Großmutter und erwachsene Enkelin sitzen am am Tisch und schälen die heimischen Superfoods Äpfel und Walnüsse
Ernährung

Heimische Superfoods: wirken sie?

Lesedauer unter 9 Minuten

Redaktion

  • Silke Stadler (Medizinjournalistin, Jellyfish)

Qualitätssicherung

  • Dr. Claudia Laupert-Deick

Sogenanntes „Superfood“ wie Goji-Beeren, Chia-Samen oder Matcha-Tee wird häufig mit besonders gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffen, beispielsweise Vitaminen, Mineralstoffen, Antioxidantien oder Omega-3-Fettsäuren in Verbindung gebracht. Doch sind diese exotischen Lebensmittel unseren heimischen Produkten tatsächlich unterlegen und wie ist ihre Klimabilanz zu bewerten?

Was sind Superfoods?

Der Duden definiert Superfood als „besonders gesunde, nährstoffreiche Nahrungsmittel“. In der Regel handelt es sich um pflanzliche Lebensmittel, die außerhalb von Europa produziert werden. Ihnen wird ein besonders großer gesundheitlicher Nutzen zugeschrieben, weil sie hohe Mengen an bestimmten Nähr- oder Pflanzenstoffen enthalten sollen, z. B.:

  • Vitamine
  • Mineralstoffe
  • Proteine
  • Omega-3-Fettsäuren
  • sekundäre Pflanzenstoffe (z. B. Antioxidantien)
  • Ballaststoffe

Fundierte wissenschaftliche Nachweise für den besonders hohen Gesundheitswert, wie er oft beworben wird – etwa der Schutz vor Alzheimer oder Krebs, die Steigerung der Fettverbrennung und Leistung, die Stärkung des Immunsystems oder die Stressreduktion – gibt es bislang aber nicht.

Warum es sich lohnt, zu heimischen Alternativen zu greifen

Berücksichtigen Sie bei der Entscheidung zwischen Superfoods aus der Region oder Superfoods aus fernen Ländern folgendes:
 

  • Heimisches Superfood hat kürzere Transportwege ohne Schiff oder Flugzeug, was sich positiv auf Ihre Ökobilanz auswirkt.
  • deutsches Superfood ist oft preiswerter.

Im Gegensatz zu nachhaltigen und klimafreundlichen heimischen Alternativen, ist über Superfoods aus fernen Ländern teilweise nur wenig bekannt. Gesicherte Daten zu Vitaminen, Mineralstoffen oder sekundären Pflanzenstoffen fehlen häufig.

Laut Wissenschaftlern ist es noch nicht klar, ob exotische Superfoods mehr Überempfindlichkeiten oder allergische Reaktionen auslösen als heimische.

  • Es gilt zu beachten, dass einige Superfoods mit Medikamenten in Wechselwirkung treten können (etwa die Goji-Beere, siehe unten).
  • Die Anbaubedingungen in europäischen Ländern sind häufig besser nachzuverfolgen. Insbesondere die Pestizidbelastung mit gesundheitsschädlichen Mitteln, die in Europa verboten sind, kann bei Importware ein Problem sein. So weist Grüntee – zu dem Matcha zählt – oft Pestizidrückstände auf.
  • Heimische Superfoods können als frische Lebensmittel gegessen werden. Aus fernen Ländern werden sie oft getrocknet, als Pulver, Kapsel, Müsli, Getränk, Riegel oder  Nahrungsergänzungsmittel importiert und konsumiert. Wie viele Nährstoffe sich dann noch im Produkt befinden, hängt von der Verarbeitung – über die in der Regel wenig bekannt ist – ab.

Was sind heimische Superfoods?

Einheimische Nahrungsmittel punkten mit vielen Vorteilen gegenüber den Trend- Superfoods aus fernen Ländern. Die Inhaltsstoffe sowie deren Gehalt und somit der gesundheitliche Nutzen, aber auch deren Risiken ähneln sich.

