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Sexualität

Sex nach der Geburt: Wie lange Paare warten sollten

Lesedauer unter 8 Minuten

Redaktion

  • Dr. med. Madeleine Zinser (Ärztin, Content Fleet GmbH)

Qualitätssicherung

  • Anna Stamm (Gynäkologin)

Nach einer Geburt kommt vieles zusammen. Der kleine Mensch muss rund um die Uhr versorgt werden und die meisten Eltern finden sich erst nach und nach in ihrer neuen Rolle zurecht. Gleichzeitig machen Frauen körperlich und emotional einige Veränderungen durch: Die Hormone stellen sich um, der Körper verändert sich und mögliche Geburtsverletzungen müssen heilen. Da ist es kein Wunder und völlig normal, dass Sex erst mal zur Nebensache wird. Viele Paare sind zudem unsicher: Wann ist Sex nach der Geburt überhaupt wieder erlaubt?

Wie lange kein Sex nach der Geburt?

Der Berufsverband der Frauenärzte e. V. empfiehlt, vaginalen Sex erst wieder aufzunehmen, nachdem der Wochenfluss (Lochien) vollständig aufgehört hat. Der Wochenfluss dauert nach der Geburt etwa vier bis sechs Wochen. Wollen Paare nicht so lange auf Geschlechtsverkehr verzichten, sollten sie ein Kondom verwenden, um das Infektionsrisiko gering zu halten.

Was ist Wochenfluss?

Der Wochenfluss ist ein vaginaler Ausfluss, der nach der Geburt natürlicherweise auftritt. Er entsteht durch die in der Gebärmutter heilende Wunde und verändert seine Farbe von rot nach braun bis gelb und weiß. Aufgrund der offenen Wundfläche, an der sich zuvor der Mutterkuchen (Plazenta) befand, besteht für Frauen ein erhöhtes Infektionsrisiko. Daher empfiehlt es sich, beim vaginalen Geschlechtsverkehr zunächst Kondome zu verwenden. 

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) empfiehlt, mit dem Geschlechtsverkehr zu warten, bis alle Geburtswunden vollständig verheilt sind und beide Eltern Lust auf Sex haben. Zu den Geburtswunden zählen zum Beispiel ein Dammriss und die Kaiserschnittnarben. 

Wann Sex nach einem Kaiserschnitt?

Die Narben, die bei einem Kaiserschnitt in der Gebärmutter und in der Haut entstehen, können Schmerzen bereiten, so auch beim Geschlechtsverkehr. Deswegen gilt: Sex sollte nach einem Kaiserschnitt nach Ablauf der vier bis sechs Wochen keinesfalls unter Schmerzen stattfinden.

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Wann Sex nach einer Geburt mit Dammriss oder Dammschnitt?

Bei der Geburt können die Haut, das Bindegewebe und die Muskulatur rund um den Scheideneingang verletzt werden. Diese sogenannten Dammrisse heilen meist in den ersten vier bis sechs Wochen nach der Geburt folgenlos aus. Aber auch nach der Abheilung kann die Narbe noch leichte Schmerzen verursachen.

Auch hier gilt: Nehmen Sie Schmerzen beim Sex nicht einfach hin. Im Zweifel ist es besser, ärztlichen Rat einzuholen. Ist der Dammriss höhergradig, ist also auch der Schließmuskel in Mitleidenschaft gezogen worden, sollten Sie auf jeden Fall mit Ihrer behandelnden Frauenärztin oder Ihrem behandelnden Frauenarzt sprechen. 

Beim Dammschnitt (Episiotomie) wird der Geburtskanal operativ erweitert. Das ist heutzutage einigen Notfallsituationen vorbehalten. Ist Sex auch nach Abheilung der Wunde schmerzhaft, sollten Sie sich ärztlichen Rat einholen. 

Eine US-amerikanische Studie stellte fest, dass auch drei Monate nach der Geburt noch etwa 31 Prozent der untersuchten Frauen über Schmerzen beim vaginalen Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) klagten. Diese Schmerzen ließen innerhalb eines Jahres nach der Geburt immer weiter nach. 

Nach einer Geburt können beim Sex Schmerzen auftreten. Mit der Zeit lassen die Beschwerden aber meist nach.

