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Arbeit & Digitalisierung

Mit Gleitzeit zu mehr Flexibilität und Work-Life-Balance

Lesedauer unter 9 Minuten

Redaktion

  • Internetredaktion Barmer

Früher zur Arbeit kommen, dafür früher gehen – die Gleitzeit macht es möglich. Sie ist quasi das Gegenteil zum klassischen 9-to-5-Job. Mit ihr können Angestellte ihre Arbeitszeiten flexibel an ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen. Aber das Arbeitszeitmodell bietet nicht nur Angestellten mehr Flexibilität und Work-Life-Balance, sondern kommt auch Arbeitgebern zugute. Wie genau, das erfahren Sie hier.

Was ist unter Gleitzeit zu verstehen?

Gleitzeit ist ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem Mitarbeitende selbst bestimmen können, wann ihr Arbeitstag beginnt und wann er endet. Innerhalb vorab definierter Rahmenbedingungen können sie sich ihre Arbeitszeit frei einteilen. In der modernen Arbeitswelt ermöglicht dieses Modell individuellen Gestaltungsspielraum und mehr Flexibilität bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

Mit Gleittagen „Überstunden abfeiern“

In Unternehmen mit gleitenden Arbeitszeiten sind sogenannte Gleittage üblich. Sie bieten eine zusätzliche Möglichkeit, die Arbeitszeit individuell zu gestalten und die Work-Life-Balance zu fördern. Mit den Gleittagen können Beschäftigte angesparte Überstunden oder Zeitguthaben in Form von ganzen freien Tagen nutzen.

Welche Gleitzeitmodelle gibt es?

Es gibt verschiedene Modelle mit flexiblen Arbeitszeiten, die Sie als Arbeitgeber an die Anforderungen Ihres Unternehmens sowie an die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden anpassen können.

Hier sind einige gängige Modelle:

Gleitzeit mit Kernarbeitszeit

Bei dieser Variante müssen Ihre Mitarbeitenden während einer festgelegten Kernarbeitszeit am Arbeitsplatz anwesend oder im Homeoffice erreichbar sein. Die Zeitfenster davor und danach können sie variabel gestalten. Voraussetzung ist, dass die vertraglich vereinbarte Regelarbeitszeit eingehalten wird.

Beim Gleitzeitmodell mit Kernarbeitszeit müssen Beschäftigte während einer definierten Zeit anwesend oder erreichbar sein, z. B. von 10-16 Uhr. Die Zeiträume davor und danach können variabel gestaltet werden.

Beim Gleitzeitmodell mit Kernarbeitszeit müssen Beschäftigte während einer definierten Zeit anwesend oder erreichbar sein, z. B. von 10-16 Uhr. Die Zeiträume davor und danach können variabel gestaltet werden.

Beispiele für Gleitzeit mit Kernarbeitszeit

  • Ein Informatiker beginnt um 8 Uhr zu arbeiten. Er macht eine halbe Stunde Mittagspause. Nach einer Regelarbeitszeit von acht Stunden kann er um 16 Uhr nach Hause gehen.
  • Eine Sachbearbeiterin startet um 9:30 Uhr in den Arbeitstag. Bei einer halbstündigen Pause endet nach acht Stunden die Arbeitszeit um 18 Uhr.

Gleitzeit ohne Kernarbeitszeit (einfache Gleitzeit)

Hier entfällt die Kernarbeitszeit und Ihre Beschäftigten können weitgehend frei über Arbeitsbeginn und -ende entscheiden, solange sie dabei ihre vorgeschriebene Arbeitszeit von beispielsweise 40 Stunden pro Woche einhalten.

Beim Gleitzeitmodell ohne Kernarbeitszeit können Beschäftigte weitgehend frei über Arbeitsbeginn und -ende im Rahmen der Betriebszeit, z. B. von 7-20 Uhr, entscheiden.

Beim Gleitzeitmodell ohne Kernarbeitszeit können Beschäftigte weitgehend frei über Arbeitsbeginn und -ende im Rahmen der Betriebszeit, z. B. von 7-20 Uhr, entscheiden.


