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Adipositas (starkes Übergewicht): Ursachen, Folgen und Behandlung

Lesedauer

unter 8 Minuten

Redaktion

  • Oliver Treubel (Medical Writer, Content Fleet GmbH)

Qualitätssicherung

  • Katrin Steffens (Diplom Ökotrophologin (FH))

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Adipositas eine übermäßige Vermehrung von Körperfett, die gesundheitsgefährdend sein kann. Zur Einordnung, ob eine Person gesundheitsgefährdend übergewichtig ist, werden der Body-Mass-Index (BMI) und weitere Beurteilungsfaktoren herangezogen. Allgemein gilt: Je stärker eine Adipositas ausgeprägt ist, desto höher ist das Risiko für typische Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Erfahren Sie mehr über Ursachen, Folgen und Behandlungsmöglichkeiten der Adipositas.

Auf einen Blick

  • Symptome & Folgen: Menschen mit Adipositas Grad I sind nicht immer durch ihr Gewicht beeinträchtigt und haben nicht zwangsläufig Begleit- oder Folgeerkrankungen. Mit steigendem Schweregrad und zunehmender Dauer des Übergewichts verschlechtert sich jedoch meist die Lebensqualität und das Risiko für bestimmte Krankheiten nimmt zu. Je mehr Bauchfett vorliegt, desto höher ist speziell das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Ursachen: Adipositas entsteht, wenn über einen längeren Zeitraum mehr Kalorien aufgenommen werden, als der Körper verbraucht: Der Körper speichert die überschüssigen Kalorien als Fett.
  • Diagnose: Die BMI-Skala (Body-Mass-Index) dient Ärztinnen und Ärzten zur Einordnung von Übergewicht und Adipositas. Ab einem Wert von 30 gilt ein Mensch als adipös, also stark übergewichtig (Adipositas Grad I).
  • Therapie: Ziel der Behandlung von Adipositas ist es, dauerhaft Gewicht zu verlieren. So können Betroffene gesundheitlichen Problemen vorbeugen, bestehende Beschwerden verbessern und insgesamt ihr Wohlbefinden steigern.

Definition: Was ist Adipositas?

„Adipositas ist eine chronische Krankheit, die definiert ist als eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts“, heißt es auf der Website der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. Die Adipositas wird auch als starkes Übergewicht, Fettsucht oder Fettleibigkeit bezeichnet. 

Adipositas geht mit einem erhöhten Risiko für Folge- beziehungsweise Begleiterkrankungen einher. Der Body-Mass-Index (BMI) und das konkrete Fettverteilungsmuster im Körper sind entscheidend dafür, wie hoch bei Adipositas das individuelle Risiko für Folgeerkrankungen ist. Das gilt insbesondere für die Entstehung von Stoffwechselerkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Ein übergewichtiger Mann steht in der Küche und schneidet Gemüse

Eine gesunde Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil bei der Therapie von Adipositas.

Welche Symptome und Folgen können bei Adipositas auftreten?

Menschen mit Adipositas Grad I fühlen sich nicht zwangsläufig durch ihr Gewicht eingeschränkt oder leiden an Begleit- oder Folgeerkrankungen. Jedoch steigt mit dem Grad der Adipositas und dem längeren Bestehen von starkem Übergewicht das Risiko für bestimmte Erkrankungen und für negative Auswirkungen auf die Lebensqualität.

Adipositas ist unter anderem ein Risikofaktor für:

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie die koronare Herzkrankheit, Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzschwäche
  • Typ-2-Diabetes
  • Störungen des Fettstoffwechsels, zum Beispiel Hypercholesterinämie mit einem zu hohen Anteil an „schlechtem“ Cholesterin LDL-C im Blut
  • Fettleber
  • Gallensteine (Cholezystolithiasis)
  • Gicht
  • Refluxerkrankung mit Sodbrennen
  • Chronische Entzündungen
  • Schlaf-Apnoe-Syndrom
  • Gelenkerkrankungen und Rückenschmerzen
  • Hormonelle Störungen bis hin zur Unfruchtbarkeit (Infertilität)
  • Bestimmte Krebsarten wie Speiseröhrenkrebs, Dickdarmkrebs und Nierenkrebs

Wie hoch bei einer Person mit Adipositas das Risiko für eine oder mehrere dieser Erkrankungen und Störungen ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben dem Grad der Adipositas ist das individuelle Fettverteilungsmuster ausschlaggebend. Aber auch das Lebensalter und die Familiengeschichte sind relevant – zum Beispiel, ob es in der Familie Erkrankungen wie Krebs gibt, bei denen eine erbliche Veranlagung eine Rolle spielen kann (familiäre beziehungsweise genetische Disposition).

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Welche Ursachen hat Adipositas?