Nach einer Geburt können beim Sex Schmerzen auftreten. Mit der Zeit lassen die Beschwerden aber meist nach.


Insbesondere stillende Frauen haben oft noch länger Schmerzen oder ein trockenes Gefühl beim Geschlechtsverkehr. Das liegt an der besonderen hormonellen Situation in der Stillzeit, die die Vaginalhaut empfindlicher macht. Hier helfen Geduld, Gleitgel und das Wissen, dass sich diese Beschwerden mit der Zeit vollständig zurückbilden.

Wie verändert sich das Sexleben nach einer Geburt?

Im Schnitt findet der erste Sex nach einer Geburt nach sechs bis acht Wochen statt. Nach etwa sechs Monaten erhöht sich zudem die Regelmäßigkeit, sprich: Es pendelt sich alles etwas mehr ein. 

Es ist völlig normal, dass eine Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes viele gesundheitliche und emotionale Veränderungen für die frisch gebackenen Eltern mit sich bringen. Oft wird das Thema Sex nach der Geburt in Geburtsvorbereitungskursen und in der Schwangerschaftsnachsorge ausgeklammert. Für betroffene Paare ist es hingegen gut zu wissen, dass sie mit einem vorübergehenden Libidoverlust nicht allein sind und dieser ganz normal ist. Ein sehr guter Zeitpunkt, dieses Thema selbst anzusprechen, ist bei der gynäkologischen Schwangerennachsorge sechs bis acht Wochen nach der Geburt, bei der es ohnehin um die Verhütung geht.

Es ist wichtig zu verstehen, dass es nicht nur physische Faktoren sind, die sich auf das Sexualleben auswirken. Hinzu kommen psychische Aspekte und die Faktoren Zeit und Raum für Intimität. Außerdem gestalten sich Sexualität und die Zufriedenheit damit individuell sehr unterschiedlich. In manchen Kulturen gilt es sogar als Tabu, während der ersten Monate nach der Geburt Sex zu haben. 

Junger Mann gibt einem neugeborenen Baby ein Milchfläschchen

Nach einer Geburt bleiben oft wenig Zeit und Raum für Sexualität. 

Körperliche Veränderungen nach einer Geburt

Vielfältige körperliche Veränderungen der Frau spielen im Hinblick auf die Sexualität nach Geburt eine besondere Rolle: 

  • Die Hormonumstellung nach der Schwangerschaft bewirkt ein vermindertes sexuelles Verlangen. 
  • Geburtsverletzungen und eventuelle Kaiserschnittnarben müssen abheilen. 
  • Das Stillen kann die Brust schwer und druckempfindlich machen. 
  • Die Vagina kann aufgrund der Reibung und Dehnung bei der Geburt und durch eine hormonell bedingte Trockenheit schmerzempfindlich sein. 
  • Der Körper verändert sich und es braucht Zeit, diese Veränderungen zu akzeptieren und sich wieder wohlzufühlen in der eigenen Haut. 
  • Der vaginale Geschlechtsverkehr nach einer Geburt kann sich anders anfühlen als zuvor. Rückbildungsgymnastik kann dabei helfen, dass sich das alte Körpergefühl wieder einstellt. 

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Psychische Herausforderungen nach einer Geburt

Die nachgeburtliche (postnatale) sexuelle Gesundheit hängt bei Weitem nicht nur von körperlichen Faktoren ab. Hier einige emotionale Herausforderungen, mit denen junge Eltern konfrontiert sind: 

  • Beide Partner beziehungsweise Partnerinnen können Angst davor haben, dass die Mutter Schmerzen oder Infektionen erleidet.
  • Eltern bekommen wenig Schlaf, sind erschöpft und es fehlt an Energie sowie Zeit. 
  • Die neue Elternrolle ist mit vielen neuen Sorgen und Ängsten rund um das Kind und mit Selbstzweifeln verbunden. 
  • Manche Frauen plagt nach der Geburt nicht nur der Babyblues, sondern eine handfeste postpartale Depression. Auch Väter können von einer Wochenbettdepression betroffen sein. 
  • Häufig spielen falsche Erwartungen an die Sexualität nach der Geburt eine Rolle. Von Frauen wird oft erwartet, dass der Sex bald nicht mehr wehtun soll – egal, was der Körper womöglich während einer Geburt durchgemacht hat. Manche Frauen machen sich vielleicht auch selbst unnötig Druck, möglichst schnell wieder wie vorher zu „funktionieren“. Außerdem geht es beim Thema Sex nach Geburt um mehr als nur den penetrativen vaginalen Sex. Es gibt viele andere Möglichkeiten, Zärtlichkeiten auszutauschen.

