Ein junger Mann mit Bart raucht in einer Gruppe

Cannabis am Arbeitsplatz: Das sollten Arbeitgeber wissen

Lesedauer unter 5 Minuten

Redaktion

  • Internetredaktion Barmer

Qualitätssicherung

  • Cornelia Weingärtner (Barmer)

Durch die teilweise Legalisierung von Cannabis stehen viele Arbeitgeber vor der Frage, wie sie mit dem Konsum von Cannabis im Betrieb umgehen sollen und was arbeitsrechtlich zu beachten ist. Informieren Sie sich zum Stand der aktuellen Diskussion.

Gehört die Joint-Pause künftig zum Arbeitsalltag dazu – etwa so wie die Raucherpause? Viele Beschäftigte und Unternehmen sind bei dieser Frage momentan ratlos. Sicher ist: Das Thema Cannabis am Arbeitsplatz gewinnt zunehmend an Bedeutung, insbesondere nach der teilweisen Legalisierung von Cannabis durch das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG) am 1. April 2024. Arbeitgeber stehen damit vor der Herausforderung, klare Richtlinien zu entwickeln und umzusetzen, um die Produktivität und Sicherheit im Betrieb zu gewährleisten. So muss beispielsweise die aktuelle Gefährdungsbeurteilung auf den Prüfstand und Maßnahmen definiert werden, um den Umgang mit Cannabis am Arbeitsplatz zu regeln.

Ist Cannabis während der Arbeit erlaubt?

Obwohl der private Gebrauch von Cannabis jetzt teilweise legalisiert wurde, gilt dies nicht automatisch für den Arbeitsplatz. Ähnlich wie bei Alkohol gilt auch bei Cannabis die Regel: Während der Arbeit sollte jeglicher Konsum, der die eigene Leistungsfähigkeit beeinträchtigen könnte, vermieden werden. So regelt beispielsweise § 15 der DGUV Vorschrift 1, dass Beschäftigte der Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht dazu führen dürfen, die eigene Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen und dadurch sich selbst oder andere gefährden können. Auch das Arbeitsschutzgesetz § 15 bzw. § 16 verpflichtet Unternehmen, für die Sicherheit und Gesundheit im Betrieb zu sorgen und bei einer Gefährdung direkte Maßnahmen zu ergreifen.

Eine Ausnahme besteht für Personen unter 18 Jahren: Für sie gilt ein generelles Cannabisverbot – sowohl in der Freizeit als auch am Arbeitsplatz. Als Arbeitgeber sind Sie für den Schutz Ihrer minderjährigen Angestellten am Arbeitsplatz verantwortlich.

Welche Risiken entstehen durch Cannabis?

Die Wirkung von Cannabis ist nicht bei jedem Menschen gleich stark. Dennoch können die in Cannabis enthaltenen Stoffe sowohl das Gehirn als auch den Körper beeinträchtigen. So kann es durch den Konsum von Cannabis zu einer verzögerten Reaktionsfähigkeit kommen und die Risikobereitschaft zunehmen. Auf diese Weise steigt etwa das Verletzungs- und Unfallrisiko. Der regelmäßige Cannabiskonsum kann aber auch langfristige Folgen für die Gesundheit haben. So können psychische, physische und soziale Erkrankungen entstehen, die auf lange Sicht zu einer Arbeitsunfähigkeit bzw. Einschränkung der Arbeitsfähigkeit führen.

Je nach Arbeitsplatz sind die Gefahren durch den Konsum von Cannabis daher individuell je nach Risiko für die Arbeitssicherheit einzuschätzen. Wer also z. B. beruflich ein Kraftfahrzeug führt, sollte sich entsprechend verantwortungsbewusst verhalten. So ist etwa im Straßenverkehr ein genereller Grenzwert von 3,5 ng THC pro ml Blutserum vorgeschrieben. Das heißt jedoch, dass bereits bei mehr als 1 ng THC pro ml eine Ordnungswidrigkeit vorliegt.

Zuverlässige Schnelltests wie für Alkohol existieren für Cannabis allerdings nicht. Zudem lässt sich nicht exakt sagen, wie schnell THC im Blut abgebaut wird. Somit kann auch nicht definiert werden, wie viele Stunden zwischen dem Cannabiskonsum und einer Fahrtätigkeit mindestens liegen sollten. Deswegen sollten Berufstätige mit Fahr-, Steuer- oder Überwachungstätigkeiten von einer grundsätzlichen Gefährdung durch den Konsum von Cannabis oder Alkohol ausgehen.