Adipositas (starkes Übergewicht) entsteht aufgrund eines langfristigen Ungleichgewichts zwischen Energiezufuhr und Energieverbrauch. Der Körper nimmt über lange Zeit hinweg deutlich mehr Kalorien über die Nahrung auf, als er durch Sport, Alltagsbewegung oder Gehirnleistung „verbrennt“. Fachleute sprechen hierbei von einer positiven Energiebilanz: Es bleibt Tag für Tag Energie übrig, die der Körper in anwachsenden Fettdepots speichert.

Neben dieser rein rechnerisch zu erklärenden Energiebilanz gibt es viele individuelle Faktoren, die beeinflussen, wie schnell und ob man im Laufe des Lebens adipös werden kann.

Folgende Einflussfaktoren können die Entstehung von Adipositas begünstigen:

  • Einseitige, kalorienreiche Ernährung mit hohem Fett- und Zuckeranteil beziehungsweise mit einem hohen Anteil an verarbeiteten Lebensmitteln mit verstecktem Zucker
  • Kalorienreiche Getränke wie Softdrinks, zum Beispiel Cola, und alkoholische Getränke
  • Ein ungünstiger Essensrhythmus mit zu kurzen Essenspausen
  • Essstörungen wie die Binge-Eating-Störung
  • Zu wenig Bewegung im Alltag, beispielsweise im Zuge einer Schreibtischtätigkeit
  • Chronischer Stress und Schlafmangel (wenig und/oder schlechter Schlaf)
  • Depressive Erkrankungen
  • Genetische Ursachen
  • Niedriger Sozialstatus
  • Erkrankungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion, die den Hormonhaushalt und Stoffwechsel beeinflussen
  • Medikamenteneinnahme, zum Beispiel Medikamente zur Behandlung von Depressionen oder Diabetes
  • Übergewicht im Kindesalter
  • Andere Einflussfaktoren wie Schwangerschaft, Nikotinverzicht, eingeschränkte Möglichkeiten, sich zu bewegen (Immobilität)

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Diagnose: Wie wird Adipositas festgestellt?

Die ärztliche Diagnose und Einordnung einer Adipositas ist die Grundlage für eine ganzheitliche Behandlung. In einem ausführlichen Gespräch (Anamnese) mit der Patientin oder dem Patienten erfragt die Ärztin oder der Arzt wichtige Punkte wie die persönliche Gewichtsentwicklung und das tägliche Essverhalten.

Aber ab wann spricht man bei Übergewicht von einer Adipositas? Zur allgemeinen Einstufung der Adipositas werden die folgenden Grenzwerte herangezogen:

  • BMI zwischen 25 und 29,9: Übergewicht (Präadipositas)
  • BMI zwischen 30 und 34,9: Adipositas Grad I
  • BMI zwischen 35 und 39,9: Adipositas Grad II
  • BMI ab 40: Adipositas Grad III (auch: Adipositas permagna)

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Wichtig zu wissen: Bei einem Taillenumfang ab 88 Zentimetern bei Frauen und ab 102 Zentimetern bei Männern sprechen Ärztinnen und Ärzte von einer abdominalen, also einer bauchfettbetonten Adipositas. Je mehr Bauchfett vorliegt (fachsprachlich auch Viszeralfett), desto höher ist speziell das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einzustufen.

Demnach hat nicht jede Person, die gemäß BMI-Wert als adipös gilt, automatisch ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als eine Person mit einem etwas geringeren BMI. Ärztinnen und Ärzte müssen daher neben dem BMI bei ihren Patientinnen und Patienten auch das individuelle Fettverteilungsmuster beachten, um Gesundheitsrisiken zu beurteilen.

Folglich kann auch schon Übergewicht unterhalb einer Adipositas eine Behandlung erfordern, wenn Gesundheitsstörungen drohen oder bereits eingetreten sind.

Grafik der Fettverteilung beim Menschen: Viszerales und subkutanes Fett

Ein übermäßiger Taillenumfang ist ein starker Hinweis auf eine Ansammlung von viszeralem Fett und damit ein erhöhtes Gesundheitsrisiko.

Therapie: Wie wird Adipositas behandelt?

Das Ziel der Adipositastherapie ist eine nachhaltige Gewichtsabnahme. Nur so können Betroffene drohende negative Gesundheitsfolgen verhindern, bestehende Folgeerscheinungen abschwächen oder zurückdrängen – und ihre Lebensqualität verbessern.

Es ist beispielsweise möglich, dass sich bei adipösen Personen mit Bluthochdruck allein durch eine Gewichtsabnahme der Blutdruck deutlich senken lässt. Aber auch der psychosoziale Aspekt einer Gewichtsabnahme kann eine wichtige Rolle in der Therapieentscheidung spielen. Studien zeigen, dass eine Gewichtsabnahme von 5,5 Prozent und mehr mit einer Besserung von Depressionssymptomen einhergeht.

