Abgeschlossen und in Kraft getreten
Termine Gesetzgebung
01.01.2020 | Inkrafttreten |
29.11.2019 | 2. Durchgang Bundesrat |
07.11.2019 | 2./3. Lesung Bundestag |
14.10.2019 | Anhörung im Gesundheitsausschuss |
26.09.2019 | 1. Lesung Bundestag |
20.09.2019 | 1. Durchgang Bundesrat |
17.07.2019 | Kabinettsbeschluss |
11.06.2019 | Verbändeanhörung Bundesministerium für Gesundheit |
02.05.2019 | Referentenentwurf |
Wesentliche Inhalte des Gesetzes
- Neue Rechtsform für den Medizinischen Dienst, Loslösung des Medizinischen Dienstes von den Krankenkassen
- Neubesetzung der Verwaltungsräte der Medizinischen Dienste
- Neuregelungen bei Krankenhausabrechnungsprüfungen (Einführung von Prüfquoten, systematische Reduktion strittiger Kodier- und Abrechnungsfragen, Einführung von Strukturprüfungen)
- Neufassung und Erweiterung des Katalogs ambulanter Operationen
So positioniert sich die Barmer
Reform der Medizinischen Dienste
Die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung (MDK) werden künftig ausnahmslos Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die föderale Struktur der MDK soll dabei erhalten bleiben. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen (MDS) wird vom GKV-Spitzenverband gelöst und künftig als Medizinischer Dienst Bund (MD Bund) arbeiten. Die bisherigen Aufgaben des MD Bund bleiben erhalten. Zusätzlich wird der MD Bund künftig Beschlüsse über die Richtlinien für die Aufgabenwahrnehmung der Medizinischen Dienste (MD) fassen. Diese Aufgabe kam bislang dem GKV-Spitzenverband in Abstimmung mit dem MDS zu. Mit der veränderten Rechtsform und der Abkopplung von den Krankenkassen soll die Unabhängigkeit des Medizinischen Dienstes gestärkt und ihre Aufgabenwahrnehmung vereinheitlicht werden.
Position der Barmer:
Die Vereinheitlichung des Rechtsstatus sowie die Beibehaltung der föderalen Struktur ist sinnvoll. Die Neureglung entspricht dem Positionspapier des Verwaltungsrates der Barmer vom 19.09.2018. Ebenso erscheint die Loslösung des heutigen MDS vom GKV-Spitzenverband nachvollziehbar, weil der MD Bund von den MD in den Ländern getragen wird. Die Abkoppelung der MD von den Krankenkassen ist hingegen kritisch zu sehen, weil diese direkt operativ mit den MD zusammenarbeiten.
Die Verwaltungsräte als maßgebliche Entscheidungsgremien der Medizinischen Dienste (MD) sollen anders besetzt werden. So sollen sie sich künftig nicht nur aus Vertretern der Selbstverwaltung der Krankenkassen, sondern auch aus Vertretern der Patientinnen und Patienten, der Pflegebedürftigen und der Verbraucher sowie der Ärzteschaft und der Pflegeberufe zusammensetzen. Hauptamtlich bei Krankenkassen und deren Verbänden Beschäftigte sind nicht mehr in die Verwaltungsräte wählbar. Mitglieder des Verwaltungsrates, der Vertreterversammlung einer Krankenkasse oder ihrer Verbände können nicht benannt werden. Es gilt eine Karenzzeit von zwölf Monaten.
Der Verwaltungsrat des MD Bund besteht künftig aus 23 Mitgliedern, die durch die Verwaltungsräte der MD in den Ländern gewählt werden. Die Besetzung soll analog der Besetzung bei den MD gestaltet werden (16 Vertreter der Krankenkassen, 5 Vertreterinnen und Vertreter der Patienten, Pflegebedürftigen, behinderten Menschen sowie Vertreterinnen und Vertreter pflegender Angehöriger und 2 nicht stimmberechtigte Vertreterinnen und Vertreter der Pflegeberufe und Ärzte). Mit der Neubesetzung der Verwaltungsräte solle stärker als bisher das System der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in den Verwaltungsräten abgebildet werden, so die Begründung im Gesetzentwurf.
