Drei junge Menschen sitzen zusammen an einem Tisch und schauen in ein Buch.
Sozialversicherung 2024

Fachkräfte aus dem Ausland können leichter beschäftigt werden

Lesedauer unter 7 Minuten

Redaktion

  • Internetredaktion Barmer

Bessere Chancen für Sie, Fachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren und offene Stellen zu besetzen. Leichterer Zugang für ausländische Fachkräfte zum deutschen Arbeitsmarkt. Dafür soll die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sorgen. Die Änderungen erfolgen zu unterschiedlichen Zeiten. Dieser Artikel gibt Ihnen einen Überblick über Inhalte und Zeitpunkte.

Änderungen durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Das gilt seit November 2023

Vor allem bei der sogenannten Blauen Karte EU gibt es Neuerungen. Weitere Änderungen betreffen die Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte, die Verknüpfung von Qualifikation und Job sowie Berufskraftfahrende.

Die neue Blaue Karte EU

Bisheriger Teil des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung ist die Blaue Karte EU. Sie wird beibehalten, wurde aber in einigen Kriterien erweitert. Gültig sind die Neuerungen seit 18.11.2023.

Hier finden Sie die wichtigsten Informationen zu den einzelnen Neuerungen:

Für Engpassberufe sowie Berufseinsteigerinnen und -einsteiger gilt: 
Für 2023 wurde das geforderte jährliche Mindesteinkommen auf 39.682,80 Euro gesenkt. Das entspricht 45,3 % der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Für 2024 liegt diese Einkommensgrenze bei 41.041,80 Euro.

Für alle anderen Berufe gilt:
Im Jahr 2023 muss das jährliche Einkommen bei mindestens 43.800 Euro liegen (50 % der Beitragsbemessungsgrenze). 2024 liegt die untere Grenze für das Einkommen bei 45.300 Euro.

Alle Angaben sind Brutto-Angaben.

Liegt der Hochschulabschluss nicht länger als drei Jahre zurück, können auch Berufseinsteigerinnen und -einsteiger die Blaue Karte EU erhalten. Zusätzliche Voraussetzung: das bereits erwähnte jährliche Mindesteinkommen in Höhe von 39.682,80 Euro (für 2023). Ob Regel- oder Engpassberuf, spielt dabei keine Rolle.

Wer keinen Hochschulabschluss hat, aber mindestens drei Jahre Berufserfahrung im Bereich IT nachweisen kann, hat ebenfalls gute Chancen auf die Blaue Karte EU. Da der IT-Bereich zu den Engpassberufen zählt, gilt für eine Anstellung die untere Einkommensgrenze von 39.682,80 Euro (für 2023).

Ab März 2024 greift eine weitere Änderung. Sie finden diese im entsprechenden Abschnitt.

Wichtig zu wissen:
Die Liste der Engpassberufe wurde mit dieser Gesetzesreform erweitert.

Kurzfristig: Wer die Blaue Karte EU eines anderen EU-Mitgliedstaates besitzt, kann ohne Visum oder Arbeitserlaubnis nach Deutschland kommen. Dies gilt für maximal 90 Tage und nur dann, wenn der Zweck geschäftlich ist.

Langfristig: Wer mindestens zwölf Monate in einem anderen EU-Land gelebt und gearbeitet hat, kann dauerhaft nach Deutschland ziehen – und zwar ebenfalls ohne Visum.

Weitere Neuerungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz seit November 2023

  • Wer alle Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis erfüllt, hat einen Anspruch auf diese Erlaubnis.
  • Ein Hochschulabschluss oder eine qualifizierte Berufsausbildung berechtigen dazu, sich bei der Suche nach einem Job frei zu bewegen. Die neue Stelle muss thematisch nichts mit der Ausbildung zu tun haben. Ausnahmen gelten für reglementierte Berufe.
  • Die Befristung der Westbalkanregelung wurde aufgehoben. Eine weitere Änderung hierzu tritt ab Juni 2024 in Kraft.
  • Berufskraftfahrende aus Drittstaaten können Sie jetzt leichter einstellen: Fahrerlaubnis und Grundqualifikation werden nicht mehr überprüft. Die Vorrangprüfung wird gestrichen. Deutschkenntnisse sind nicht erforderlich.