Lässt sich der Konsum von Cannabis kontrollieren?

Die Kontrolle des Cannabiskonsums am Arbeitsplatz erfordert sensible und rechtlich einwandfreie Maßnahmen. Hier sind einige Ansätze:

  1. Beobachtung und Bewertung: Vorgesetzte sollten geschult werden, um Anzeichen von Beeinträchtigungen durch Cannabis zu erkennen, wie z. B. Koordinationsstörungen oder auffällige Verhaltensänderungen.
  2. Stichproben und Tests: In einigen Branchen, insbesondere in sicherheitsrelevanten Bereichen, sind Drogentests zulässig. Diese müssen jedoch transparent und unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen durchgeführt werden.
  3. Mitarbeitergespräche: Bei Verdacht auf Cannabiskonsum sollten Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitenden geführt werden, um Klarheit zu schaffen und weitere Schritte zu besprechen.

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Sollten Sie den Cannabiskonsum im Betrieb verbieten?

Auch wenn das Cannabisgesetz den Konsum auf dem Betriebsgelände und in Arbeitsstätten nicht verbietet, haben Arbeitgeber das Recht, Cannabis während der Arbeitszeit zu verbieten, um die Sicherheit und Effizienz im Betrieb zu gewährleisten. Hierfür sollten Sie  klare Richtlinien und Arbeitsanweisungen erstellen, die den Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz untersagen. Diese Richtlinien sollten auch Bestandteil des Arbeitsvertrags oder der Betriebsordnung sein und allen Beschäftigten bekannt gemacht werden. Wichtige Punkte, die darin enthalten sein sollten, sind:

  • Ein klares Verbot des Konsums von Cannabis während der Arbeitszeit und auf dem Betriebsgelände.
  • Konsequenzen bei Verstößen gegen diese Regelungen.
  • Informationen über die möglichen Auswirkungen von Cannabiskonsum auf die Arbeitsleistung und Sicherheit. 

Zusätzlich sollten Schulungen und Aufklärungsveranstaltungen angeboten werden, um das Bewusstsein der Belegschaft für die Risiken des Cannabiskonsums am Arbeitsplatz zu schärfen.

Können Mitarbeitende wegen Cannabis gekündigt werden?

Eine Kündigung wegen Cannabiskonsums ist möglich, jedoch müssen dabei rechtliche Vorgaben und die Verhältnismäßigkeit beachtet werden. Eine fristlose Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn der Konsum von Cannabis die Arbeitsleistung erheblich beeinträchtigt oder zu einem Sicherheitsrisiko führt. In vielen Fällen ist jedoch eine Abmahnung der erste Schritt. Folgende Faktoren spielen bei der Entscheidung eine Rolle:

  • Schwere des Verstoßes: Handelt es sich um einen einmaligen Vorfall oder um wiederholtes Fehlverhalten?
  • Auswirkungen auf die Arbeitsleistung: Wie stark beeinflusst der Cannabiskonsum die Arbeitsfähigkeit und -sicherheit des Mitarbeiters bzw. der Mitarbeiterin?
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Bestehen klare Regelungen im Arbeitsvertrag oder der Betriebsordnung, die den Konsum von Cannabis untersagen?

Es ist ratsam, bei der Planung und Durchführung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen gegen Cannabiskonsum juristischen Rat einzuholen, um rechtssicher zu handeln.

Wie Arbeitgeber am besten vorgehen sollten

Der Umgang mit Cannabis am Arbeitsplatz erfordert neben rechtlichem Wissen also auch klare Richtlinien und Sensibilität im Umgang mit den Beschäftigten. Ob ein allgemeines Cannabisverbot für Ihr Unternehmen in Frage kommt, müssen Sie als Arbeitgeber selbst entscheiden. Je nach Branche und Arbeitsumfeld können Sie zudem prüfen, ob Sie Schnelltests für bestimmte Beschäftigtengruppen im Betrieb einsetzen.

Hierbei kann es hilfreich sein, Ihre Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich der neuen Gesetzgebung zu aktualisieren. Das Cannabisgesetz ist außerdem eine gute Gelegenheit, die eigenen betrieblichen Präventionsmaßnahmen zum Suchtmittelkonsum einmal unter die Lupe zu nehmen.

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Weiterführende Literatur: