Klimaschutz ist für viele Deutsche immer noch ein persönliches Anliegen – trotz anderer Krisen. Das zeigen zwei von der Barmer beauftragte Studien.
In einem Jahr kann sich einiges verändern. Das zeigt die aktuelle, mit dem Sinus-Institut durchgeführte Barmer Jugendstudie. Jährlich interviewt das Sinus-Institut dafür 2.000 junge Menschen zu den für sie zentralen Themen. Einer der vier Schwerpunkte 2023 waren die Einstellungen der teilnehmenden 14- bis 17-Jährigen rund um Klimawandel und Gesundheit. Der Klimawandel hat demnach, wie schon in den Vorjahren, eine enorme Bedeutung für die Jugendlichen, verliert derzeit jedoch graduell an Bedeutung: Nur noch 47 Prozent der Befragten bewerten diesen als „sehr wichtig”. Dies ist ein Rückgang um 4 Prozentpunkte gegenüber 2022/23 und 12 Prozentpunkte gegenüber 2021. Dennoch misst die Mehrheit dem Thema zumindest eine hohe Wichtigkeit bei.
Was sich ebenfalls verändert hat: Die Jugendlichen fürchten sich weniger vor dem Klimawandel. Waren es 2021 noch 39 Prozent, denen das Thema nach eigener Angabe „große Angst“ machte, waren es 2023 drei Prozent weniger. Das sei überraschend, sagt Dirk Weller. Der Diplom-Psychologe arbeitet bei der Barmer im Marketing. „Als wir vor drei Jahren mit der Befragungsreihe begonnen haben, war die Erwartung eigentlich, dass Klimaängste zunehmen würden. Nun zeigt sich eher das Gegenteil, übrigens auch in anderen Studien, auch international, und um ehrlich zu sein, wissen wir noch nicht wirklich, woran das liegt.“
Angst vor Kriegen nimmt zu, Angst vor dem Klimawandel ab

Diplom-Psychologe Dirk Weller arbeitet bei der Barmer im Marketing.
Laut Dirk Weller gibt es eine Reihe Hypothesen zu dieser Entwicklung. Möglicherweise wirkt die Klimakrise auf die heutigen Jahrgänge der 14-17-Jährigen weniger bedrohlich, da diese mit dem Thema aufgewachsen sind. Die Jahrgänge vor ihnen hingegen haben das Aufleben der jungen Klimaschutzbewegung noch von Anfang an miterlebt. Psychologische Ursachen kommen ebenfalls in Frage. So habe sich die Angst vor dem Krieg in ungefähr gleichem Maß gesteigert, wie die Klimaangst abgenommen habe, so der Psychologe. Und die Zuversicht für die Zukunft der Welt insgesamt hat entsprechend seit 2021 nicht zu-, sondern weiter abgenommen. Emotionale Erschöpfung und Verdrängung gehören ebenfalls zu den denkbaren Erklärungen.
Klimawandel in der breiten Bevölkerung wichtiges Thema
Dem gegenüber steht die aktuelle Ausgabe der Studienreihe Klimaneutraler Gesundheitssektor. Die Reihe wurde von der Barmer in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut initiiert, um zu erfassen, wo das Gesundheitswesen nach eigener Einschätzung in Sachen Nachhaltigkeit steht. In der aktuellen Ausgabe der Studie bildet eine zusätzliche Bevölkerungsbefragung ab, was die Deutschen in Bezug auf den Klimawandel, ihre Gesundheit und die Zukunft erwarten. Hier zeigt sich, dass der Klimawandel in der breiten Bevölkerung trotz anderer Krisen sehr ernst genommen wird: Ganze 68 Prozent der Teilnehmenden stuften den Klimawandel als ein persönlich wichtiges Thema ein. Für Frauen hat dieses dabei eine etwas größere Relevanz als für Männer. Befragt wurden Menschen zwischen 16 und 74 Jahren.
Die Ergebnisse der Umfragen zeigen, dass sowohl Jugendliche als auch die breite Bevölkerung den Klimawandel nicht vergessen haben. Dass die Werte schwanken, sei naheliegend, sagt Dirk Weller. „Bei einem so grundlegenden globalen Prozess ist durchaus mit emotionalen Pendelbewegungen zu rechnen. Ähnlich, wie sich bei der psychischen Verarbeitung eines Traumas mal die schmerzlichen Erinnerungen aufdrängen und dann wieder in die seelische ‚Schublade‘ geschoben werden. Zumal die Bereitschaft, etwas für den Schutz des Klimas zu tun, bei den Jugendlichen nach wie vor groß ist. So sind ganze 87 Prozent bereit, Verpackungen zu vermeiden. Mehr als drei Viertel der Jugendlichen (79 Prozent) bevorzugen regionale und Bioprodukte – hier ist der Anteil ein wenig gestiegen. Und auch die Zahl derjenigen, die mit dem Rad zur Schule, Arbeit oder Ausbildungsstätte fahren würden, hat zugenommen und liegt nun bei 74 Prozent. Ein Plus nicht nur für Umwelt- und Klima, sondern auch für die Gesundheit.“

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