In der Therapie berücksichtigt werden auch individuelle Risikofaktoren, eventuell vorliegende Erkrankungen und Patientenwünsche. Das heißt, die Ärztin oder der Arzt betrachtet das Übergewicht nicht isoliert, sondern setzt es in Beziehung zum Gesundheitszustand und den Lebensumständen der betroffenen Person.

Die Adipositasbehandlung folgt in der Regel der Empfehlung der ärztlichen Leitlinie. Demnach soll die Grundlage jedes Gewichtsmanagements – Gewichtsabnahme und folgende Gewichtsstabilisierung – ein Basisprogramm sein, das Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie umfasst:

  • Ernährungstherapie: Der Begriff „Ernährungstherapie“ mag etwas seltsam anmuten. Aber er drückt aus, dass die Patientinnen und Patienten in einer umfassend angelegten Ernährungsberatung Stück für Stück lernen, ein gesundheitsgefährdendes Ernährungsverhalten durch ein gesundheitsförderliches Ernährungsverhalten zu ersetzen. Damit dies nachhaltig gelingen kann, muss die Ernährungsumstellung eingebettet werden in den persönlichen Lebensalltag – unter Einbeziehung der Familie. Sogenannte Formula-Diäten können unter ärztlicher Begleitung einen zeitlich begrenzten Einstieg in die Ernährungsumstellung darstellen. Dabei werden manche Mahlzeiten durch spezielle Shakes ersetzt.
  • Bewegungstherapie: Körperliche Aktivität kann dazu beitragen, im Alltag mehr Energie zu verbrauchen, als über die Nahrung aufgenommen wird. Dadurch entsteht ein Kaloriendefizit, das zur Gewichtsabnahme führt. Mindestens genauso wichtig ist bei der Bewegungstherapie der Aspekt, dass Bewegung ein positives Körpergefühl fördert und so nachhaltig die Lebensqualität verbessert. Menschen mit Adipositas sollten sich unter professioneller Beratung und Anleitung Aktivitäten aussuchen, die ihnen entsprechen und die nicht überfordern. Dadurch und durch bewusste Bewegung im Alltag, beispielsweise Treppensteigen statt Aufzugfahren, schaffen sie eine solide Grundlage dafür, dass die Bewegung ein fester, gesundheitsfördernder Bestandteil des Alltags wird und auf Dauer bleibt.
  • Verhaltenstherapie: Ziel der Therapie ist es, Methoden zur systematischen Verhaltensänderung zu erlernen. Das betrifft alle Verhaltensweisen, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Adipositas beitragen. Zu diesen Methoden können zum Beispiel gehören: Selbstbeobachtungsstrategien, Selbstbehauptungsstrategien in Konfliktsituationen, Strategien zur Problembewältigung und Alternativen zum „Belohnungsessen“.

Weitere Optionen in der Adipositastherapie sind:

  • Medikamente zur Gewichtsreduktion: In der ärztlichen Leitlinie werden diese Medikamente als helfende (adjuvante) Therapie bezeichnet, weil sie das Basisprogramm zur Gewichtsabnahme nicht ersetzen, sondern unterstützen sollen. Sie sollen nur dann eingesetzt werden, wenn das Basisprogramm allein nicht zum gewünschten Therapierfolg führt. In letzter Zeit haben insbesondere die GLP-1-Rezeptoragonisten Aufmerksamkeit erregt als stark risikobehafteter Social-Media-Hype „Diabetes-Medikamente zum Abnehmen“. Aus medizinischer Sicht können diese GLP-1-Rezeptoragonisten in der Adipositasbehandlung eingesetzt werden, um die dringend erforderliche Gewichtsabnahme zu unterstützen – immer jedoch zusätzlich zu den essenziellen Maßnahmen Ernährungsumstellung, Bewegung und Verhaltenstherapie.
  • Adipositaschirurgie: Darunter fallen alle operativen Maßnahmen zur Unterstützung einer nachhaltigen Gewichtsabnahme. Beispiele sind das Einsetzen eines Magenbandes und das Herstellen eines Magenbypasses. Ärztinnen und Ärzte fassen diese Maßnahmen aber erst dann ins Auge, wenn eine Adipositas mit einem BMI von mehr als 40 vorliegt oder eine Adipositas mit einem BMI von mehr als 35 mit Begleiterkrankungen und wenn konservative Therapiemaßnahmen nachweislich ausgeschöpft sind.

Welche konkreten Maßnahmen zur Gewichtsreduktion Ärztin oder Arzt mit Patientin oder Patient beschließen, ist stark abhängig von den individuellen Rahmenbedingungen – zum Beispiel Vorliegen von Begleiterkrankungen, Möglichkeiten der Lebensstilveränderung, Lebensalter. Auch die persönlichen Wünsche spielen eine wichtige Rolle.