Dieses Modell eignet sich besonders für Jobs, bei denen die Angestellten relativ unabhängig arbeiten können, also wenig Abstimmungsbedarf mit Kollegen und Kunden haben.

Qualifizierte Gleitzeit

Mit dieser Form der Gleitzeit bieten Sie Ihren Beschäftigten maximale Flexibilität bezüglich Beginn, Ende und Dauer ihrer Arbeitszeit. Einzige Bedingung: Sie müssen sich an die vereinbarte wöchentliche, monatliche oder jährliche Gesamtarbeitszeit halten.

Bei der qualifizierten Gleitzeit unterscheidet man wiederum verschiedene Varianten:

  • Gleitzeit mit Funktionszeit
    Im Gegensatz zur Gleitzeit mit Kernarbeitszeit bezieht sich dieses Modell nicht auf einen einzelnen Beschäftigten, sondern auf ein ganzes Team, das während eines Zeitrahmens funktionsfähig sein muss. Die Funktionszeit wird häufig im Dienstleistungsbereich oder in der Verwaltung eingesetzt.
  • Jahresarbeitszeitkonto
    Beschäftigte können entscheiden, wie viele Stunden sie wöchentlich oder monatlich arbeiten möchten. Zum Ende des Jahres müssen sie allerdings auf die vorab vertraglich geregelte Gesamtarbeitszeit kommen.
  • Lebensarbeitszeitkonto 
    Beim Lebensarbeitszeitkonto können Mitarbeitende Überstunden, nicht wahrgenommene Urlaubstage, Weihnachtsgeld oder Prämien ansparen und sich später auszahlen lassen, beispielsweise für ein Sabbatical oder eine längere Elternzeit.
  • Ampelkonto
    Auch hier können sich Angestellte ihre Zeit frei einteilen, allerdings innerhalb eines vorab definieren Zeitrahmens. Die geleistete Arbeitszeit wird mithilfe der Ampelfarben visualisiert: Grün zeigt an, dass die Arbeitszeit im normalen Bereich liegt, Gelb signalisiert kleinere Abweichungen, und Rot weist auf erhebliche Abweichungen hin.

Welche Vorteile hat die Gleitzeit für Arbeitgeber?

Von flexiblen Arbeitszeiten profitieren Arbeitgeber in vielen Bereichen. Sie tragen dazu bei, Unternehmen effizienter und attraktiver zu machen.

Mitarbeitende, die ihre Arbeitszeiten flexibel gestalten können, sind oft zufriedener, was sich positiv auf das gesamte Betriebsklima auswirkt. Anstatt die tägliche Arbeitszeit oft nur „abzusitzen“, kommen sie bei einer Gleitzeitregelung motivierter zum Job und sind leistungsbereiter.

Ein weiterer positiver Nebeneffekt, der Unternehmen mit gleitenden Arbeitszeiten freuen dürfte: Die Wertschätzung gegenüber dem Arbeitgeber steigt, was langfristig die Mitarbeitendenfluktuation reduzieren kann.

Flexible Arbeitszeiten tragen dazu bei, Fehlzeiten zu reduzieren. So können beispielsweise Arztbesuche oder andere wichtige Termine in die Gleitphasen gelegt werden.

Mit Gleitzeit können Unternehmen besser auf Produktionsspitzen und -täler reagieren, indem sie Arbeitszeiten monatsweise anpassen. Das heißt: Es wird dann gearbeitet, wenn Arbeit anfällt.

Das ist insbesondere für saisonal abhängige Branchen wie etwa dem Gartenbau von Vorteil. So können Mitarbeitende ihre Minusstunden, die sich in den Wintermonaten mit wenig Aufträgen angehäuft haben, in auftragsstarken Sommermonaten wieder ausgleichen. Dieses flexible Arbeitsmodell trägt zu mehr Effizienz bei und kann den Unternehmenserfolg steigern.

Wer qualifizierte Mitarbeitende sucht, muss heute einiges bieten. Und damit ist nicht der kostenlose Obstkorb gemeint. Neben einem attraktiven Gehalt zählen die Arbeitskonditionen in unserer modernen Arbeitswelt mehr denn je.

