- Chronische Schmerzen: Schmerz als Erkrankung
- Chronische Schmerzen geben oft Rätsel auf
- Chronische Schmerzen können auch die Psyche belasten
- Therapiemöglichkeiten und Behandlung bei chronischen Schmerzen
- Medikamente bei chronischen Schmerzen
- Nicht-medikamentöse Therapie chronischer Schmerzen
- Grad der Behinderung bei chronischen Schmerzen
Sich die Hand an der heißen Herdplatte zu verbrennen oder beim Joggen umzuknicken, ist schmerzhaft. Dieser Schmerz hat eine wichtige biologische Schutzfunktion: Er trägt dazu bei, schlimmere Verletzungen zu verhindern und für eine möglichst ungestörte Heilung zu sorgen. Er klingt im Normalfall nach wenigen Tagen bis Wochen wieder ab.
Schmerz kann aber auch länger anhalten oder wiederkehren – entweder in Folge einer chronischen Erkrankung oder ohne nachweisbare beziehungsweise nicht mehr feststellbare Ursache. In der Medizin ist dann von chronischen Schmerzen oder von chronischem Schmerz die Rede. Was sind chronische Schmerzen genau, welche Ursachen haben sie und welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Chronische Schmerzen: Schmerz als Erkrankung
Im Allgemeinen werden Schmerzen durch eine Verletzung oder eine Krankheit ausgelöst. Man spricht in solchen Fällen von akuten Schmerzen. Sie halten in den allermeisten Fällen lediglich wenige Tage bis Wochen an und haben eine wichtige biologische Funktion: Sie sollen uns davor schützen, unserem Körper weiteren Schaden zuzufügen, und ihm Regeneration und Erholung ermöglichen.
In manchen Fällen bleiben die Schmerzen jedoch auch nach vollständigem Abheilen einer Verletzung oder Abklingen einer Erkrankung bestehen. Die Rede ist dann von chronischen Schmerzen oder einem chronischen Schmerzsyndrom.
Dieser chronische Schmerz, der von Ärztinnen und Ärzten als eigenständige Erkrankung eingestuft wird, erfüllt keine biologische Funktion: Er weist nicht mehr auf ein tatsächliches Problem wie eine Verletzung hin und verschwindet in der Regel auch nicht einfach so. Dadurch kann er zu einer enormen Belastung werden, zu körperlichen Einschränkungen führen und psychische Probleme fördern.
Aber was sind chronische Schmerzen genau? Zwar sind eine klare Definition und Abgrenzung von akutem und chronischem Schmerz schwierig, jedoch spricht die Medizin allgemein von chronischem Schmerz, wenn der Schmerz länger als drei Monate anhält oder wiederkehrt und/oder seine Dauer das normale Ausmaß einer akuten Ursache deutlich übersteigt.
Chronische Schmerzen geben oft Rätsel auf
Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden, sind keinesfalls Einzelfälle. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 27 Prozent der deutschen Bevölkerung von chronischen Schmerzen betroffen sind.
Chronische Schmerzen können die Folge verschiedener chronischer Krankheiten sein, beispielsweise von rheumatischen Erkrankungen, Rückenschmerzen, Diabetes mellitus oder Fibromyalgie. In diesen Fällen ist der Schmerz ein Symptom und auf eine bekannte Ursache zurückzuführen, die Rede ist von chronischen sekundären Schmerzen.
Jedoch kann chronischer Schmerz selbst zu einer Erkrankung werden, nämlich dann, wenn sich keine physische Ursache (mehr) ausmachen lässt. Auch der ursprüngliche Auslöser kann nicht immer ermittelt werden. In diesem Fall spricht die Schmerzmedizin von chronischen primären Schmerzen.
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Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass sich chronische Schmerzen nach anfänglichem Auftreten akuter Schmerzen entwickeln. Daher gilt in der Regel: Akute Schmerzen wirksam zu behandeln, kann der Entwicklung chronischer Schmerzen effektiv vorbeugen.
Ob ein Mensch chronische Schmerzen entwickelt, ist sehr individuell. Verschiedene Umstände können die Ausprägung chronischer Schmerzen jedoch begünstigen. Zu den Faktoren, die das Risiko für die Chronifizierung von Schmerzen nachweislich erhöhen, gehören unter anderem:
- erbliche Veranlagung
- langanhaltender psychischer Stress
- Drogen- und Alkoholmissbrauch
- unzureichende Therapie akuter Schmerzleiden
- psychische Erkrankungen (zum Beispiel Depressionen)
An Schmerzen gewöhnt man sich nicht: chronischer Schmerz und das Schmerzgedächtnis
Die aktuelle Schmerzforschung geht davon aus, dass länger anhaltende Schmerzen dazu führen können, dass Nervenzellen in Rückenmark und Gehirn überempfindlich (hypersensibel) gegenüber Schmerzreizen werden und es so zu einer gestörten Schmerzverarbeitung im Nervensystem kommt. Daraus können sich chronische Schmerzen entwickeln. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang vom Schmerzgedächtnis.
Chronische Schmerzen können auch die Psyche belasten
Neben den körperlichen Auswirkungen können chronische Schmerzen auch psychische Folgen haben und so mittel- bis langfristig die Partnerschaft oder Freundschaften belasten und weitere soziale Einschränkungen mit sich bringen. Außerdem kann die schmerzbedingte Beeinträchtigung der allgemeinen Lebensqualität Auslöser für Stress, Ängste oder depressive Verstimmungen sein.
