- Woran erkenne ich, dass meine Partnerin oder mein Partner eine Depression hat?
- Depression bei der Partnerin oder beim Partner: Hilfe geben, Hilfe holen
- Wie verhalte ich mich bei einer depressiven Partnerin oder einem depressiven Partner?
- Wie sollte ich mit einem depressiven Partner oder einer depressiven Partnerin reden?
- Was, wenn ich mit der Situation nicht klarkomme?
- Die Behandlung der Depression des Partners sinnvoll begleiten
- Suizidgefahr beim depressiven Partner: Was tun?
- Warum Selbstfürsorge und Geduld zur Hilfe dazugehören
Hat die Partnerin oder der Partner eine Depression, kann das die Beziehung belasten. Die Symptome einer Depression zu erkennen und gemeinsam darüber zu reden, ist der erste Schritt auf dem Weg zu einer Verbesserung der Situation. Letztlich gehört die Behandlung einer Depression jedoch in ärztliche und psychotherapeutische Hände. Was Partnerinnen und Partner einer depressiven Person dennoch tun können und worauf sie achten sollten.
Woran erkenne ich, dass meine Partnerin oder mein Partner eine Depression hat?
Eine depressive Phase bei der Freundin oder dem Freund, der Ehepartnerin oder dem Ehepartner zu erkennen, ist häufig nicht leicht. Es kann schwer sein, normale Gefühle der Traurigkeit und depressive Beschwerden voneinander zu unterscheiden. Daher ist es wichtig, dass eine Ärztin oder ein Arzt, eine Psychotherapeutin oder ein Psychotherapeut die Diagnose stellt.
Erst wenn mehrere Symptome einer Depression über einen längeren Zeitraum als zwei Wochen auftreten und eine bestimmte Intensität aufweisen, sprechen Fachleute von einer Depression. Zu den Symptomen einer Depression zählen:
- Gedrückte, depressive Stimmung: Ihre Partnerin oder Ihr Partner zeigt sich von positiven wie negativen Ereignissen emotional unbeeindruckt, ist schnell irritierbar und äußert oft, sich überfordert zu fühlen.
- Interessenverlust: Ihre Partnerin oder Ihr Partner hat keine Freude mehr an den Dingen des Alltags, die vor einiger Zeit noch erfüllend waren. Beruf, Hobbys und Familie scheinen die Person generell nicht mehr zu interessieren. Ihre aktive Beteiligung nimmt deutlich ab.
- Antriebsmangel: Ihre Partnerin oder Ihr Partner zieht sich von den gewohnten Aktivitäten des sozialen Zusammenlebens zurück, weil sie oder er sich müde und abgeschlagen fühlt. Die Person vernachlässigt zum Beispiel den Haushalt und die Körperpflege.
Darüber hinaus gibt es viele weitere Symptome, die eine Depression begleiten können. Dazu zählen zum Beispiel Appetitverlust, Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen, Schuldgefühle und oftmals auch Suizidgedanken. Fachleute unterscheiden zwischen leichten, mittelschweren und schweren Depressionen.
Was Angehörige und Betroffene oft falsch einschätzen: Belastende Lebensereignisse wie der Verlust eines nahestehenden Menschen, Stress am Arbeitsplatz oder ein psychisches Trauma können zwar die Wahrscheinlichkeit erhöhen, an einer Depression zu erkranken. Aber: Eine Depression ist eine eigenständige Erkrankung, die auch unabhängig von der Lebenssituation auftreten kann. Sie kann zum Beispiel biologische Ursachen haben oder durch genetische Veranlagung sowie hormonelle Veränderungen hervorgerufen werden.
Kostenfreier Online-Kurs: Was tun, wenn die Psyche Erste Hilfe braucht?
Mentale Erste Hilfe leisten - wie geht das? In drei aufeinander aufbauenden Videoeinheiten On Demand lernen Sie, Menschen mit psychischen Erkrankungen zu unterstützen.
Jetzt anmelden
Depression bei der Partnerin oder beim Partner: Hilfe geben, Hilfe holen
Bei rund der Hälfte der Personen in Deutschland, die an einer Depression erkrankt sind, wirkt sich ihre Erkrankung auf die Partnerschaft aus. Bei 45 Prozent der Erkrankten kommt es infolge der Depression zu einer Trennung. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung der Stiftung Deutsche Depressionshilfe aus dem Jahr 2018.
