Sozialversicherungslexikon

Pflegezeit/Pflegeunterstützungsgeld

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Pflegezeit: Möglichkeiten der beruflichen Auszeit

Gemäß §§ 2 ff. PflegeZG haben Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nach dem Pflegezeitgesetz das Recht, sich zum Zweck der Pflege von Angehörigen von der Arbeitsleistung freistellen zu lassen. Dadurch soll die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege verbessert werden. Der oder die pflegende Angehörige genießt einen besonderen Kündigungsschutz mit der Besonderheit, dass der Kündigungsschutz bereits mit der Ankündigung, einen Angehörigen pflegen zu wollen, beginnt.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung – Pflegeunterstützungsgeld

Jede/r Arbeitnehmende hat Anspruch auf Freistellung für bis zu 10 Arbeitstage pro Kalenderjahr je Pflegebedürftigem, wenn

  • die Freistellung erforderlich ist, um nahe Angehörige zu pflegen oder deren Pflege zu organisieren,
  • Angehörige pflegebedürftig sind, d. h. dass die Voraussetzungen für einen Pflegegrad erfüllt sind, und
  • es sich um eine akute Pflegesituation handelt, die nicht vorhersehbar gewesen ist.

Die kurzzeitige Arbeitsverhinderung und deren voraussichtliche Dauer ist dem Unternehmen unverzüglich anzuzeigen. Die Freistellung bedarf nicht der Zustimmung des Arbeitgebers. Die Firma kann lediglich eine ärztliche Bescheinigung verlangen, in der die Pflegebedürftigkeit und die Erforderlichkeit der Freistellung festgestellt werden.

Laut § 44a SGB XI besteht während der Freistellung von der Arbeit wegen einer plötzlich eingetretenen Pflegesituation ein Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld für höchstens zehn Arbeitstage pro Kalenderjahr. Die maximale Anspruchsdauer von zehn Arbeitstagen gilt für Vollzeitkräfte wie für Teilzeitbeschäftigte, die an weniger als fünf Tagen in der Woche arbeiten. Die Freistellung von der Arbeit muss nicht zusammenhängend in Anspruch genommen werden, sondern kann auf mehrere (Teil-)Zeiträume verteilt werden.

Zuständig für das Pflegeunterstützungsgeld ist die Pflegekasse von pflegebedürftigen Angehörigen. Es besteht kein Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, wenn Arbeitnehmende für die Ausfallzeit Entgeltfortzahlung vom Unternehmen oder Kinderkrankengeld bzw. eine vergleichbare Leistung der Unfallversicherung erhält.

Höhe des Pflegeunterstützungsgelds 2024

Das Pflegeunterstützungsgeld beträgt 90 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts. Wenn Beschäftigte in den letzten zwölf Monaten vor der Freistellung eine Einmalzahlung wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld erhalten haben, beträgt es 100 % des ausgefallenen Nettoentgelts, maximal 120,75 Euro pro Tag im Jahr 2024.

Mitarbeitende erhalten nach Bearbeitung des Antrags von der Pflegekasse der/s Angehörigen eine Bescheinigung über den Zeitraum und die Höhe des bewilligten Pflegeunterstützungsgeldes. Diese Bescheinigung übermittelt er dem Unternehmen, dieser benötigt sie für die Entgeltunterlagen.

Wird für die Ausfalltage aufgrund besonderer gesetzlicher oder tariflicher Bestimmungen vom Arbeitgeber weiter eine Vergütung gezahlt, bleibt das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis bestehen. Ist dies nicht der Fall, werden zwar keine Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung aufgrund einer Beschäftigung gezahlt, der Versicherungsschutz bleibt jedoch erhalten § 7 Abs. 3 S. 1 SGB IV /Arbeitsunterbrechung ohne Entgeltzahlung bis zu einem Monat).

Die versicherungspflichtige Mitgliedschaft in der Kranken- und Pflegeversicherung bleibt während des Bezuges von Pflegeunterstützungsgeld erhalten (§ 192 Abs.NrSGB V/ § 49 Abs.SGB XI). Aus dem Pflegeunterstützungsgeld sind Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung zu entrichten. Zur Krankenversicherung werden von den Leistungsträgern Zuschüsse gezahlt (§ 44a Abs. 4 SGB XI).

