Deutschland soll auch in Zukunft sicher und wirtschaftlich stark sein – das ist das Ziel der Wachstumsinitiative, die das Bundeskabinett im Juli 2024 beschlossen hat. Das 49 Maßnahmen umfassende Paket soll die deutsche Wirtschaft unter anderem durch zahlreiche Beschäftigungsanreize wieder in Schwung bringen.
Ob und welche Vorhaben noch vor der Bundestagswahl im Februar 2025 umgesetzt werden, ist ungewiss, da die Regierung nach dem Ampel-Aus nicht mehr die erforderliche Stimmenmehrheit im Bundestag hat. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Maßnahmen vor, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Zukunft betreffen könnten.
Arbeiten im Alter soll attraktiver werden
Die Beschäftigung älterer Menschen, die bereits die Regelaltersgrenze erreicht haben, soll attraktiver werden. Die Bundesregierung reagiert damit auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel.
Folgende Maßnahmen sind geplant:
Entscheiden sich Beschäftigte für einen späteren Renteneintritt, sollen sie künftig anstelle der monatlichen Rentenzahlungen eine Einmalzahlung erhalten – die sogenannte Rentenaufschubprämie. Voraussetzung: Sie verdienen durch ihre Tätigkeit mehr als in einem Minijob.
Vorgesehen ist die Prämie für alle, die ihren Renteneintritt um mindestens 12 Monate verschieben. Ein Aufschub soll für bis zu drei Jahre möglich sein. Sozialabgaben fallen auf die Prämie nicht an.
Die Auszahlung der Prämie soll ab 2028 stattfinden.
Voraussichtlich ab Juli 2025 können Arbeitgeber ihre Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung an Beschäftigte im Rentenalter zusätzlich zum Lohn zahlen.
Bisher zahlen Arbeitgeber für Mitarbeitende im Rentenalter Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Die Arbeitnehmer sind versicherungs- und beitragsfrei.
Die Wachstumsinitiative sieht vor, dass diese Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung entfallen und als Prämie direkt an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden können.
Nach dem Erreichen des Rentenalters soll der Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen vereinfacht werden.
Dazu will die Bundesregierung ab April 2025 das sogenannte Vorbeschäftigungsverbot einschränken. Nach geltendem Recht darf kein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen werden, wenn ein Arbeitnehmer zu seinem bisherigen Arbeitgeber zurückkehrt.
Diese Regelung soll nun aufgehoben werden. Damit wäre es für Arbeitgeber einfacher, Arbeitnehmer im Rentenalter erneut zu beschäftigen, indem sie mit ihnen einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag abschließen.
Die Maßnahme soll die Rückkehr von ehemaligen Angestellten in den Betrieb attraktiver machen.
Ab Juli 2027 sollen Hinterbliebene mehr verdienen können, ohne dass der Zuverdienst auf ihre Hinterbliebenenrente angerechnet wird.
Vor allem jüngere Beziehende einer Hinterbliebenenrente wollen erwerbstätig sein. Die derzeitige Regelung zur Anrechnung des Erwerbseinkommens auf die Rente macht eine Erwerbstätigkeit jedoch vergleichsweise unattraktiv.
Momentan steht diesem Personenkreis ein Freibetrag von 1038,05 Euro monatlich zu. Liegt das Nettoeinkommen darüber, werden 40 Prozent des übersteigenden Betrags auf die Hinterbliebenenrente angerechnet.
Die Neuregelung sieht vor, dass zusätzlich zum Freibetrag ein monatliches Erwerbseinkommens von 545 Euro bei der Einkommensanrechnung unberücksichtigt bleibt.
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Die Fachkräfteeinwanderung wird vereinfacht
Deutschland ist auf die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte angewiesen. Aufgrund des demografischen und strukturellen Wandels fehlen in vielen Bereichen Fachkräfte mit einer qualifizierten Berufsausbildung oder einem Hochschulabschluss.
Die Wachstumsinitiative sieht vor, dass die Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften in den deutschen Arbeitsmarkt durch neue Regelungen vereinfacht wird.
Die Bundesregierung will die Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschleunigen und die beteiligten Behörden besser koordinieren.
Das Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung sorgt dafür, dass Fachkräfte aus dem Ausland schneller und unbürokratischer in Deutschland arbeiten können. So wurde etwa die Einkommensgrenze für die Blaue Karte abgesenkt und eine Chancenkarte mit Punktesystem eingeführt.
Künftig sollen noch mehr Arbeitskräfte aus Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten.
In Planung ist, die bestehende Regelung zum erleichterten Arbeitsmarktzugang auf weitere Staaten auszudehnen. Gleichzeitig sollen die Kontingente für die bisherigen Staaten entsprechend erhöht werden.