Betriebe, die Gleitzeit anbieten, sind für viele Bewerbende attraktiver. Die Möglichkeit, Arbeit und Privatleben besser in Einklang zu bringen, kann ein entscheidender Faktor bei der Wahl des Arbeitgebers sein und hilft dabei, Top-Talente zu gewinnen und zu halten.

Flexible Arbeitszeitmodelle wie die Gleitzeit fördern die Produktivität in Unternehmen, wie mehrere Studien ergaben. Angestellte, die Arbeit und Berufsleben besser vereinbaren können sind demnach mit ihrem Job zufriedener, haben weniger Fehltage und arbeiten produktiver.

Hat Gleitzeit auch Nachteile?

Obwohl die flexible Arbeitszeit viele Vorteile bietet, bringt sie auch einige Herausforderungen und Nachteile mit sich, die Arbeitgeber berücksichtigen sollten.

Das Management von Gleitzeit erfordert eine exakte Verwaltung und Überwachung der Arbeitszeiten, um sicherzustellen, dass die Arbeitsstunden korrekt erfasst und die vereinbarten Gesamtarbeitszeiten erbracht werden. Deshalb ist eine Online-Zeiterfassung unerlässlich. Mit dieser Software können Beschäftigte online die Anfangs- und Endzeiten ihres Arbeitstages eintragen. Das System trackt die Zeiten und bietet eine detaillierte Übersicht über die geleisteten Arbeitsstunden.

Die flexible Arbeitszeitgestaltung kann die Koordination von Teamarbeit und Meetings beeinflussen. Es kann schwierig sein, eine passende Zeit zu finden, um alle Mitarbeitenden an einem Tisch oder in einem Online-Meeting zu versammeln.

Wenn Angestellte zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten, kann es ebenso zu Problemen bei der Erreichbarkeit kommen, insbesondere wenn kurzfristige Entscheidungen oder schnelle Abstimmungen erforderlich sind.

Gleitzeitmodelle können bei Personalverantwortlichen höhere zeitliche und organisatorische Aufwände bei der Teamführung verursachen: Wenn Angestellte zu unterschiedlichen Zeiten arbeiten, kann sich das negativ auf das Gemeinschaftsgefühl auswirken. Führungskräfte sind dann stärker gefordert, für Zusammenhalt im Team zu sorgen. Auch die Urlaubsplanung gestaltet sich bei flexiblen Arbeitszeiten komplexer und zeitintensiver.

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Was bringt die Gleitzeit für Beschäftigte?

In der modernen Arbeitswelt sind flexible Arbeitszeiten bei Mitarbeitenden sehr gefragt. Schließlich tragen sie zu mehr Eigenverantwortung und individueller Lebensgestaltung bei.

  • Kein Stress beim Arbeitsweg: Überfüllte Bahnen, Staus auf den Straßen oder Rushhour - mit der flexiblen Arbeitszeit können Angestellte diesen Stress auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause vermeiden. So startet der Arbeitstag entspannter und besser gelaunt.
  • Freie Wahl für Frühaufsteher und Langschläfer: Einige brauchen morgens länger, um in den Tag zu starten, andere sind in den frühen Morgenstunden am leistungsfähigsten. Ob Lerche oder Eule: Die Gleitzeit berücksichtigt den individuellen Biorhythmus von Angestellten, was sich positiv auf die Gesundheit auswirkt.
  • Arbeit und Privatleben besser unter einen Hut bekommen: Gleitzeit ermöglicht es Angestellten, ihre Arbeitszeiten an ihre persönlichen Bedürfnisse und Verpflichtungen anzupassen. Das ist insbesondere für Familien mit Kindern ein großes Plus.

Allerdings eignen sich nicht alle Jobs für Gleitzeit – das gilt auch innerhalb eines Unternehmens. Das gilt vor allem für Berufe, die eine kontinuierliche Präsenz, feste Arbeitszeiten und klare Schichtwechsel erfordern, wie es etwa in Pflegeberufen, im Dienstleistungsgewerbe oder in Lehrerberufen der Fall ist.