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Leinsamen statt Chiasamen

Chia wird vor allem aus Süd- und Mittelamerika nach Europa importiert. Die Samen der Pflanze können roh oder getrocknet verzehrt werden und sind beliebt in Müslis, Joghurts, Getränken oder als Öl.

Chiasamen enthalten reichlich Omega-3-Fettsäuren, vor allem die als besonders gesund geltende Alpha-Linolensäure sowie ein günstiges Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren. Außerdem weisen sie hohe Gehalte an hochwertigem Eiweiß, Ballaststoffen und Antioxidantien auf.

Omega-3-Fettsäuren gehören zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Sie gelten als besonders gesundheitsförderlich und können beispielsweise das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken. Dabei spielt allerdings auch das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren in der Ernährung eine Rolle. Es beträgt am besten nicht mehr als 1:5.

Wer auf nachhaltige und klimafreundliche Ernährung Wert legt, kann auf die weit gereisten Chiasamen verzichten: Eine heimische Alternative, die dem Nährwertprofil von Chiasamen sehr ähnelt, ist der Leinsamen:

  • Beide Saaten haben einen ähnlichen Proteingehalt.
  • Das in Leinsamen reichlich enthaltene Leinöl besteht darüber hinaus zur Hälfte aus der Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure. Dadurch ist das Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren sehr günstig.

Besonders gut verdaut wird geschroteter Leinsamen. Die wertvollen Bestandteile können besser aufgeschlossen und in den Körper aufgenommen werden.

Langzeituntersuchungen zum maximal unbedenklichen Verzehr von Chiasamen gibt es bisher nicht. Von der EU wurde eine Tageshöchstmenge von 15 g, d.h. etwa 1,5 Esslöffeln, festgelegt. Aktuelle Studien zeigen, dass einige Menschen allergisch auf Chia-Samen reagieren.

Schwarze Johannisbeeren, Hagebutte und Sanddorn statt Goji-Beeren

Goji-Beeren sind getrocknet, als Saft, Marmelade, Pulver oder Kapseln käuflich. Sie enthalten nennenswerte Mengen an Vitamin C und Calcium, denen sie ihren Ruf als Superfood verdanken. Allerdings bestehen sie auch fast zur Hälfte aus Zucker. 

Vorsicht vor möglichen Wechselwirkungen mit bestimmten gerinnungshemmenden Medikamenten: Goji-Beeren stehen im Verdacht, den Abbau dieser Arzneimittel zu blockieren, sodass sich die Wirkstoffe im Körper gefährlich anreichern können.

Es gibt zahlreiche unbedenklichere, heimische Superfoods, die anstelle von den zuckerreichen Goji-Beeren verzehrt werden können. Folgende Lebensmittel weisen ebenfalls reichlich Vitamin C, aber weitaus weniger Kalorien auf: 

  • Schwarze Johannisbeeren
  • Hagebutten
  • Sanddorn
  • Paprika
  • Preiselbeeren

Blaubeeren, Heidelbeeren und Rote Bete statt Açai-Beeren

Açai-Beeren gelten vor allem wegen ihres hohen Gehalts an Anthocyanen als Superfood. Dieser dunkle Farbstoff gehört zu den sekundären Pflanzenstoffen und ist in blauen, roten, blauschwarzen oder violetten Gemüse- und Obstsorten enthalten. Anthocyane zählen zu den Antioxidantien, denen eine gesundheitsförderliche Wirkung nachgesagt wird. Açai-Beeren enthalten außerdem viel Calcium, sind aber aufgrund des, im Vergleich zu anderen Beeren, relativ hohen Fettgehalts auch sehr energiereich. Zudem können Açai-Beeren mit Mangan belastet sein, ein Stoff, der in hoher Dosis die Eisenaufnahme einschränken kann.