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Therapiemöglichkeiten und Behandlung bei chronischen Schmerzen
Während sich akute Schmerzen im Regelfall gut mit schmerzlindernden Medikamenten wie Ibuprofen, Paracetamol und Acetylsalicylsäure (ASS) behandeln lassen, verschaffen diese Medikamente Menschen, die von chronischem Schmerz betroffen sind, nur selten nachhaltig Linderung. Selbst die Einnahme starker Schmerzmedikamente, beispielsweise aus der Wirkstoffgruppe der Opioide, hilft bei chronischen Schmerzen oftmals nur kurzfristig oder unzureichend. Zudem birgt die regelmäßige und häufige Einnahme von Schmerzmitteln verschiedene Risiken.
Bei chronischen Schmerzen braucht es meist andere Behandlungsmethoden als bei akut auftretenden Schmerzen. Dabei sollten Ärztinnen und Ärzte bestenfalls einen multimodalen Ansatz verfolgen, der neben ärztlichen auch psycho-, physio- und ergotherapeutische Maßnahmen einschließt.
Chronische Schmerzen früh vermeiden – mit multimodaler Schmerztherapie
Bei der multimodalen Therapie gegen chronische Schmerzen werden Sie von Schmerzexpertinnen und -experten behandelt. Sie müssen hierfür nicht in ein Krankenhaus, sondern profitieren von einer berufsbegleitenden, ambulanten Behandlung. Für Barmer-Mitglieder, die am Versorgungsangebot teilnehmen, ist die Therapie kostenfrei.
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Medikamente bei chronischen Schmerzen
Auch wenn chronische Schmerzen keinesfalls ausschließlich mit Schmerzmitteln oder anderen Medikamenten behandelt werden sollten, können Medikamente bei chronischen Schmerzen unterstützend eingesetzt werden, um kurz- bis mittelfristig Abhilfe zu schaffen. Hierbei hängt die mögliche Medikation stark davon ab, wo die Schmerzen auftreten und ob ihr Auslöser bekannt ist. Grundsätzlich können Schmerzmittel, die auch bei akuten Schmerzen eingesetzt werden, zur Linderung der chronischen Schmerzen beitragen. In manchen Fällen werden Antidepressiva oder Antiepileptika eingesetzt, da diese ebenfalls das Schmerzempfinden beeinflussen können.
Schmerzmittel sollten nur für einen begrenzten Zeitraum eingenommen werden, da ihre Wirkung bei andauernder Einnahme nachlassen kann und auch weitere Risiken und Nebenwirkungen auftreten können. Der Einsatz medikamentöser Therapieoptionen sollte immer mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt abgesprochen werden und ist lediglich als Ergänzung eines ganzheitlichen Therapiekonzepts zu verstehen.
Nicht-medikamentöse Therapie chronischer Schmerzen
Einen wesentlichen Teil der Behandlung von chronischen Schmerzen stellen verschiedene verhaltenstherapeutische Maßnahmen dar. Sie sollen einen besseren Umgang mit den Schmerzen ermöglichen und Patientinnen und Patienten helfen, Strategien zur Schmerzbewältigung im Alltag zu entwickeln. Durch körperliche Aktivität lassen sich chronische Schmerzen lindern und das Auftreten von neuem Schmerz reduzieren. Bewegungsübungen unter physiotherapeutischer Anleitung können dazu beitragen, das Schmerzleiden zu vermindern und Körperfunktionen wie Beweglichkeit und Gleichgewichtssinn zu verbessern.
Gegebenenfalls können auch orthopädische Hilfsmittel wie Gehhilfen, Schienen oder spezielle Schuhe helfen, die körperliche Leistungsfähigkeit bei chronischen Schmerzen zu erhöhen und den Alltag zu erleichtern. Welche Maßnahmen im Einzelfall hilfreich sind, bedarf individueller ärztlicher und therapeutischer Entscheidungen durch das jeweilige Behandlungsteam.
Mit Bewegung gegen den Schmerz
Regelmäßige Bewegung ist wichtig für Menschen, die an chronischen Schmerzen leiden. Nicht nur kann Sport das allgemeine Wohlbefinden verbessern, er fördert auch die Freisetzung körpereigener Stoffe, die eine schmerzlindernde Wirkung haben können. Darüber hinaus regt Bewegung die Durchblutung und den Stoffwechsel an und kann die Belastbarkeit des Körpers erhöhen. Jedoch ist Vorsicht geboten: Gerade zu Beginn sollten Menschen mit chronischen Schmerzen körperliche Überlastungen vermeiden und ihr Pensum lieber sukzessive steigern.
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Grad der Behinderung bei chronischen Schmerzen
Wichtig zu wissen: Bei einem gewissen Schweregrad und Dauer (mehr als sechs Monate) der chronischen Schmerzen kann das zuständige Versorgungsamt im Einzelfallentscheid einen Grad der Behinderung (GdB) anhand der sogenannten GdB-Tabelle festlegen. Bei chronischen Schmerzen orientiert sich der mögliche GdB, sofern bekannt, an der ursächlichen Erkrankung sowie den durch die Schmerzen verursachten Funktionseinschränkungen. Je nach GdB können Patientinnen und Patienten gegebenenfalls zu verschiedenen Hilfeleistungen und Nachteilsausgleichen berechtigt sein.