Die Arbeitswelt ändert sich und mit ihr die Anforderungen an Gebäude. In Wuppertal baut die Barmer Teile ihres Campus zurück – für mehr Grün und weniger CO2-Emissionen.
Je größer ein Unternehmen wird, desto mehr Verantwortung trägt es: für seine Mitarbeitenden, für Kundinnen und Kunden, für Vertragspartner. Aber auch die Gesellschaft muss mitgedacht werden und der Einfluss auf die Umwelt. Als die Vorläuferorganisation der Barmer, der Kaufmännische Verein für Handlungsgehilfen in Barmen, sich 1884 gründete, genügten als Firmensitz noch zwei Wohnzimmer. Mittlerweile ist der Gründungsort Barmen ein Stadtteil von Wuppertal – und die Barmer eine der größten gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands. Die ehemalige Hauptverwaltung, der heutige Campus Wuppertal, entstand zwischen 1985 und 2002. Seine über 83.000 Quadratmeter Fläche – deutlich mehr als zwei Wohnzimmer – boten den Platz für ein sich über die Jahre stetig modernisierendes Unternehmen. Nun ist es Zeit, den Gebäudekomplex an die heutigen Anforderungen der Barmer anzupassen. Entscheidende Kriterien für diesen Schritt: die Bedürfnisse der Mitarbeitenden aber auch die Verantwortung für Klima und Umwelt.
Nachhaltig bauen und sanieren
„Die Barmer wird ihre Gebäudeflächen deutlich verkleinern“, sagt Susanne Barbara Stein. „Für uns ist dies ein wichtiger Schritt, um den aktuellen und künftigen Anforderungen an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gerecht zu werden.“ Als Geschäftsbereichskoordinatorin Zentrale Dienste betreut Stein die anstehenden Maßnahmen. „Einerseits besteht ein erheblicher Sanierungsbedarf“, so Stein über die Beweggründe. „Andererseits verändert sich die Arbeitswelt: Die Digitalisierung schreitet fort, die Mitarbeitenden nutzen Telearbeit und flexible Bürokonzepte wie Desk Sharing.“ Einige der Räume, die lange nötig waren, sind dadurch obsolet geworden.
Gebäudeflächen um mehr als ein Drittel reduzieren
Über ein Drittel der Gesamtstruktur wird deshalb abgerissen. Die verbleibenden Flächen erhalten eine umfassende Sanierung: So wird zum Beispiel die technische Gebäudeausstattung erneuert. Diese umfasst alle im Bauwerk eingebauten oder damit fest verbundenen technischen Einrichtungen, von der Heizung über sanitäre Installationen bis zur IT-Infrastruktur. Auch die Fassade wird saniert. Dadurch lässt sich der benötigte Energiebedarf senken. Neu eingebaute Zisternen sollen zukünftig Grauwasser sammeln, so dass es weiterverwendet werden kann. Mit dem Einsatz regenerativer Energien will die Barmer klimaschädliche Emissionen eindämmen und sich von fossilen Energieträgern unabhängiger machen.
Umweltfreundliche Technologien senken CO2-Emissionen und Kosten
„Wir setzen auf moderne, umweltfreundliche Technologien und Prozesse, um unsere Energieeffizienz zu steigern, aber auch die langfristigen Betriebskosten zu senken“, so Susanne Barbara Stein. Rückbau und Sanierung sollen den CO2-Fußabdruck des Campus signifikant reduzieren – ein weiterer Beitrag der Krankenkasse zum Klimaschutz. Dazu gehört auch, vorhandene Baustoffe nach Möglichkeit zu recyceln – zum Beispiel um die nicht mehr genutzte Tiefgarage aufzufüllen – und umweltfreundliche Materialien zu verwenden. Das macht die Sanierung gleichermaßen nachhaltiger und spart Ressourcen und Kosten.
Hitzeschutz am Arbeitsplatz
Schon heute hat die Klimakrise massive Auswirkungen auf die Gesundheit – auch am Arbeitsplatz. Vor allem die Hitzebelastung nimmt seit Jahren zu. Ein außenliegender Sonnenschutz und ein effizienteres Heiz- und Kühlsystem sorgen im sanierten Campus für ein angenehmes Raumklima – egal, ob die Mitarbeitenden auf der Nord- oder Südseite sitzen.
Eigene Räume für Sport und betriebliche Gesundheitsförderung machen es einfacher, sich fit zu halten und Stress abzubauen. Und das ohne lange Wege und zusätzliche Kosten. Wer mit dem Fahrrad zur Arbeit kommt, wird sich sicher über die großzügigen überdachten Fahrradstellplätze im Außenbereich freuen. Auch die neuen E-Ladesäulen motivieren zu umweltfreundlicher Mobilität und sparen Zeit.
Die Barmer gibt Flächen an die Natur zurück
Ein großer Pluspunkt: Dort, wo Gebäude abgerissen werden, sollen großzügige Grünflächen entstehen. Die auf dem Grundstück vorhandenen Bäume bleiben nach aktuellem Stand der Planung alle erhalten. Als Schattenspender werden sie in die Erholungszonen für die Mitarbeitenden integriert.
Der Zeitplan für die Maßnahmen ist ehrgeizig: Anfang 2025 geht es los, bis Ende 2027 soll alles fertig sein. Gebaut wird bei laufendem Betrieb. Mitarbeitende, die ihre Büros im abzureißenden Teil des Campus haben, ziehen in die zu sanierenden Gebäude um. Das erfordert Kompromissbereitschaft und Flexibilität. Dafür erwartet sie ab 2028 – so der Plan – ein vielfältiger Campus mit offenen und wandelbaren Büroflächen, der den neuesten Standards entspricht. „Unser Ziel ist es, eine Umgebung zu gestalten, die Kreativität und Innovation fördert, in der Menschen gerne arbeiten und sich wohlfühlen“, so Susanne Barbara Stein. Finaler Schritt der Maßnahmen: die Nachhaltigkeit der Gebäude bewerten und zertifizieren zu lassen. „Wir wollen mindestens den Silber-Standard erreichen.“ Damit wäre der Umbau ein Leuchtturm für künftige Sanierungsprojekte – und das mit Auszeichnung.
Neue Expertin für Klimawandel und Gesundheit
Dr. Katharina Scherber forscht am bifg, um Menschen vor Hitze zu schützen.
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