Die Betroffenen einer Depression fühlen sich demnach von ihrer Partnerin oder ihrem Partner oft missverstanden. Sie sehen sich unberechtigten Vorwürfen ausgesetzt, denn ihr sozialer Rückzug und ihre nachlassende Zuwendung in der Partnerschaft sind kein Ausdruck von Lieblosigkeit oder Böswilligkeit, sondern Symptome einer ernsthaften psychischen Erkrankung.
Immerhin: 36 Prozent der Erkrankten berichten, dass die Depression ihre partnerschaftliche Beziehung sogar vertieft und gefestigt hat. Damit das gelingen kann, benötigen die Betroffenen das Verständnis und die Hilfe ihrer Angehörigen. Letzten Endes gehört die Behandlung der an einer Depression erkrankten Person jedoch stets in professionelle Hände.
Wie verhalte ich mich bei einer depressiven Partnerin oder einem depressiven Partner?
Sie vermuten, dass Ihre Partnerin oder Ihr Partner an einer Depression erkrankt sein könnte? Dann helfen Ihnen die nachfolgenden Empfehlungen, sich richtig zu verhalten.
- Suchen Sie das gemeinsame Gespräch: Schildern Sie Ihre Besorgnis über den aktuellen Gesundheitszustand und beschreiben Sie, in welchen Lebensbereichen Sie ein verändertes Verhalten Ihrer Partnerin oder Ihres Partners wahrnehmen.
- Holen Sie möglichst ärztlichen Rat ein: Schlagen Sie vor, die Beschwerden ärztlich untersuchen und wenn nötig behandeln zu lassen. Falls Ihre Partnerin oder Ihr Partner einen Arztbesuch ablehnt, respektieren Sie diese Entscheidung. Handeln Sie keinesfalls über den Kopf der betroffenen Person hinweg. Nehmen Sie stattdessen eine bestärkende Position ein und bieten Sie Ihre Hilfe regelmäßig erneut an.
- Sammeln Sie Informationen über das Thema Depression: Informieren Sie sich ausführlich über das Krankheitsbild und die mögliche Behandlung einer Depression. Binden Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner in die Recherche mit ein und reden Sie gemeinsam über Ihre Erkenntnisse.
- Üben Sie Selbstfürsorge: Achten Sie auf sich selbst und Ihre persönliche Belastungsgrenze. Auch wenn Sie Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner in einer Depression gern helfen möchten: Die Behandlung einer Depression ist die Aufgabe von Ärztinnen und Ärzten, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten.
Mit der Barmer Arztsuche eine psychotherapeutische Praxis in Ihrer Nähe finden
Finden Sie Medizinerinnen und Mediziner nach Fachgebiet und Therapieschwerpunkt sortiert in Ihrer Umgebung und deutschlandweit.
Zur Arztsuche
Wie sollte ich mit einem depressiven Partner oder einer depressiven Partnerin reden?
Für ein respektvolles und konstruktives Gespräch mit einer depressiven Partnerin oder einem depressiven Partner ist Fingerspitzengefühl gefragt. Schaffen Sie eine entspannte Atmosphäre und gestalten Sie das Gespräch ergebnisoffen. Das heißt, Sie sollten keine vorgefertigte Meinung darüber haben, was in dieser Situation richtig oder falsch ist. Hören Sie aufmerksam zu und akzeptieren Sie die Bedürfnisse Ihrer Partnerin oder Ihres Partners – auch wenn es Ihnen schwerfällt.