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Das ändert sich ab März 2024

Im Frühjahr 2024 greifen weitere Änderungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Sie beziehen sich auf Anerkennungspartnerschaften, Sonderregelungen dank berufspraktischer Erfahrung, IT-Spezialisten, Pflegehilfskräfte aus Drittstaaten, kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung und Asylbewerber.

Übersicht Änderungen ab März 2024

Wer aus dem Ausland kommt und in Deutschland an beruflichen Maßnahmen zur Qualifizierung teilnimmt, erhält ab März 2024 eine Aufenthaltserlaubnis für 24 Monate (bei Ersterteilung; Verlängerung auf insgesamt 36 Monate möglich). Für eine Beschäftigung im Nebenerwerb sind dann außerdem 20 statt wie bisher 10 Stunden wöchentlich möglich. 

Die ausländische Berufsausbildung soll als voll gleichwertig anerkannt werden. So lautet das Ziel der Qualifizierungsmaßnahmen. Zusätzlich zur bereits bestehenden Qualifikationsanalyse gibt es ab März 2024 die sogenannte Anerkennungspartnerschaft zwischen Unternehmen und Beschäftigten:

  • Die Einreise und Beschäftigung erfolgen mit einem Aufenthaltstitel (Visum). 
  • Das eigentliche Anerkennungsverfahren wird nach der Einreise begleitend durchgeführt.
  • Grundsätzliche Voraussetzungen: Arbeitsvertrag, mindestens zweijährige Ausbildung oder Abschluss eines Hochschulstudiums (jeweils anerkannt durch den Ausbildungsstaat), Kenntnisse der deutschen Sprache mindestens auf Niveau A2 (GER).
  • Die Aufenthaltserlaubnis wird meist für ein Jahr erteilt, kann aber auf bis zu drei Jahre verlängert werden.

Besondere Regeln betreffen Personen, die praktische Erfahrung in ihrem Beruf nachweisen können (nicht-reglementierte Berufe). 

Dabei gelten diese Anforderungen:

  • Es liegt ein Berufs- oder Hochschulabschluss vor, der durch den Ausbildungsstaat anerkannt ist.
  • Für den Berufsabschluss: Die Ausbildung dauerte mindestens zwei Jahre. Alternativ reicht möglicherweise ein Abschluss einer deutschen Handelskammer.
  • Es bestehen Minimum zwei Jahre Erfahrung im angestrebten Beruf.


Wichtig zu wissen:
Für IT-Spezialistinnen und -Spezialisten wird der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ab März 2024 noch weiter erleichtert. Sie müssen ab dann nur mindestens zwei Jahre Berufserfahrung haben. Sprachkenntnisse müssen sie nicht mehr nachweisen.

Grundsätzlich kann jeder, der in der Pflege ausgebildet wurde, im Pflege- oder Gesundheitsbereich beschäftigt werden. Dazu muss keine geregelte dreijährige Ausbildung zur Fachkraft stattgefunden haben. Erforderlich ist entweder eine Ausbildung im Bereich Pflege in Deutschland oder der Nachweis einer ausländischen Pflegequalifikation, die in Deutschland anerkannt wird.

Personen aus Drittstaaten können kurzzeitig und unabhängig von ihrer Qualifikation beschäftigt werden. Grundlage dafür ist ein bedarfsorientiertes Kontingent, das die Bundesagentur für Arbeit definiert. Arbeitgeber können dann einen Antrag auf eine Arbeitserlaubnis stellen oder eine Zustimmung auf einen Aufenthaltstitel beantragen. Dies ist möglich, wenn:

  • der Arbeitgeber tarifgebunden ist und die ausländischen Arbeitskräfte entsprechend beschäftigt werden,
  • der Arbeitgeber die Reisekosten in voller Höhe übernimmt,
  • die Arbeitskraft innerhalb von zwölf Monaten maximal acht Monate beschäftigt ist und
  • je Woche mindestens 30 Stunden gearbeitet werden.

