- Wie sich Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen unterscheiden
- Häufige Nahrungsmittelunverträglichkeiten im Überblick
- Laktoseintoleranz
- Histaminintoleranz
- Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)
- Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption)
- Nahrungsmittelallergien
- Unverträglichkeitstest aus dem Internet oder doch lieber zum Arzt?
Durchfall, Bauchkrämpfe, Völlegefühl, Blähungen, aber auch Hautjucken und -rötungen – die Symptome, durch die sich Lebensmittelunverträglichkeiten äußern können, sind vielfältig. Fast genauso vielfältig und mitunter ziemlich verwirrend sind die Fachbegriffe rund um das Thema. Wann genau spricht man von Nahrungsmittelunverträglichkeit? Wann von einer Lebensmittelallergie, einer Laktoseintoleranz oder einer Glutenunverträglichkeit? Und wie zuverlässig sind eigentlich Unverträglichkeitstests aus dem Internet?
Wie sich Nahrungsmittelallergien und -intoleranzen unterscheiden
Im täglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe Lebensmittelunverträglichkeit (wahlweise: Nahrungsmittelunverträglichkeit), Lebensmittelallergie und Lebensmittelintoleranz häufig gleichgesetzt. Am Beispiel veranschaulicht: Ob es medizinisch korrekt Glutenunverträglichkeit, Glutenintoleranz oder Glutenallergie heißt, wissen die meisten von uns aus dem Stegreif wohl nicht.
Die drei Begriffe Lebensmittelunverträglichkeit, Lebensmittelallergie und Lebensmittelintoleranz kurz erklärt:
- Lebensmittelunverträglichkeit: Hier handelt es sich um einen Überbegriff für Beschwerdebilder, die durch Nahrungsmittel verursacht werden. Dazu zählen Nahrungsmittelallergien, Nahrungsmittelintoleranzen, die Zöliakie (Glutenunverträglichkeit), Lebensmittelvergiftungen und strukturell bedingte Unverträglichkeiten aufgrund von Organveränderungen (etwa durch chronische Darmerkrankungen).
- Lebensmittelallergie: Von einer Lebensmittel- oder Nahrungsmittelallergie sprechen Medizinerinnen und Mediziner dann, wenn das Immunsystem übermäßig auf eine mit der Nahrung zugeführte grundsätzlich harmlose Substanz reagiert. Es kommt hier also zu einer Immunreaktion, die allergiebedingte Beschwerden auslöst. Diese Beschwerden können unterschiedlich ausgeprägt sein, von einem unangenehmen Hautjucken bis hin zu lebensbedrohlicher Atemnot.
- Lebensmittelintoleranz: Bei einer Lebensmittel- oder Nahrungsmittelintoleranz kommt es nicht zu einer Immunreaktion, die Ursachen sind generell vielfältig. Eine mögliche Ursache sind Probleme bei der Verarbeitung und Verwertung einer über die Nahrung aufgenommenen Substanz. Häufig ist der Verdauungstrakt betroffen, woraus sich die bei Lebensmittelintoleranzen typischen Beschwerden wie Blähungen und Bauchkrämpfe entwickeln können.
Häufige Nahrungsmittelunverträglichkeiten im Überblick
Wie häufig treten Nahrungsmittelunverträglichkeiten in der Bevölkerung auf? Eine verlässliche Angabe gibt es dazu nicht. Aber Schätzungen zufolge sind in den Industrieländern mehr als 20 Prozent der Menschen von einer oder mehreren Nahrungsmittelunverträglichkeiten betroffen. Dabei handelt es sich übrigens deutlich öfter um Nahrungsmittelintoleranzen als um Lebensmittelallergien. Der folgende Überblick informiert über häufige Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
Laktoseintoleranz
Laktose ist ein in Milch enthaltener Zucker, der daher auch einfach Milchzucker genannt wird. Zur Aufspaltung und Verwertung der Laktose im Dünndarm ist ein spezielles Enzym notwendig: die Laktase. Ist dieses Enzym nicht ausreichend vorhanden oder fehlt es ganz, kommt es zu einer Laktoseintoleranz, die man auch als Milchzuckerverwertungsstörung bezeichnen könnte. Häufigste Ursache für die Entstehung einer Laktoseintoleranz ist eine genetisch bedingte nachlassende Produktion des Enzyms Laktase nach dem Säuglingsalter.
Die gestörte Milchzuckerverwertung im Darm führt zu typischen Symptomen wie Durchfall, Blähungen und Bauchschmerzen bis hin zu Bauchkrämpfen. Behandelt wird die Laktoseintoleranz mit einer gezielten Ernährungsumstellung, bei der je nach Schweregrad der Intoleranz die Milchzuckeraufnahme entweder reduziert oder vollständig eingestellt wird.
