsmaßnahmen oder Erwerbsminderungsrenten sowie die volle Anrechnung der Beitragsmonate für die Anwartschaft auf Altersrenten erworben.
Mitarbeitende haben die Möglichkeit, sich von der Zahlung ihres Beitrags zur Rentenversicherung befreien zu lassen. Hierzu müssen sie einen schriftlichen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht, formlos oder mit dem Antragsformular inklusive Merkblatt von der Internetseite der Minijob-Zentrale (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See) beim Arbeitgeber abgeben, den dieser zu seinen Lohnunterlagen nimmt.
Das Unternehmen meldet den Antrag auf Befreiung dann an die Minijob-Zentrale im Rahmen des DEÜV-Verfahrens. Sofern die Minijob-Zentrale diesem Antrag nicht innerhalb eines Monats widerspricht, ist die Befreiung rückwirkend zum ersten Tag des Monats, in dem der Befreiungsantrag beim Arbeitgeber eingegangen ist, wirksam.
Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gilt für die gesamte Zeit der geringfügig entlohnten Beschäftigung und kann nicht widerrufen werden. Der Befreiungsantrag verliert mit Beendigung der geringfügig entlohnten Beschäftigung seine Wirkung.
Nimmt der Arbeitnehmer bei einem anderen Arbeitgeber im direkten Anschluss oder nach einer Unterbrechung erneut eine geringfügig entlohnte Beschäftigung auf, unterliegt er der Rentenversicherungspflicht und kann erneut einen Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht stellen.
Wird die erneute geringfügig entlohnte Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber aufgenommen, ist von der widerlegbaren Vermutung auszugehen, dass eine durchgehende Beschäftigung vorliegt, wenn zwischen den beiden Beschäftigungen ein Zeitraum von nicht mehr als zwei Monaten liegt. In diesen Fällen behält die Befreiung ihre Wirkung und muss nicht neu schriftlich beantragt werden.
Steuern
Einheitliche Pauschsteuer in Höhe von 2 %
Das Unternehmen kann unter Verzicht auf die Vorlage der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer mit dem einheitlichen Pauschsteuersatz von insgesamt 2 % des Arbeitsentgelts abführen. Voraussetzung ist, dass pauschale Rentenversicherungsbeiträge abgeführt werden.
Eine Abwälzung der 2 % Pauschsteuer auf die Beschäftigten ist mit einer Nebenabrede zum Arbeitsvertrag möglich. Durch die Pauschsteuer sind sämtliche steuerrechtlichen Ansprüche abgegolten. Die Pauschsteuer ist an die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See abzuführen.
Pauschale Lohnsteuer in Höhe von 20 %
Sind keine pauschalen Rentenversicherungsbeiträge abzuführen, kann das Unternehmen die Lohnsteuer pauschal mit einem Steuersatz von 20 % zuzüglich Solidaritätszuschlag (5,5 % der Lohnsteuer) und Kirchensteuer nach dem jeweiligen Landesrecht an das Betriebsstättenfinanzamt abführen.
Besteuerung nach individuellen Lohnsteuermerkmalen
Wählt das Unternehmen für eine geringfügige Beschäftigung keine pauschale Lohnsteuererhebung, sind die Steuern nach Maßgabe der individuellen Lohnsteuermerkmale zu erheben. Bei den Lohnsteuerklassen I bis IV fällt für das Arbeitsentgelt aus einer geringfügig entlohnten Beschäftigung keine Lohnsteuer an. Bei den Lohnsteuerklassen V und VI sind dagegen immer Steuern an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.
Hinweis: Alle Informationen zu Steuern bei Minijobs.