Neue Regelungen sieht das Fachkräfteeinwanderungsgesetz auch für Asylbewerberinnen und -bewerber vor.
Die Änderungen gelten für alle Asylbewerber, 

  • die vor dem 29.03.2023 eingereist sind und
  • die nötige Qualifikation sowie 
  • einen Arbeitsplatz (in Aussicht) oder
  • einen Ausbildungsplatz (in Aussicht) haben.


Gut zu wissen:
Treffen diese Voraussetzungen zu, können Asylbewerber ihren Antrag auf Asyl zurückziehen und stattdessen eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft beantragen. Sie müssen dazu nicht vorab ausreisen und auch kein Visumverfahren durchlaufen.

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Änderungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz ab Juni 2024

Die letzten aktuell geplanten Änderungen im Bereich Fachkräfteeinwanderung treten ab dem 01.06.2024 in Kraft. Neu ist dabei die sogenannte Chancenkarte. Für die Länder des Westbalkans ändert sich das Kontingent an Zustimmungen.

Übersicht Änderungen ab Juni 2024

Ab 01.06.2024 wird die Chancenkarte eingeführt, die einen Aufenthalt für die Jobsuche ermöglicht. Sie ist an verschiedene Bedingungen geknüpft.

Für unterschiedliche Personenkreise gelten verschiedene Zugangsregelungen zur Chancenkarte.

Angehörige aus Drittstaaten, die als Fachkräfte nach § 18 Abs. 3 AufenthG gelten, müssen keine weiteren Voraussetzungen erfüllen. Wichtig für diesen Status als Fachkraft ist der Nachweis darüber, dass ihre im Ausland erworbene Qualifikation der deutschen gleichwertig ist.

Für alle anderen gelten folgende Voraussetzungen:

  • entweder ein ausländischer Hochschulabschluss, eine mindestens zweijährige Berufsausbildung (jeweils anerkannt im ausbildenden Staat) oder ein Berufsabschluss, der von einer deutschen Auslandshandelskammer erteilt wurde
  • erforderliche Sprachkenntnisse: entweder Deutsch (Niveau A1 (GER)) oder Englisch (Niveau B2 (GER))


Punktesystem: Sind die Voraussetzungen erfüllt, können Punkte gesammelt werden. Kriterien dafür sind zum Beispiel: Anerkennung der Qualifikation in Deutschland, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse oder das Potenzial möglicher mitkommender Partnerinnen und Partner.

Gültigkeit: Ist der Lebensunterhalt gesichert, bekommt man die Chancenkarte für maximal ein Jahr. Eine Ausweitung auf bis zu drei Jahre ist möglich.

Ursprünglich war die Westbalkanregelung bis Ende 2023 befristet. Diese Befristung wurde jedoch aufgehoben. Deswegen bekommen Staatsangehörige aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien weiterhin besonderen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt.

Wichtig zu wissen:
Ab dem 01.06.2024 verdoppelt sich das Kontingent. Die Bundesagentur für Arbeit kann jährlich bis zu 50.000 Zustimmungen für Arbeitskräfte vom Westbalkan erteilen.

Hintergründe: Darum sind die Änderungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz so wichtig für Deutschland

Fast 750.000 offene Stellen in Deutschland meldet die Bundesagentur für Arbeit (Stand: Oktober 2023). Insgesamt sind laut Unternehmen im Jahr 2022 gut 1,3 Millionen Arbeitsstellen nicht besetzt gewesen. Auch die Fachkräftelücke ist rein rechnerisch groß: Über 630.000 Arbeitsplätze konnten im Jahresdurchschnitt 2022 nicht mit qualifizierten Arbeitslosen besetzt werden.

Der Bedarf an Fachkräften steigt allerdings weiter, zum Beispiel in den Bereichen IT und Pflege. Gleichzeitig scheiden bald die sogenannten Babyboomer nach und nach aus dem Berufsleben aus. Es fehlen dann also weitere große Teile qualifizierter Beschäftigter.

Die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetztes soll diese Situation entschärfen.

Hier finden Sie weitere Informationen, Tipps, Bewerberporträts, persönliche Hilfe sowie einen Veranstaltungskalender für Workshops. Außerdem können Sie Stellenanzeigen schalten. 

Literatur