Am häufigsten kommt die Gleitzeit in der Kommunikations- und Informationsbranche zum Einsatz. Auch im Handel, Verkehr und Gastgewerbe sowie bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistern arbeiten mehr als die Hälfte der Beschäftigten in flexiblen Modellen.

Wie können Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden bei Gleitzeit effektiv nachvollziehen?

Es gibt verschiedene Systeme und Methoden zur Zeiterfassung, die speziell für die Verwaltung von Gleitzeit geeignet sind. Hier sind einige gängige Systeme

Moderne Softwarelösungen ermöglichen es Mitarbeitenden, ihre Arbeitszeiten elektronisch zu registrieren. Häufig bieten diese Systeme Funktionen zur Erfassung von Arbeitsbeginn und -ende, Pausenzeiten sowie Überstunden.
Mittels mobiler Anwendungen können Arbeitszeiten über ein Smartphone oder Tablet eingetragen werden. Diese Apps können Standortdienste nutzen, um zu überprüfen, ob Mitarbeitende an ihrem Arbeitsplatz sind oder von unterwegs arbeiten.
Über web-basierte Plattformen können Beschäftigte ihre Arbeitszeiten selbst verwalten. Diese Systeme bieten oft auch Funktionen zur Genehmigung von Arbeitszeitänderungen durch Vorgesetzte oder Personalabteilungen.
Stationäre Terminals befinden sich an einem festen Standort in einem Unternehmen. Hier können Mitarbeitende ihre Arbeitszeiten durch Eingabe von PIN-Codes oder durch biometrische Identifikation erfassen.
Neben digitalen Lösungen ist auch die einfache manuelle Erfassung über Excel oder ähnliche Programme eine Möglichkeit, um Arbeitszeiten einzutragen.

Die Auswahl des richtigen Zeiterfassungssystems hängt von den spezifischen Anforderungen und der Größe des Unternehmens ab. Große Unternehmen bevorzugen oft umfassende elektronische Systeme, während kleinere Unternehmen möglicherweise mit einfacheren Lösungen arbeiten können.

Wichtig ist, dass das gewählte System die gesetzlichen Anforderungen erfüllt und eine genaue Erfassung der Arbeitszeiten ermöglicht. So sind faire Arbeitsbedingungen gewährleistet und die Vorteile der Gleitzeit können optimal genutzt werden.

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Welche rechtlichen Aspekte gibt es zu beachten?

Sie wollen Gleitzeit in Ihrem Unternehmen einführen? Dann müssen Sie folgende rechtliche Vorgaben beachten:

Vertraglich geregelt: die Gleitzeitvereinbarung

Liegt keine Betriebsvereinbarung vor, ist eine individuelle Gleitzeitregelung zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitenden erforderlich. Diese muss schriftlich erfolgen und von beiden Parteien unterschrieben werden, damit sie rechtsgültig ist.

Sie enthält unter anderem Vorgaben zu:

  • Dauer der Gleitzeit
  • Kernarbeitszeiten
  • Begrenzungen der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit
  • Gesamtarbeitszeit
  • Umgang mit Überstunden

Die Gleitzeitregelung über einzelne Arbeitsverträge ist eher die Ausnahme.

Der Betriebsrat muss mitbestimmen

In großen Unternehmen hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Gleitzeit. Das bedeutet, dass Gleitzeitregelungen nicht einseitig vom Arbeitgeber festgelegt werden können, sondern der Betriebsrat zustimmen muss.

Hat ein Unternehmen keinen Betriebsrat, kann der Arbeitgeber die Gleitzeit über eine Dienstanweisung einführen.

Gesetzliche Vorgaben

Bei flexiblen Arbeitszeitmodellen gelten die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG), insbesondere zur täglichen Höchstarbeitszeit, zu Pausen und zu den Ruhezeiten zwischen zwei Arbeitstagen sowie zur Aufzeichnung der Arbeitszeit.

Bei Jugendlichen, Schwangeren und Stillenden muss die tägliche Höchstarbeitszeit nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG ) und dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) berücksichtigt werden.

Literatur: