Menschen mit Beeinträchtigung stoßen auf dem Arbeitsmarkt nach wie vor auf Barrieren. Dabei ist Inklusion am Arbeitsplatz gesetzlich vorgeschrieben. Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) verlangt von Arbeitgebern, dass Menschen mit Behinderung nicht benachteiligt werden. Konkret heißt das: Inklusion in Unternehmen darf nicht vernachlässigt werden. Doch wie gestaltet man Inklusion im eigenen Unternehmen? Was ist dabei zu beachten? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was bedeutet Inklusion am Arbeitsplatz?
Inklusion bedeutet, dass alle Menschen – ob mit oder ohne Handicap – gleichberechtigt und ohne Barrieren am Arbeitsleben teilhaben können. Der Begriff leitet sich vom lateinischen Verb „includere“ ab, was auf Deutsch „einschließen“, „umschließen“ oder „einfügen“ bedeutet.
Es geht darum, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Diversität und Inklusion nicht nur akzeptiert, sondern auch geschätzt werden. Dies erfordert eine offene Unternehmenskultur, die die unterschiedlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Mitarbeitenden anerkennt und fördert.
Wie viele Menschen mit Beeinträchtigung gibt es auf dem Arbeitsmarkt?
Nach Angaben der Agentur für Arbeit leben in Deutschland rund 10,4 Millionen Menschen mit Behinderung, davon sind 7,6 Millionen schwerbehindert. Nur die Hälfte von ihnen ist erwerbstätig oder hat eine abgeschlossene Berufsausbildung. Ihre Arbeitslosenquote liegt bei knapp 11 Prozent und ist damit fast doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Behinderung (5,3 Prozent). Klar ist: Schwerbehinderte Menschen haben besonders schlechte Karten auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Behinderung sagt nichts über Leistungsfähigkeit aus
Oft zögern Arbeitgeber, Menschen mit Beeinträchtigung eine Chance zu geben und verschenken damit wertvolles Potenzial – gerade in Zeiten des demografischen Wandels.
Wenn Menschen eine Behinderung haben, heißt das nicht automatisch, dass sie weniger leistungsfähig oder schlechter qualifiziert sind als andere. Das Gegenteil ist der Fall, wie die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen: Im Jahr 2023 hatten 53 Prozent der arbeitslosen Menschen mit Behinderung im erwerbsfähigen Alter einen Berufs- oder Hochschulabschluss. Bei den Arbeitslosen ohne Behinderung waren es nur 42 Prozent.
Das liegt daran, dass viele der Betroffenen vor ihrer Erkrankung berufstätig waren. Denn was viele nicht wissen: Mehr als drei Viertel (83 Prozent) aller schweren Behinderungen entwickeln sich erst im Laufe des Lebens, oft als Folge einer Erkrankung. Nur etwa 2 Prozent der Behinderungen sind auf Unfälle oder Berufskrankheiten zurückzuführen.
Wie gelingt Inklusion am Arbeitsplatz?
Die Inklusion von Menschen mit Behinderung gelingt dann am besten, wenn das Arbeitsumfeld auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist. Bei einem erfolgreichen Inklusionsmanagement ist die Unternehmenskultur ebenso wichtig wie die barrierefreie Gestaltung des Arbeitsplatzes. Aber schon ein barrierefreier Bewerbungsprozess ist ein wichtiger erster Schritt.
Bewerbungsprozess
Barrierefreiheit im Bewerbungsprozess ist entscheidend, um Chancengleichheit zu gewährleisten. Dazu gehören auch allen zugängliche Bewerbungsportale und Webseiten. Indem Unternehmen ihre Stellenausschreibungen und Bewerbungsverfahren inklusiv gestalten, fördern sie Vielfalt und nutzen die Potenziale und Fähigkeiten aller Bewerber.
Barrierefreie Arbeitsplätze
Eine barrierefreie Arbeitsstätte muss für Menschen mit Beeinträchtigung uneingeschränkt zugänglich und nutzbar sein. Das wird ermöglicht durch:
- Bauliche Maßnahmen: Rampen, Aufzüge, behindertengerechte Toilette etc.