Position der Barmer:
Wir bewerten positiv, dass die ehrenamtlichen Vertreterinnen und Vertreter der Kassen zukünftig mit einer Mehrheit im Verwaltungsrat des MD vertreten sein sollen. Es besteht aber grundsätzlich keine Notwendigkeit, dass Interessenvertreterinnen und -vertreter – mit Stimmrecht – in den MD-Verwaltungsrat entsendet werden. Bereits heute stellen Vertreterinnen und Vertreter von pflegenden Angehörigen, pflegeberufen oder Interessenvertretern im Beirat eine einvernehmliche Beratungsfunktion für die MDK-Verwaltungsräte sicher. Die ehrenamtlichen Selbstvertreter der GKV/SPV vertreten in den MDK-Gremien die Interessen aller Patientinnen und Patienten und der Solidargemeinschaft.
Auch lehnen wir die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft in einem Verwaltungsrat der Kassen, den Ausschluss von hauptamtlichen Vertreterinnen und Vertretern, sowie eine Karenzzeit grundsätzlich ab. Die Vertreterinnen und Vertreter, die durch die Verwaltungsräte der Kassen entsendet werden, sind ehrenamtlich tätig und handeln zum Wohle der Solidargemeinschaft. Ein direkter Bezug zu Einzelfallbegutachtungen besteht für MD-Verwaltungsräte nicht. Somit ist auch die persönliche Vorteilsnahme gänzlich ausgeschlossen. Vielmehr zählt Erfahrung und Systemkenntnis
Krankenhausabrechnungsprüfung
Um den stetig ansteigenden Prüfquoten bei der Abrechnung von Krankernhausbehandlungen entgegen zu wirken, werden ab dem Jahr 2020 die Krankenhausabrechnungsprüfungen der Krankenkassen zunächst auf 10 Prozent der Schlussrechnungen für vollstationäre Krankenhausbehandlung begrenzt. Im darauffolgenden Jahr werden krankenhausindividuelle Prüfquoten für die Krankenkassen eingeführt, welche sich an der Abrechnungsqualität des einzelnen Krankenhauses orientieren sollen: Bei einem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen von 60 Prozent und mehr wird die Prüfquote auf bis zu 5 Prozent reduziert; bei einem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen von unterhalb 40 Prozent wird die Prüfquote auf bis zu 15 Prozent erhöht.
Krankenhäuser mit einem Anteil zwischen 40 und unter 60 Prozent müssen nicht nur die Differenz zum korrekten Abrechnungsbetrag zahlen, sondern zusätzlich noch einen Aufschlag (Strafzahlung) in Höhe von 25 Prozent des Korrekturbetrages. Krankenhäuser mit einem Anteil unbeanstandeter Abrechnungen unterhalb von 40 Prozent müssen einen Aufschlag von 50 Prozent des Korrekturbetrages zahlen. Dieser Aufschlag ist auf höchstens 1500 Euro begrenzt. Ziel ist es dabei, Anreize für eine korrekte Abrechnung zu schaffen. Die Zuordnung der Krankenhäuser zu der jeweiligen Prüfquote soll dabei anhand des GKV-Durchschnitts erfolgen.
Daneben bleiben die Kassen weiterhin zur Zahlung einer Aufwandspauschale von 300 Euro an die Krankenhäuser verpflichtet, wenn eine Prüfung des Medizinischen Dienstes (MD) zu keinem Erfolg führt.
Position der Barmer:
Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Prüfquote bereits für das Jahr 2020 eingeführt wird. Sinnvoll wäre es, zunächst die anstehenden Maßnahmen (Ambulantisierung, Klärung von strittigen Kodierfragen, usw.) wirken zu lassen.
Für das Jahr 2020 wird die Prüfquote je Krankenhaus auf lediglich 10 Prozent reduziert. Bereits heute sind jedoch schlecht und überhöht abrechnende Krankenhäuser bekannt. Diese sind aktuell mit berechtigten Prüfquoten von deutlich über 10 Prozent belegt. Daher sollte für Einzelfälle die Möglichkeit höherer Prüfquoten geschaffen werden. Wenn offensichtliche Hinweise auf eine Falschabrechnung vorliegen, müssen diese Fälle darüber hinaus auch weiterhin unabhängig von Prüfquoten über den Medizinischen Dienst nachprüfbar sein.
Durch die Einführung der Prüfquoten ist die Möglichkeit, Krankenhausrechnungen über den MD prüfen zu lassen, stark eingeschränkt. Daher macht es keinen Sinn, die Aufwandspauschale, die ihren Zweck darin hatte, MDK-Prüfungen einzuschränken, als eine Art „Strafzahlung“ für die Kassen beizubehalten.
