Aktuelle Gesetzgebung

Gesetz zur Anpassung des Medizinprodukterechts an die Verordnung (EU) 2017/745 und die Verordnung (EU) 2017/746 (Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz-EU – MPEUAnpG)

Lesedauer unter 4 Minuten

Abgeschlossen und in Kraft getreten

Termine Gesetzgebung

26.05.2020Inkrafttreten
23.05.2020Inkrafttreten der Regelungen zu Schiedsverfahren im Hilfsmittelbereich
27.03.20202. Durchgang Bundesrat
05.03.20202./3. Lesung Bundestag
04.03.2020Abschluss im Gesundheitsausschuss
15.01.2020Anhörung im Gesundheitsausschuss
20.12.20191. Durchgang Bundesrat
19.12.20191. Lesung Bundestag
06.11.2019Kabinettsbeschluss
25.09.2019Verbändeanhörung Bundesministerium für Gesundheit
29.08.2019Referentenentwurf

Wesentliche Inhalte des Gesetzes

  • Überwachung von Medizinprodukten künftig auf Bundesebene durch BfArM und PEI
  • Errichtung und Betrieb zentrales Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystem durch DIMDI
  • Einführung neuer Aufsichtsmittel und Schiedsverfahren in der Hilfsmittelversorgung
  • Verschiebung des Inkrafttretens der nationalen Regelungen zur EU-Medizinprodukte-Verordnung aus dem Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz

So positioniert sich die Barmer

Mit dem Gesetzentwurf werden Verantwortlichkeiten bei der Überwachung von Medizinprodukten neu definiert und auf Bundesebene verlagert: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sollen künftig selbst Maßnahmen wie einen Rückruf oder den Zulassungsentzug eines Medizinproduktes anweisen können. So werden die Bundesoberbehörden nach Durchführung der ihr obliegenden Risikobewertung ermächtigt, alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor unvertretbaren Risiken, die von einem Produkt ausgehen, zu ergreifen.

Bislang nehmen die Bundesinstitute lediglich Risikobewertungen vor und sprechen Empfehlungen aus, wobei die konkrete Umsetzung Aufgabe der Landesbehörden ist.

Position der Barmer:

Die Verlagerung der Zuständigkeiten auf BfArM und PEI ist sinnvoll und notwendig. Die Regelung führt zu einer bundeseinheitlichen Umsetzung von Risikobewertungen und vermeidet damit unterschiedliche Entscheidungen der Landesbehörden. 

Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) wird verpflichtet, ein zentrales Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystem zu errichten und zu betreiben. Dabei soll ein Datenaustausch mit der Europäischen Datenbank für Medizinprodukte (Eudamed) stattfinden. Auf europäischer Ebene ist bereits geplant, dass die zentrale Erfassung von Vorkommnismeldungen des Herstellers künftig über Eudamed erfolgt. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten werden von Eudamed in Zukunft automatisch über eingegangene Meldungen benachrichtigt.

Weiterhin ist vorgesehen, dass die zuständigen Aufsichtsbehörden Zugang zu den im Deutschen Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystem gespeicherten Daten erhalten sollen.

Position der Barmer:

Ein zentrales Register für Medizinprodukte ist ein wichtiges Instrument, um mehr Qualität und Sicherheit für die Patienten zu gewährleisten. Die Barmer fordert bereits seit langem den Aufbau eines solchen Registers. Bereits bestehende Register wie das Endoprothesenregister sollten in dem neu geschaffenen Register aufgehen. Zusätzlich benötigt das deutsche Datenbanksystem die Möglichkeit einer direkten Meldung durch Anwender und insbesondere ein Critical Incident Reporting System (CIRS) zur Meldung von kritischen Vorkommnissen. Alleinige Meldungen durch Hersteller könnten das Risiko einer ökonomisch motivierten Auswahl bergen. 

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS - bis 31.12.2019 Bundesversicherungsamt) wird künftig in die Lage versetzt, rechtswidrige Verträge der Krankenkassen zur Hilfsmittelversorgung zu beenden und ihren Vollzug zu verhindern. Daneben soll die Aufsichtsbehörde die Krankenkassen künftig bereits vor Vertragsschluss verpflichten können, Vertragsverhandlungen mit allen interessierten Hilfsmittelanbietern aufzunehmen. Damit soll verhindert werden, dass die Wettbewerbschancen von Leistungserbringern beeinträchtigt werden, heißt es im Änderungsantrag.

Um größere Transparenz zu gewährleisten, werden die Krankenkassen künftig verpflichtet, EU-weit ihre Absicht bekanntzumachen, Verträge zur Versorgung mit Hilfsmitteln zu schließen. Gleichzeitig wird der GKV-Spitzenverband damit beauftragt, bis zum 30.09.2020 ein einheitliches Verfahren festzulegen, mit dem die Absicht der Kassen zum Vertragsabschluss bekannt gemacht werden. 

Position der Barmer:

Um einen faktischen Marktausschluss von Hilfsmittelanbietern zu verhindern, ist die Schärfung von Aufsichtsmitteln gegenüber den Krankenkassen nachvollziehbar, in der geplanten Form geht sie jedoch in die Richtung einer Fachaufsicht. Das BAS könnte damit zukünftig Hilfsmittelverträge nicht nur rechtlich, sondern auch inhaltlich und wirtschaftlich prüfen. Die Gestaltung der Verträge ist jedoch per Gesetz Aufgabe der Vertragspartner. 

Ähnlich der Regelungen in der Heilmittelversorgung erhalten die Hilfsmittelanbieter und Kassen das Recht, Schiedsverfahren einzuleiten. Das bedeutet, dass künftig jede Vertragspartei im Falle einer Nichteinigung im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine unabhängige Schiedsperson anrufen kann, die den Vertragsinhalt sowie die Vertragspreise stellvertretend für die Vertragsparteien festlegt. Dabei sollen auch marktübliche Preise in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden, um eine Verteuerung der Hilfsmittel und damit eine Gefährdung der Beitragssatzstabilität zu vermeiden, wie es in der Begründung des Änderungsantrags heißt. Eine Entscheidung der Schiedsperson muss dabei innerhalb von drei Monaten erfolgen.

Position der Barmer:

Die Einführung von Schiedsverfahren stellt einen massiven und unnötigen Eingriff in die grundsätzlich funktionierenden Verhandlungsverfahren der Hilfsmittelversorgung dar. Zudem wären deutlich wachsende Verwaltungsaufwände für die Kassen die Folge, dies vor dem Hintergrund, dass allein die Barmer über fast 6.000 Hilfsmittelverträge verfügt. Noch schwerer wiegen die Nachteile für die Versicherten: So müssten Versicherte während der Dauer der Schiedsverfahren für jede Versorgung einen Kostenübernahmeantrag stellen, was zu zusätzlichen Wartezeiten führt. Ebenso werden die einzelnen Schiedsentscheidungen zu einer Diversifizierung der Vertragsinhalte führen, die den Versicherten einen deutlich höheren Informationsaufwand im Vorfeld einer Versorgung abverlangt.