Die neuen Regelungen würden es auch ermöglichen, dass Drittstaatsangehörige künftig direkt als Zeitarbeitskräfte eingestellt werden können. Dabei ist eine Equal-Pay-Regelung ab dem ersten Beschäftigungstag und eine Beschäftigungsgarantie von zwölf Monaten vorgesehen.
Die Bindungsfrist für die Vorabzustimmung der Bundesagentur für Arbeit (BA) soll verlängert werden. Dadurch lassen sich unnötige Bürokratie abbauen und erneute Prüfungen nach sechs Monaten vermeiden, falls die Arbeitserlaubnis noch nicht erteilt wurde.
Zum Hintergrund: Mit der Vorabzustimmung erhält die ausländische Fachkraft bei der zuständigen Auslandsvertretung (Botschaft oder Konsulat) schneller einen Termin zur Visumantragstellung und eine Entscheidung über den Antrag.
Geflüchtete besser in Arbeit bringen
Ein Arbeitsplatz mit gesichertem Einkommen trägt zur Integration von geflüchteten Menschen bei. Deshalb will die Bundesregierung mit zahlreichen Maßnahmen die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen verbessern.
Der Passiv-Aktiv-Transfer (PAT) soll künftig gesetzlich verankert und auf alle Instrumente der Beschäftigungsförderung ausgeweitet werden (Einstiegsgeld, Eingliederungszuschuss, Eingliederung von Langzeitarbeitslosen und Teilhabe am Arbeitsmarkt). Bisher besteht diese Möglichkeit nur bei der Förderung der Teilhabe am Arbeitsmarkt.
Mit den eingesparten Leistungen soll die geförderte Beschäftigung finanziert werden.
Die Idee des PAT ist es, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu fördern und Arbeitslosen durch staatliche Zuschüsse eine Beschäftigung zu ermöglichen.
Um die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt zu verbessern, will die Ampel-Regierung den sogenannten Job-Turbo ausweiten.
Künftig sollen Arbeitgeber einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt erhalten, wenn sie Flüchtlinge mit geringen Deutschkenntnissen einstellen und sie für die Teilnahme an einem berufsbezogenen Sprachkurs freistellen.
Das Integrationspraktikum soll Arbeitgebern und Geflüchteten die Möglichkeit bieten, sich über einen begrenzten Zeitraum kennen zu lernen. Geplant ist eine Praktikumsdauer von vier bis zwölf Wochen mit Verlängerungsoption auf bis zu 16 Wochen.
Das Praktikum soll als neues Förderinstrument dazu beitragen, Hemmnisse bei der Aufnahme einer Beschäftigung auf beiden Seiten abzubauen.
Um Missbrauch zu verhindern, soll die Maßnahme an bestimmte Voraussetzungen geknüpft sein.
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Finanzielle Förderung von Mehrarbeit
Die Bundesregierung will eine Reihe von Maßnahmen umsetzen, um flexiblere Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen und Mehrarbeit zu belohnen:
Damit sich Mehrarbeit lohnt, sollen Zuschläge für Arbeitszeiten, die über der tariflichen Vollzeitarbeit liegen, steuer- und beitragsfrei gestellt werden.
Als Vollzeitarbeit gilt
- eine tarifliche Wochenarbeitszeit von mindestens 34 Stunden
- oder eine vereinbarte Arbeitszeit von 40 Stunden bei außertariflichen Regelungen.
Übersteigt die Wochenarbeitszeit des Arbeitnehmers diese Grenzen, sollen etwaige Zuschläge steuerfrei an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden können.
Die Wachstumsinitiative sieht eine begrenzte Abweichung von der täglichen Höchstarbeitszeit – und damit von der bisherigen Regelung im Arbeitszeitgesetz – vor. Voraussetzung ist, dass Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen eine Abweichung zulassen.
Damit soll den Unternehmen eine dynamische Personalplanung in Phasen erhöhter Arbeitsbelastung ermöglicht werden.
Anpassungen beim Bürgergeld
Mehr Anreize zur Arbeitsaufnahme, stärkere Mitwirkungspflichten, Bekämpfung der Schwarzarbeit: Die Ampelkoalition hat Anpassungen beim Bürgergeld beschlossen. Folgende Maßnahmen sollen mehr Menschen in Arbeit bringen und für mehr Gerechtigkeit im Sozialstaat sorgen:
Wer eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Eingliederungsmaßnahme ohne wichtigen Grund ablehnt, soll künftig mit einer Minderung des Bürgergeldes von 30 Prozent des Regelbedarfs für drei Monate rechnen müssen.
Auch für Bürgergeldbeziehende, die ohne wichtigen Grund ihren Termin beim Jobcenter nicht wahrnehmen, sind Leistungskürzungen von 30 Prozent für einen Monat geplant.
Schwarzarbeit soll als Pflichtverletzung eingestuft und mit einer Kürzung des Bürgergeldes geahndet werden.