Bei einer Depression in der Partnerschaft die richtigen Worte zu finden, ist für das psychische Wohlbefinden der erkrankten Person sehr wichtig. Die nachfolgenden Formulierungen können Ihnen helfen, Ihre depressive Partnerin oder Ihren depressiven Partner zu trösten und zu ermutigen:
- „Ich weiß, es geht dir sehr schlecht, aber ich weiß auch, jede Depression geht vorbei.“
- „Du bist mir wichtig.“
- „Möchtest du, dass ich dich umarme?“
- „Ich nehme deine Erkrankung ernst.“
- „Wir schaffen das zusammen.“
- „Ich bin für dich da.“
- „Nicht schlimm, wenn heute nichts geht.“
- „Es ist nicht deine Schuld.“
- „Ich gebe mir Mühe, die Erkrankung zu verstehen.“
Seien Sie zurückhaltend mit gut gemeinten Ratschlägen. Verzichten Sie auf bewertende und mahnende Äußerungen wie:
- „Versuch doch wenigstens, dich zusammenzureißen.“
- „Sieh doch nicht immer alles so negativ.“
- „Keiner hat gesagt, dass das Leben einfach ist.“
- „Du schaust gar nicht so depressiv aus!“
- „Du hast doch alles, was du brauchst, oder nicht?“
- „Ach, das kenne ich. Ich war neulich auch mal schlecht drauf.“
- „Denk halt mal positiv!“
Vermeiden Sie auch Urlaubsvorschläge, denn die Depression reist mit. Ihre Partnerin oder Ihr Partner könnte sich in einer unbekannten Umgebung und ohne feste Tagesstruktur noch unwohler fühlen.
Kostenloses E-Book mit 44 Psychologie-Tipps bei Angst, Wut und Trauer
Psychologin Vanessa Graf gibt Ihnen 44 leicht anwendbare Übungen an die Hand, um negative Gefühle aufzulösen und mehr Selbstbewusstsein und Leichtigkeit zu gewinnen.
E-Book herunterladen
Was, wenn ich mit der Situation nicht klarkomme?
Bei allem, was Sie mit Ihrer depressiven Partnerin oder Ihrem depressiven Partner erleben: Halten Sie sich immer wieder vor Augen, dass die Eigenwahrnehmung und die Selbsteinschätzung der an einer Depression erkrankten Person verzerrt sein können. Dementsprechend ist es möglich, dass sie ihr Handeln und Verhalten, insbesondere in Bezug auf wichtige private oder berufliche Entscheidungen, nach überstandener Krankheit vielleicht ganz anders bewertet.
Wenn Sie Schuldgefühle wegen der depressiven Phase Ihrer Partnerin oder Ihres Partners empfinden, erschöpft sind oder andere Beschwerden im Zusammenhang mit der belastenden Situation in Ihrer Partnerschaft erleben, können Sie Folgendes tun:
- Definieren Sie Ihre persönliche Belastungsgrenze neu.
- Suchen Sie Hilfe und Austausch bei einer Selbsthilfe- oder Angehörigengruppe.
- Reden Sie mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin über Ihre Beschwerden, wenn Sie ohnehin in die Behandlung einbezogen sind; suchen Sie alternativ eine andere medizinische oder psychotherapeutische Person Ihres Vertrauens auf.
- Kontaktieren Sie einen sozialpsychiatrischen Dienst oder eine psychosoziale Beratungsstelle und bitten Sie um Hilfe.
Die Behandlung der Depression des Partners sinnvoll begleiten
Wenn sich Ihre Partnerin oder Ihr Partner mit einer Depression bereits in therapeutischer Behandlung befindet, können Sie sie oder ihn auf verschiedene Weise sinnvoll begleiten. Sie können beispielsweise Beratungsangebote oder Schulungen für Angehörige in Anspruch nehmen oder gemeinsam mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner eine Selbsthilfegruppe besuchen.
Darüber hinaus können Sie die Behandlung der Depression unterstützen, indem Sie Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner auf verschiedene Arten helfen:
- Erinnern Sie an die Einnahme der Medikamente wie zum Beispiel Antidepressiva.
- Unterstützen Sie im Alltag, ohne die Partnerin oder den Partner zu über- oder unterfordern.
- Etablieren Sie eine feste Tagesstruktur – je nach ärztlicher Absprache könnten zum Beispiel tägliche Spaziergänge von zweimal zwanzig Minuten oder andere sportliche Aktivitäten auf dem Programm stehen.
- Bei Entscheidungen können Sie Ihre Partnerin oder Ihren Partner darin unterstützen, diese auf Basis objektiver Kriterien zu treffen. Wichtige Entscheidungen wie ein Jobwechsel oder ein Umzug sollten jedoch erst nach Abklingen der Depression getroffen werden.
