Von Polypharmazie sind Patientinnen und Patienten betroffen, die mehrere Medikamente gleichzeitig dauerhaft anwenden. Häufig wird die Einnahme mehrerer Arzneimittel auch mit dem Begriff "Multimedikation" oder "Polymedikation" umschrieben.
Es gibt zwar keine einheitliche Definition für den Begriff "Polypharmazie", meist wird aber von Polypharmazie gesprochen, wenn fünf oder mehr verschiedene Arzneimittel eingesetzt werden. Dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich die Wirkstoffe gegenseitig beeinflussen. Die Wirkung kann sich verstärken oder auch abschwächen und weitere oder stärkere Nebenwirkungen können auftreten. Die Risiken werden dabei nicht nur durch die verordneten Medikamente ausgelöst. Auch Arzneimittel, die sich Patientinnen und Patienten selbst kaufen, können mit den verordneten Arzneimitteln in Wechselwirkung treten.
Viele Wechselwirkungen lassen sich vermeiden. Welche Möglichkeiten genutzt werden können, untersucht die Barmer im Arzneimittelreport 2020 und nennt dabei Lösungsansätze für die Zukunft. Von besonderer Bedeutung wird zukünftig das digitale Arzneimittelmanagement sein. Der neue Barmer Arzneimittelreport 2022 erläutert die Vorteile der digitalen Vernetzung von Arzt und Patient.
Wer ist besonders gefährdet?
Eine Multimedikation erhalten meist ältere Menschen, da mit steigendem Lebensalter auch die Anzahl der Krankheiten zunimmt. Aber nicht nur die Polypharmazie im Alter spielt eine Rolle. Auch jüngere Menschen, die unter mehreren chronischen Krankheiten leiden, benötigen mehrere Medikamente über einen längeren Zeitraum gleichzeitig. Ärztinnen und Ärzte sprechen in diesen Fällen von multimorbiden Patientinnen und Patienten.
Wer besonders gefährdet ist, arzneimittelbezogenen Risiken zu erleiden, hängt neben dem Lebensalter und der Anzahl der eingenommenen Medikamente von verschiedenen Faktoren ab.
- Je länger die Medikamente parallel eingenommen werden müssen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Wechselwirkungen kommen kann.
- Wenn eine Nieren- oder Leberinsuffizienz vorliegt, können die Medikamente meist nicht so gut verstoffwechselt werden. Sie sammeln sich im Körper an und können verstärkt Neben- und Wechselwirkungen hervorrufen.
- Werden Wirkstoffe in hoher Dosierung eingesetzt, besteht ein höheres Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen als bei niedrigeren Dosierungen.
- Besuchen Patientinnen und Patienten verschiedene Ärztinnen und Ärzten, können diese ohne eine lückenlose Dokumentation häufig nicht wissen, welche Arzneimittel schon verordnet werden.
- Ein bundeseinheitlicher Medikationsplan sowie die elektronische Patientenakte helfen sowohl den Patientinnen und Patienten als auch Ärztinnen und Ärzten, den Überblick zu behalten.
Polypharmazie bezeichnet die gleichzeitige und dauerhafte Therapie mit mehreren Arzneimitteln. In der Regel haben Patientinnen und Patienten, die fünf oder mehr Arzneimittel gleichzeitig einnehmen, ein besonderes Risiko von Wechselwirkungen betroffen zu sein. Was passieren kann, wenn mehrere Medikamente gleichzeitig eingenommen werden, erfahren Sie hier.
Polypharmazie und Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS)
Bei der Polypharmazie spielt die Arzneimitteltherapiesicherheit, kurz AMTS, eine besonders wichtige Rollte. Ärztinnen und Ärzte bezeichnen die Arzneimitteltherapiesicherheit auch als Pharmakovigilanz. Ein wichtiger erster Schritt ist die Erfassung sämtlicher Arzneimittel, auch die, die sich Patientinnen und Patienten selber kaufen. Besonders hilfreich ist es auch für Ärztinnen und Ärzte, wenn sie sämtliche Gesundheitsdaten ihrer Patienten im Blick haben. Ob ein Besuch beim Hausarzt, der Krankenhausaufenthalt vor zwei Jahren oder der Impfstatus, alle Informationen können wichtige Hinweise für die aktuelle Therapie liefern. Digitale Hilfen wie die elektronische Patientenakte sowie speziell ausgestattete Software, die Ärztinnen und Ärzte bei der Arzneimitteltherapie unterstützt und Apothekerinnen und Apotheker vor Wechselwirkungen warnen, helfen sektorübergreifend eine optimale Medikation für die Patienten zu gestalten.