Langfristige Arbeitsverhinderung – Pflegezeit

Bei einem familiären Pflegefall haben Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung von der Arbeitsleistung für maximal sechs Monate, um nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen. Dieser Anspruch besteht – außer bei der Betreuung von pflegebedürftigen Minderjährigen – jedoch nur, wenn das Unternehmen in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.

Außerdem müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Der/ die nahe Angehörige muss pflegebedürftig sein. Es muss sich aber nicht um einen akuten Pflegefall handeln.
  • Der/die Angehörige muss in häuslicher Umgebung gepflegt werden.
  • Die Pflegebedürftigkeit ist durch eine Bescheinigung der Pflegekasse bzw. des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen.

Darüber hinaus können folgende Tatbestände einen Freistellungsanspruch von Arbeitnehmern gegenüber Arbeitgebern auslösen (§ 3 Abs. 3 und 6 PflegeZG):

  • Betreuung von pflegebedürftigen Minderjährigen:
    Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher oder außerhäuslicher Umgebung.
  • Begleitung in der letzten Lebensphase ("Sterbebegleitung"):
    Begleitung einer/s nahen Angehörigen, wenn dieser/diese an einer Erkrankung leidet, die progredient verläuft und bereits ein weit fortgeschrittenes Stadium erreicht hat, bei der eine Heilung ausgeschlossen und eine palliativmedizinische Behandlung notwendig ist und die lediglich eine begrenzte Lebenserwartung von Wochen oder wenigen Monaten erwarten lässt. Eine Feststellung/ein Nachweis der Pflegebedürftigkeit ist hier nicht erforderlich. Vielmehr haben Beschäftigte den Tatbestand gegenüber der Firma durch ein ärztliches Zeugnis nachzuweisen.

Will ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin die Freistellung in Anspruch nehmen, müssen sie dies spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn der Pflegezeit dem Unternehmen schriftlich mitteilen. Gleichzeitig haben die Mitarbeitenden zu erklären, für welchen Zeitraum sie die Pflegezeit beanspruchen und ob es sich um eine vollständige oder teilweise Freistellung handeln soll. Im Fall einer nur teilweisen Freistellung muss auch der Umfang der Freistellung sowie die Verteilung der verbleibenden Arbeitszeit angegeben werden. Bei einer teilweisen Freistellung hat das Unternehmen die Möglichkeit, der Freistellung dringende betriebliche Gründe entgegenzuhalten. Diese Einschränkungen gelten nicht bei einer Freistellung zur Betreuung von pflegebedürftigen Minderjährigen.

Mit dem Ende des Vergütungsanspruches durch die Firma fällt auch der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz aufgrund der Beschäftigung weg. Eine Aufrechterhaltung der versicherungspflichtigen Mitgliedschaft für einen Monat nach § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV ist ausdrücklich ausgenommen (§ 7 Abs. 3 Satz 4 SGB IV). Der Versicherungsschutz zur Kranken- und Pflegeversicherung kann ggf. über eine Familienversicherung oder eine freiwillige Mitgliedschaft aufrechterhalten werden. Zur freiwilligen Versicherung leistet die Pflegekasse einen Beitragszuschuss in Höhe des gesetzlichen Mindestbetrages.

Die Versicherungspflicht als Pflegeperson in der Rentenversicherung hängt von einer Vielzahl von Voraussetzungen ab. Der Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung ist während der Pflegezeit durch die Pflegekasse regelmäßig sichergestellt (§ 26 Abs. 2b SGB III). Im Einzelfall sollte die Krankenkasse zu Rate gezogen werden.

Flexible Arbeitszeitmodelle – Familienpflegezeit

Bei der Familienpflegezeit ist die Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit bis zu einem Mindestumfang von 15 Stunden für die Dauer von höchstens 24 Monaten zur häuslichen Pflege einer/s pflegebedürftigen nahen Angehörigen möglich. Sie kann nur in Betrieben in Anspruch genommen werden, die mindestens 25 Beschäftigte haben.

In der Regel besteht ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei vermindertem Arbeitsentgelt fort. In Einzelfällen können sich abweichende sozialversicherungsrechtliche Konstellationen ergeben. Hier sollte die zuständige Krankenkasse zu Rate gezogen werden.

Bundesdarlehen

Um die Einkommenseinbußen abzumildern, können freigestellte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen für die Pflegezeit und die Familienpflegezeit ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragen. Das Darlehen ist nach der Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit innerhalb von 48 Monaten zurückzuzahlen.

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