Histaminintoleranz
Histamin ist ein Gewebshormon, das im menschlichen Körper an wichtigen Vorgängen wie der Magensaftausschüttung beteiligt ist. Aber auch an der Entstehung von Juckreiz und Entzündungen ist Histamin beteiligt. Histamin wird sowohl vom Körper selbst gebildet als auch über gereifte Nahrungsmittel wie Käse, Sauerkraut und Rotwein aufgenommen. Abgebaut wird das über die Nahrung zugeführte Histamin durch das Enzym Diaminoxidase.
Ist dieses Enzym zu wenig vorhanden, kann sich einer wissenschaftlichen Theorie zufolge eine Histaminunverträglichkeit entwickeln, die eigentlich Fremdhistaminabbaustörung heißen müsste. Zu viel Histamin im Körper kann zu typischen Beschwerden führen, vor allem zu Juckreiz, anfallsartiger Errötung (Flush), Herzrasen und Kopfschmerzen. Allerdings ist bis heute noch nicht bewiesen, dass es eine derartige Fremdhistaminabbaustörung tatsächlich gibt. Demzufolge ist nicht klar, ob eine histaminarme Diät die auf eine Histaminunverträglichkeit zurückgeführten Beschwerden de facto lindern kann.
Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)
Heißt es nun Glutenunverträglichkeit, Glutenintoleranz oder Glutenallergie? Das war eine der Eingangsfragen dieses Beitrags. Nähern wir uns der Antwort einfach mal an. Die Zöliakie ist keine Allergie, obwohl auch bei ihr das Immunsystem beteiligt ist (es ist hier eine andere, autoimmun bedingte Reaktion des Immunsystems). Die Zöliakie ist keine Intoleranz, weil die Intoleranz definiert ist als Unverträglichkeit, bei der sich die Abwehrmechanismen des Immunsystems eben nicht einmischen. Folglich nimmt die Zöliakie eine Sonderstellung unter den Nahrungsmittelunverträglichkeiten ein und wird schlicht als Glutenunverträglichkeit bezeichnet.
Genauer betrachtet, liegt bei der Zöliakie eine Unverträglichkeit gegenüber Getreideeiweißen (Überbegriff: Gluten) vor, die zu chronischen Entzündungen der Darmschleimhaut, strukturellen Veränderungen im Darm, einer Aufnahmestörung wichtiger Nährstoffe im Darm sowie zu unterschiedlichsten Symptomen außerhalb des Darms wie Kopfschmerzen und Erschöpfung führen kann. Behandelt wird die Glutenunverträglichkeit mit einer konsequent einzuhaltenden Ernährungsumstellung, also einem dauerhaft glutenfreien Speiseplan.
Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption)
Welche Unverträglichkeit haben Menschen, die keinen Fruchtzucker vertragen? Hier kann es sich um eine hereditäre, also erbliche Fruchtzuckerintoleranz oder um eine Fruktosemalabsorption handeln – eine gestörte Fruchtzuckeraufnahme. In den meisten Fällen wird eine Fruktosemalabsorption vorliegen, denn diese betrifft in Europa und Nordamerika etwa 15 bis 25 Prozent der Menschen. Manchmal wird die Fruktosemalabsorption auch als intestinale Fruktoseintoleranz bezeichnet, weil die Störung den Darm betrifft (fachsprachlich Intestinum genannt).
Während bei der deutlich selteneren hereditären (erblichen) Fruktoseintoleranz eine genetisch bedingte Störung des Fruchtzuckerabbaus in der Leber vorliegt, findet bei der häufigeren Fruktosemalabsorption aufgrund einer Störung des Transportproteins GLUT-5 eine unzureichende Aufnahme des Fruchtzuckers im Dünndarm statt. Welche Ursachen diese Störung hat, ist bislang nicht bekannt.
Etwas einfacher formuliert, ist bei Menschen mit einer Fruktosemalabsorption der Dünndarm schon bei einer relativ geringen Fruchtzuckermenge mit der Aufnahme des Fruchtzuckers überfordert, wenn diese auf einmal aus dem Magen kommt. Als Folge gelangt zu viel Fruchtzucker in die unteren Darmbereiche. Dort wird er von Darmbakterien unter anderem zu Gasen wie Kohlendioxid verstoffwechselt. Daraus entstehen typische Beschwerden wie Blähungen und Durchfall – Beschwerden, die denen einer Laktoseintoleranz häufig stark ähneln (zumal eine Fruktosemalabsorption und eine Laktoseintoleranz auch zusammen auftreten können).
Die gute Nachricht: Anders als etwa bei der Zöliakie ist es bei der Fruktosemalabsorption nicht nötig, komplett auf den Problemauslöser – in diesem Fall also den Fruchtzucker – zu verzichten. Es gilt hier vielmehr herauszufinden, wie viel Fruchtzucker vertragen wird, um dann einen individuell passenden Ernährungsplan zu entwickeln. Betroffene können daher von einer individuellen Ernährungsberatung und dem Führen eines Ernährungstagebuchs besonders profitieren.
Nahrungsmittelallergien
Schätzungsweise zwei bis fünf Prozent der Bevölkerung sind von einer oder mehreren Nahrungsmittelallergien betroffen. Häufige Allergene (Auslöser der Immunreaktion und Allergiebeschwerden) sind Nüsse, Hühnerei(weiß), Sellerie, Fisch, Meeresfrüchte und noch einige Lebensmittel mehr.