Bei allem gilt: Bleiben Sie geduldig mit sich selbst und Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner. Lassen Sie sich auch nicht von einer schwermütigen Stimmung anstecken. Gehen Sie weiterhin Ihren persönlichen Interessen nach und treffen Sie zum Beispiel Verabredungen in Ihrem Freundeskreis.
Suizidgefahr beim depressiven Partner: Was tun?
Suizidgedanken gehören zu den häufigen Symptomen einer Depression. Wenn die Partnerin oder der Partner solche Gedanken hat, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass sie oder er diese auch in die Tat umsetzt. Dennoch ist es sehr wichtig, die Warnzeichen einer suizidalen Gefährdung zu erkennen und ernst zu nehmen.
- Suiziddrohungen und -ankündigungen: Laut der Deutschen DepressionsLiga gehen etwa 80 Prozent aller Selbsttötungen entsprechende Ankündigungen voraus. Das Vorurteil, „Wer es sagt, der tut es nicht“, stimmt also nicht.
- Hoffnungslosigkeit: Aussagen wie „Es hat alles keinen Sinn mehr“, „Irgendwann muss einfach Schluss sein“ oder „Es muss jetzt etwas passieren“ können bei Menschen mit einer Depression auf eine suizidale Gefährdung hinweisen.
- Abschied nehmen: Planen Menschen den Suizid, versuchen sie oft noch, wichtige Angelegenheiten zu klären und sich von nahestehenden Personen zu verabschieden. Dabei verschenken sie womöglich Wertgegenstände, setzen ihr Testament auf und wirken auf ihre Angehörigen deutlich gefasster und ruhiger als sonst.
Beim Verdacht auf Suizidgefahr bei Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner mit einer Depression haben Sie verschiedene Möglichkeiten, zu helfen.
- Sprechen Sie das Thema an: Bleiben Sie sachlich, ruhig und verständnisvoll. Fragen Sie konkret nach, wenn Sie den Verdacht haben, Ihre Partnerin oder Ihr Partner könnte sich selbst etwas antun. Reden Sie der Person ihre Gedanken aber nicht aus, denn die sind nun einmal da. Zeigen Sie auf, dass es trotz allem Hilfe und viele Chancen für sie geben kann und sie diese Möglichkeiten ausprobieren könnte. Gehen Sie auf die Menschen und Dinge in ihrem Leben ein, die ihr einen Sinn geben.
- Holen Sie professionelle Hilfe: Helfen Sie der betroffenen Person, eine Ärztin oder einen Arzt, eine psychotherapeutische Praxis oder eine Klinik aufzusuchen. Im Notfall wählen Sie den Notruf 112 oder rufen Sie die Polizei unter 110.
- Begleiten Sie die Person: Lassen Sie die gefährdete Person nicht allein, bis die Hilfe eingetroffen ist. Das bedeutet, Ihre Partnerin oder Ihren Partner auf dem Weg zur Ärztin oder zum Arzt zu begleiten oder gemeinsam auf die Einsatzkräfte zu warten, die Sie telefonisch verständigt haben.
Warum Selbstfürsorge und Geduld zur Hilfe dazugehören
Eine Depression belastet neben der betroffenen Person auch die Partnerschaft, Familie und Freundschaften. Ausreichende Freiräume und Selbstfürsorge sind für die helfenden Personen wichtig.
Ihre Belastungsfähigkeit ist begrenzt. Deshalb ist es richtig, frühzeitig Hilfe für die depressive Person zu organisieren. Unternehmen Sie außerdem alles, was Ihnen Spaß macht, auch wenn die erkrankte Partnerin oder der erkrankte Partner daran nicht teilhaben kann – zum Beispiel Sport treiben, Konzerte oder Museen besuchen.
Nehmen Sie bei Bedarf Hilfe für sich selbst in Anspruch, ob in Selbsthilfegruppen für Angehörige, bei psychosozialen Beratungsstellen oder in einer psychotherapeutischen Praxis. So kann es Ihnen gut gelingen, Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner mit einer Depression beizustehen und das Beste aus der hoffentlich bald vorübergehenden Situation zu machen.