- Arbeitsplatzgestaltung: spezielle Bürostühle und -tische, Hebewerkzeuge etc.
- Informations- und Kommunikationsmittel: Bildschirmlesegeräte, Spracherkenner, Braille-Schrift etc.
Schulung und Sensibilisierung
Schulungen tragen dazu bei, Vorurteile abzubauen und Mitarbeitende für das Thema zu sensibilisieren. Insbesondere Führungskräfte haben einen großen Anteil daran, ob Inklusion gelingt. Sie besitzen eine Vorbildfunktion und können eine Kultur der Akzeptanz, Fairness und Wertschätzung fördern.
Flexible Arbeitsmodelle
Flexible Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit machen es Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen einfacher, den Beruf mit ihren persönlichen Bedürfnissen zu vereinbaren.
Mentoren und Arbeitsassistenzen
Es gibt speziell geschulte Mentoren, die Menschen mit Handicaps bei der Einarbeitung in einen neuen Job helfen. Auch Arbeitsassistenzen können bei Hilfstätigkeiten unterstützen.
Ansprechstellen für Arbeitgeber
Unternehmen, die Hilfe bei der Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung benötigen, können sich an die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) in ihrer Nähe wenden.
Welche Unterstützung zur Förderung von Inklusion können Arbeitgeber erhalten?
Oft wissen Unternehmen nicht, welche Fördermittel und Unterstützungsleistungen ihnen zustehen, wenn sie Fachkräfte mit Beeinträchtigung beschäftigen – wir geben Ihnen einen Überblick:
Arbeitgeber, die behinderte oder schwerbehinderte Menschen einstellen, können einen Zuschuss erhalten. Dieser beträgt 70 Prozent des Arbeitsentgelts und wird für die ersten 24 Monate gezahlt. Nach 12 Monaten verringert sich der Zuschuss um zehn Prozent.
In Härtefällen ist eine Förderung von 60 Monaten möglich. Bei schwerbehinderten Personen, die älter als 50 Jahre sind, kann der Zuschuss sogar für 96 Monate gewährt werden.
So finden Sie passende Fördermöglichkeiten für Ihr Unternehmen
Mit dem Förderfinder von talentplus können Sie gezielt nach finanziellen Zuschüssen, Darlehen und Prämien suchen.
Förderung finden
Welche gesetzlichen Regelungen gibt es zur Inklusion am Arbeitsplatz?
In Deutschland gibt es klare gesetzliche Vorgaben, um die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung in den Arbeitsmarkt zu fördern. Die Regelungen sind unter anderem im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG), dem Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung (BGG) sowie im Neunten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IX) zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen verankert. Seit dem 1. Januar 2024 gilt außerdem das „Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes“. Ziel des Gesetzes ist es, mehr Menschen mit Behinderung in reguläre Beschäftigung zu bringen.
Wer sich nicht an die Beschäftigungspflicht hält, muss zahlen
Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten sind dazu verpflichtet, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen. Wird diese Quote nicht erfüllt, muss eine so genannte Ausgleichsabgabe gezahlt werden.
Mit dem neuen Gesetz erhöht sich die Ausgleichsabgabe. Je nach Unternehmensgröße beträgt die Abgabe ab 2025 zwischen 210 Euro und 720 Euro pro Monat für jeden nicht inklusiv besetzten Arbeitsplatz. Aus Sicht der Bundesregierung ein notwendiger Schritt, denn im Jahr 2022 kamen nur 39 Prozent der Arbeitgeber ihrer Pflicht nach, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen.
Bleiben Sie up to date mit dem Barmer Newsletter für Unternehmen
Erhalten Sie monatliche Updates zu Änderungen in der Sozialversicherung. Wir bewerten für Sie die wichtigsten Neuerungen im Sozial-, Arbeits- und Steuerrecht.
Jetzt anmelden