Heimische Alternativen mit ähnlich hohen oder sogar höheren Anthocyan-Gehalten sind z. B.: 

  • Blaubeeren
  • Brombeeren
  • Heidelbeeren
  • Holunderbeeren
  • schwarze Johannisbeeren
  • Kirschen
  • blaue Trauben
  • Rote Bete
  • Rotkohl

Walnüsse statt Avocado

Avocados punkten mit reichlich ungesättigten Fettsäuren, Vitaminen (z. B. Vitamin K, B6) und Mineralstoffen (z. B. Kalium). Allerdings belastet die stetig steigende Nachfrage auch die Umwelt in den Anbauländern. So soll es in Mexiko zu illegaler Abholzung kommen, Monokulturen machen den verstärkten Einsatz von Pestiziden nötig und insbesondere der hohe Wasserbedarf wird für Einheimische zum Problem bei der Trinkwasserversorgung. 

Wer stattdessen lieber zu einem regionalen Superfood greifen möchte, trifft mit reifen Walnüssen eine gute Wahl: Sie bestechen durch einen beachtlichen Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und ungesättigten Fettsäuren. Berücksichtigt man zu empfehlende Portionsgrößen (z. B. 30 Gramm pro Tag), so ist hier insbesondere der hohe Gehalt von Vitamin E und der wertvollen Omega-3-Fettsäure, der Alpha-Linolensäure erwähnenswert.

Hirse und Hafer statt Quinoa

Quinoa stammt aus Südamerika. Die Samen werden ähnlich wie Reis zubereitet und eignen sich vor allem als Beilage.

Quinoa gehört mit Amaranth und Buchweizen zum sogenannten Pseudogetreide. Dies ähnelt zwar den bei uns häufiger verzehrten und bekannten Getreidearten, gehört aber nicht zur selben botanischen Gruppe.

Quinoa werden folgende Eigenschaften zugeschrieben:

  • Sie ist frei von Gluten und kann daher auch bei Zöliakie oder Glutensensitivität gegessen werden.
  • Quinoa enthält ähnlich viel Eiweiß wie Weizen und fast das Dreifache der essenziellen Aminosäure Lysin. Diese kann der Körper nicht selbst herstellen, sondern muss sie über die Nahrung aufnehmen.
  • Quinoa punktet mit mehr ungesättigten Fettsäuren als herkömmliche Getreidesorten wie Weizen, Dinkel oder Roggen.
  • Vitamine und Mineralstoffe wie Folsäure, Kalium, Eisen und insbesondere Vitamin B1 und Magnesium sind reichlich enthalten.

Quinoa scheint sich den Ruf als Superfood verdient zu haben. Aus Sicht des Bundeszentrums für Ernährung ist Quinoa und anderes Pseudogetreide „unbestritten ernährungsphysiologisch wertvoll“ und „eine gute Ergänzung für eine ausgewogene Ernährung“. Allerdings wurden in Quinoa auch immer wieder Stoffe nachgewiesen, die bei übermäßigem Verzehr gesundheitsschädlich werden können, darunter Gerbstoffe, Saponine, Phytate und Oxalate. 

Auch heimisches Superfood ähnelt Quinoa: Hafer und Hirse enthalten, im Vergleich zu anderen kohlenhydratreichen Beilagen wie Reis oder Nudeln, ebenfalls einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren. Beim Ballaststoffgehalt übertrifft Hafer die Quinoa sogar und Hirse enthält zudem mehr als die doppelte Menge Eisen als das Superfood aus Südamerika.

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Kürbis- und Sonnenblumenkerne statt Pinienkernen

Pinienkerne müssen nicht so weit zu uns reisen wie so manches andere Superfood: Sie werden vor allem im Süden Europas geerntet. Pinienkerne enthalten zwar viel Vitamin E, Selen sowie ungesättigte Fettsäuren. Doch die kleinen Kraftpakete sind auch recht teuer. Wer zu regionalen Alternativen greifen möchte, kommt daher oft günstiger weg: 

  • Kürbiskerne punkten mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren, viel Magnesium, Eisen und Zink. Ihre wichtigsten Wirkstoffe sind aber die Phytosterine. Sie gehören zu den bioaktiven Inhaltsstoffen, die den Cholesterinspiegel senken und Hautprobleme lindern sollen.
  • Sonnenblumenkerne enthalten ebenfalls ungesättigte Fettsäuren sowie nennenswerte Mengen an Vitamin E, B1 und Biotin. Wegen ihres hohen Gehalts an mehrfach ungesättigter Linolsäure sind sie zudem wertvoll für das Herz-Kreislauf-System.