Die Symptome einer Nahrungsmittelallergie können ähnlich sein wie die Symptome einer Laktoseintoleranz oder einer Fruchtzuckerunverträglichkeit. Sie müssen jedoch nicht auf den Darmbereich beschränkt bleiben, sondern können beispielsweise auch die Haut (in Form von Quaddeln, Rötungen) und die Atemwege (etwa Husten, Atemprobleme) betreffen.
Nahrungsmittelallergie: Ist es eine Kreuzallergie?
Eine allergische Reaktion auf Lebensmittel kann überraschend auftreten. Verantwortlich ist dann womöglich eine Kreuzallergie. Hier ein typisches Beispiel: Menschen mit einer Pollenallergie (Heuschnupfen) können beim Verzehr von Äpfeln oder Nüssen plötzlich allergische Symptome entwickeln, weil sich die Allergene in ihrer chemischen Struktur ähneln.
Behandelt wird eine Nahrungsmittelallergie vor allem mit der konsequenten Meidung des Allergens unter Beachtung einer allgemein gesunden Ernährung. Das kann bei manchen Nahrungsmitteln wie Sellerie etwas leichter fallen als bei Nahrungsmitteln, die in vielen Speisen verwendet werden und dies womöglich nicht immer offensichtlich. Beispielsweise können Spuren von Nüssen in Produkten enthalten sein, die in der Zutatenliste gar keine Nüsse aufführen. Grund ist die Mehrfachverwendung von Herstellungs- und Transportmitteln in der Lebensmittelproduktion.
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Unverträglichkeitstest aus dem Internet oder doch lieber zum Arzt?
Wer nach einer Mahlzeit unter belastenden Symptomen wie Blähungen und Bauchschmerzen leidet, fragt sich: Habe ich „nur“ ein verdorbenes Nahrungsmittel gegessen oder kann es sich um eine Lebensmittelintoleranz oder eine Nahrungsmittelallergie handeln? Mit der Zeit stellt sich vielleicht heraus, dass die Beschwerden häufig oder immer nach dem Verzehren eines bestimmten Nahrungsmittels auftreten.
Bei einem solchen Verdacht empfiehlt es sich, in einem Ernährungstagebuch festzuhalten, nach welchen Speisen oder Getränken die Beschwerden auftreten. Diese Aufzeichnungen können später bei einem Arztbesuch helfen, die Ursachen für die Beschwerden zu identifizieren.
Immer öfter werben Anbieter im Internet mit sogenannten Unverträglichkeitstests. Diese sollen angeblich schnell darüber Auskunft geben können, ob eine Lebensmittelunverträglichkeit und speziell eine Nahrungsmittelallergie vorliegt. Die Tests können in der Regel zwar tatsächlich Antikörper der Klasse G (Immunglobuline-G, kurz IgG) in einer Blutprobe nachweisen – so, wie sie es vorgeben. Jedoch ist ein Nachweis dieser Antikörper nicht gleichbedeutend mit dem Vorliegen einer Nahrungsmittelallergie, weil IgG-Antikörper eine normale Reaktion auf bestimmte Lebensmittelbestandteile sind und daher auch bei Menschen ohne Allergie nachgewiesen werden können.
Die europäischen und die deutschsprachigen Allergiegesellschaften warnen daher vor solchen IgG-Tests zur Feststellung einer Nahrungsmittelallergie und davor, falsche Rückschlüsse aus den Ergebnissen dieser Unverträglichkeitstests zu ziehen.
Ohnehin haben nur Ärztinnen und Ärzte alle notwendigen diagnostischen Mittel, um eine Nahrungsmittelallergie oder Nahrungsmittelintoleranz nachzuweisen, auszuschließen und voneinander abzugrenzen. Auch die Behandlung gehört in die Hände von Fachleuten, natürlich immer in enger Absprache mit der Patientin der dem Patienten.
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Wichtiges Beispiel ist die Zöliakie (Glutenunverträglichkeit): Selbsttests für zu Hause können nicht die Genauigkeit und Vielschichtigkeit einer ärztlichen Diagnostik ersetzen. Zudem verzichten manche Menschen bereits im Vorfeld eines Unverträglichkeitstests auf den Verzehr glutenhaltiger Lebensmittel. Dadurch ist es gut möglich, dass der Test negativ ausfällt und folglich keine Zöliakie angenommen wird. Dennoch kann eine Glutenunverträglichkeit bestehen, die während einer umfassenden ärztlichen Beratung und Diagnostik aufgedeckt werden würde. Eine nicht entdeckte und unbehandelte Zöliakie kann schwerwiegende Folgen wie Osteoporose und sogar Unfruchtbarkeit haben. Daher ist bei dieser sowie bei jeder anderen potenziellen Nahrungsmittelunverträglichkeit der Arzttermin zur Abklärung immer die beste Option.