Um immer wieder auftretende strittige Kodier- und Abrechnungsfragen im Krankenhausbereich beschleunigt zu klären, wird die Tätigkeit des Schlichtungsausschusses auf Bundesebene reformiert. In Zukunft muss der Schlichtungsausschuss innerhalb von acht Wochen entscheiden. Die Anzahl der Antragsberechtigten wird ausgeweitet, konkrete Beratungsthemen werden vorgegeben.
Position der Barmer:
Grundsätzlich wird die Neustrukturierung des Schlichtungsausschusses Bund begrüßt. Die vorgesehene zügige Klärung von strittigen Kodier- und Abrechnungsfragen mit Relevanz liegt im Interesse von Kostenträgern und Krankenhäusern. Ob innerhalb der vorgegebenen Zeitschiene und der Vielzahl zu klärender Fragestellungen eine sachgerechte und qualitativ ausreichende Entscheidungsfindung möglich sein wird, bleibt abzuwarten.
Der Gesetzentwurf schafft eine Rechtsgrundlage für die Prüfung struktureller Voraussetzungen der Leistungserbringung (Strukturprüfung). Damit werden erstmals einzelfallunabhängige Prüfungen zur Einhaltung von Strukturmerkmalen von Operationen- und Prozedurenschlüsseln geregelt. Bevor Krankenhäuser entsprechende Leistungen abrechnen, müssen sie künftig eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst vornehmen lassen. Halten Krankenhäuser eines oder mehrere der im Rahmen einer Strukturprüfung nachgewiesenen Strukturmerkmale nicht länger ein, haben sie dies nach einem Monat unverzüglich den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen mitzuteilen.
Position der Barmer:
Die Einführung von prospektiven Strukturprüfungen entspricht einer langjährigen Forderung der Barmer. Diese Prüfungen sind Voraussetzung für die Sicherstellung einer messbaren Versorgungsqualität.
Bislang haben Krankenhäuser die Möglichkeit, Rechnungen gegenüber den Krankenkassen nach Rechnungsstellung, während einer Prüfung durch den Medizinischen Dienst sowie teilweise gar nach Einleitung eines Gerichtsverfahrens noch zu korrigieren. Dies führt zu einer unnötigen Ressourcenbindung bei der Abrechnungsprüfung, wie es im Gesetzentwurf heißt. Um die Verfahren zu erleichtern und zu beschleunigen, werden Korrekturen von Krankenhausrechnungen zukünftig grundsätzlich ausgeschlossen.
Position der Barmer:
Die Regelung wird zu einer erheblichen Verfahrenserleichterung und Entbürokratisierung beitragen.
GKV-Spitzenverband, Deutsche Krankenhausgesellschaft und Kassenärztliche Bundesvereinigung werden beauftragt, den Katalog für ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe zu erweitern und künftig in regelmäßigen Abständen an den Stand der medizinischen Erkenntnisse anzupassen. Grundlage dafür ist ein gemeinsam zu beauftragendes Gutachten, in dem der Stand der medizinischen Erkenntnisse zu ambulant durchführbaren Operationen, stationsersetzenden Eingriffen und stationsersetzenden Behandlungen untersucht werden soll. Mit der Regelung sollen im Sinne des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ bestehende ambulante Behandlungsmöglichkeiten in den Krankenhäusern besser genutzt und ausgebaut werden. Durch verstärkt ambulante Behandlungen in den Krankenhäusern soll häufigen Prüfanlässen entgegengewirkt werden.
Position der Barmer:
Die Barmer hatte in ihrem kürzlich veröffentlichten 10-Punkte-Papier zur Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Versorgung gefordert, eine einheitliche Vergütung für definierte Leistungen an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu schaffen. Der Gesetzgeber sollte die Vereinbarung einer pauschalierten Vergütung ermöglichen, mit denen gleiche Leistungen gleich vergütet werden, unabhängig davon, ob die Leistung in der vertragsärztlichen Versorgung oder in Kliniken erbracht wird. Wird eine eigene Vergütungssystematik geschaffen, die für Ärzte und Krankenhäuser gleichermaßen gelten soll, muss auch ein einheitlicher Rahmen für die Bedarfsplanung und den Versorgungsauftrag geschaffen werden.