Tipps für die Zeit nach der Geburt

Geben Sie sich Zeit. Es gibt genug Gründe, warum Ihnen nach einer Geburt gerade nicht der Sinn nach Sex steht. Um sich als Paar wiederzufinden, hilft eine ehrliche und offene Kommunikation. Hören Sie die Wünsche Ihrer Partnerin oder Ihres Partners und teilen Sie sich selbst mit. Sagen Sie ehrlich, was Sie möchten und was nicht. 

Wenn Sie wieder mehr Körperlichkeit zulassen mögen, können Sie schauen, wie Sie sich gemeinsam Freiräume schaffen. Vielleicht kann eine Ihnen nahestehende Person mit dem Kind spazieren gehen oder Sie wechseln während des Baby-Schläfchens ins Nebenzimmer. So haben Sie die Möglichkeit, gemeinsam die Lust neu zu entdecken und sich der Partnerin oder dem Partner wieder zuzuwenden. 

Versuchen Sie auch anzunehmen, dass die Zeit nach einer Geburt nicht mit der Zeit vorher vergleichbar ist. Die Geburt eines Kindes stellt ein einschneidendes Ereignis dar, von Fachleuten auch als Major Life-Event oder kritisches Lebensereignis bezeichnet. Diese Ereignisse können positiv wie negativ sein, etwa eine Heirat oder ein Unfall. Ihnen gemeinsam ist, dass sie eine enorme Anpassungsleistung erfordern, starke Emotionen auslösen und die psychische Stabilität gefährden können. Die Anpassungsleistung besteht unter anderem darin, eine neue Rolle zu übernehmen, persönliche Ziele und Werte neu zu setzen und etwa neue Fähigkeiten aufzubauen. Das kostet Kraft, die dann vielleicht für andere Dinge wie Sex nach der Schwangerschaft fehlt.

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An die Verhütung beim Sex nach einer Geburt denken

Das Stillen kann die Fruchtbarkeit reduzieren, da das milchbildende Hormon Prolaktin die Aktivität der Eierstöcke bremst. Unter folgenden Umständen haben Frauen einen gewissen Empfängnisschutz:

  • Sie stillen voll, regelmäßig und nach Bedarf.
  • Sie füttern nicht zu. 
  • Das Baby ist unter sechs Monate alt. 

Da aber selbst unter diesen Umständen manchmal ein Eisprung stattfindet, sollte auch in der Stillzeit unbedingt sicher verhütet werden. 

Die einfachste Verhütungsmethode in den Monaten nach der Geburt ist das Kondom. Alternativ kommt auch die umgangssprachlich als Stillpille bezeichnete Minipille infrage. Sie enthält ein Gestagen, das sich nicht auf das Stillen und die Muttermilch auswirkt.

Die natürliche Familienplanung (NFP) ist für die Zeit nach der Geburt und die Stillzeit nur bedingt geeignet, da sich der Zyklus erst wieder einpendeln muss. Ob die NFP infrage kommt, hängt von der konkreten Methode ab. Die Sensiplan-Methode beispielsweise ist gut untersucht, gilt als sicher und ist auch nach der Geburt anwendbar. 

Zudem kommt nach der Geburt die Verhütung mittels Spirale in Betracht. Möglich ist die Einlage einer Hormon- oder Kupferspirale ab sechs Wochen nach der Entbindung. 

Sprechen Sie mit Ihrer Frauenärztin oder Ihrem Frauenarzt über das für Sie passende Verhütungsmittel. Eine Sorge weniger tut in der turbulenten Zeit nach einer Geburt gut.

Literatur und weiterführende Informationen

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