Kamille statt Matcha

Matcha ist ein Pulver, das aus Grünteeblättern hergestellt wird. Er soll reichlich Antioxidantien und Eisen enthalten, was bisher jedoch nicht in Laboruntersuchungen nachgewiesen werden konnte. Das Superfood kann womöglich eher gesundheitsschädlich sein, denn Grüntee weist häufig Pestizidrückstände auf.

Kamille ist dagegen ein unbedenklicheres Superfood: Der Heilpflanze werden zahlreiche gesundheitsförderliche Wirkungen zugeschrieben. Die in der Kamille enthaltenen ätherischen Öle, wie dem Bisabolol, können dazu beitragen, Entzündungen zu hemmen und Krämpfe zu lindern.

Grünkohl – die Mineralstoffquelle

Grünkohl ist ein heimisches Gemüse, das sich die Auslobung „Superfood“ verdient hat. Wie andere Kohlsorten und grünes Gemüse (z. B. Brokkoli und Rucola) punktet das Wintergemüse mit wertvollen Inhaltsstoffen. Die Vitamine A, C, K und B2 sind reichlich enthalten. Zudem ist Grünkohl eine günstige Quelle für Calcium, Magnesium und Kalium. Das ballaststoffreiche Kohlgemüse kann insbesondere im Winter die ausgewogene Ernährung bereichern.

Sauerkraut – deutsches Superfood

Bei Sauerkraut handelt es sich um die fermentierte Form von Weißkohl. Mikroorganismen – vor allem Milchsäurebakterien – vergären den im Kohl enthaltenen Zucker zu Milchsäure. Durch den Verzehr von Sauerkraut erreichen die Milchsäurebakterien den Darm und entfalten dort zahlreiche positive Wirkungen. Sie: 

  • fördern die Darmbewegungen
  • schützen vor krankmachenden Keimen
  • stärken die Darmschleimhaut 

Sind einheimische Superfoods gute Alternativen?

Deutsche Superfood-Alternativen können bezüglich der gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffe genauso punkten wie die viel beworbenen Trendlebensmittel aus fernen Ländern. Die aufgeführten heimischen Lebensmittel sind wahre Nährstoffpakete und können eine ausgewogene Ernährung mit wertvollen Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen, sekundären Pflanzenstoffen, Proteinen und ungesättigten Fettsäuren bereichern. Hinzu kommt, dass die regionalen Superfoods zu einer nachhaltigeren Ernährung beitragen.

Eine gesunde Ernährung bedient sich an der gesamten Lebensmittelpalette, die durch Superfood-Lebensmittel ergänzt werden kann. Letztere haben aufgrund ihres Nährstoffgehalts einen hohen gesundheitlichen Nutzen. Dennoch sind sie, entgegen vielen Annahmen und Werbeversprechen, nicht zur Behandlung schwerer Erkrankungen geeignet.

In einer ausgewogenen Ernährung, kommt es allerdings weniger auf einzelne Superfoods oder Inhaltsstoffe an. Wer sich pflanzenbetont ernährt, täglich Vollkorn und/oder daraus hergestellte Produkte und eine bunte Auswahl an Gemüse verzehrt, kann den Körper mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen versorgen. Notwendig sind einzelne kostspielige, importierte Superfoods daher nicht. Eine nachhaltige und klimafreundliche Alternative ist das heimische Superfood allemal, um den Speiseplan zu ergänzen.

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