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Selbstliebe: Sechs Übungen für jeden Tag

Lesedauer unter 9 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Martin Waitz (Arzt, medproduction GmbH)

Lieben, schätzen und akzeptieren wir uns möglichst uneingeschränkt, kann das unser Leben auf vielen Ebenen bereichern: Es hilft bei Problemen und Veränderungen, stärkt die Resilienz und verbessert die Beziehung zu anderen Menschen. Doch: Sich in seiner Gesamtheit wertzuschätzen scheint für viele Menschen nicht leicht zu sein. Dabei ist es ziemlich einfach, Selbstliebe zu lernen. Diese sechs Selfcare-Übungen zeigen, wie es geht.

„Was denken die anderen wohl über mich?“, „Meine Haare gehen ja gar nicht - wie ich nur wieder aussehe!“, „Wäre ich nur auch so entspannt, klug, hübsch wie die Menschen hier.“, „Das war jetzt aber voll peinlich, ich hätte ruhig etwas souveräner sein können!“… Hand hoch, wer solche selbstkritischen Sätze auch ab und zu denkt! Richtig, fast jeder von uns.

Es ist wirklich manchmal nicht nett und liebevoll, wie wir mit uns selbst sprechen und wie wir über uns denken. Wir werten uns ab, machen uns klein und überschütten uns mit Vorwürfen. Denn sich selbst zu lieben, ist eine große Herausforderung. Dabei klingt es im Prinzip so einfach:

Sich selber zu lieben bedeutet, sich möglichst wohlwollend zu betrachten und sich um sich selbst zu kümmern – egal, wie man sich in diesem Moment fühlt oder was um einen herum gerade los ist. 

Selbstliebe ist kein Egoismus

Eigenliebe, Selbstliebe – das klingt egoistisch, vielleicht sogar narzisstisch. Es erscheint vermessen, sich so wichtig zu nehmen. Doch das ist es absolut nicht! Denn Selbstliebe ist kein Egoismus und auch kein Narzissmus. Denn Egoistinnen und Egoisten haben ganz andere Persönlichkeitsmerkmale: Sie sind etwa nur auf ihre eigenen Vorteile bedacht, nutzen dafür andere aus und geben wenig bis nichts zurück. Bei narzisstischen Menschen dagegen muss man zwischen „Narzissmus“ und der Diagnose „narzisstische Persönlichkeitsstörung“ unterscheiden: Während Narzissmus meist nur eine übertriebene Selbstbezogenheit bezeichnet, zeigt sich die Persönlichkeitsstörung vor allem dadurch, dass andere Menschen aus einer überhöhten Selbstbewunderung heraus grundsätzlich abgewertet werden und der Narzisst oder die Narzisstin für sich selbst besondere Privilegien beanspruchen. Auf Kritik reagieren die Betroffenen empfindlich bis aggressiv und suchen zwanghaft Bestätigung von außen. 

Mit Selbstliebe hat das alles nichts zu tun. Stattdessen profitieren wir sehr davon, wenn wir uns genauso mögen und akzeptieren, wie wir sind. Neben dem Selbstwert (Wie bewerte ich mich, wie schätze ich mich ein, welche Anerkennung bekomme ich von außen?) ist dabei vor allem das Selbstmitgefühl entscheidend (Wie wohlwollend gehen wir mit uns um, gerade wenn es mal nicht so gut läuft?).

Selbstliebe kann bedeuten:

  • die eigenen Stärken wertschätzen
  • die Schwächen akzeptieren
  • sich selbst reflektieren 
  • seine eigenen Bedürfnisse erkennen
  • sich Gutes tun

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Warum ist Selbstliebe wichtig?

Wie psychische Belastung und subjektives Wohlbefinden zusammenhängen, zeigt die „Self-Compassion Scale“. Diese Skala hat die Psychologin Dr. Kristin Neff von der University of Texas entwickelt. Seit rund zwanzig Jahren forscht die Wissenschaftlerin zum Thema Selbstliebe. Unter anderem entdeckte die Expertin, dass selbstbezogenes Mitgefühl in Form von Empathie für sich die emotionale Widerstandskraft und das Wohlbefinden steigert. Sie fand zudem heraus, dass selbstbezogenes Mitgefühl Ängste und Depressionen lindert. Und: Menschen, die sich selbst lieben, grübeln weniger und gehen mit unangenehmen Emotionen, Schwächen und Misserfolgen konstruktiv um. 

Auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie wurde Selbstliebe erforscht – denn in dieser entbehrungsreichen, oft einsamen Zeit war sie wichtiger als jemals zuvor: Eine Studie der türkischen Yildiz Technical University zeigte, dass Selbstmitgefühl auch gegen die Angst vor COVID-19 und andere Unsicherheiten hilft – es macht die Menschen also stärker und widerstandsfähiger. 

Selbstliebe stärkt auch die Beziehung zu anderen Menschen

Einfühlsam mit sich selbst umzugehen, legt also die Basis für ein glückliches Leben: Wir schaffen damit Probleme leichter vom Tisch, kommen besser mit Veränderungen und Unwägbarkeiten klar. Wir sind insgesamt besser gewappnet für alles, was das Leben so für uns bereithält.

Aber Selbstmitgefühl und Selbstliebe bringen uns auch im Umgang mit anderen Menschen weiter. Studien zeigen, dass ein selbstbezogenes Mitgefühl mit besseren zwischenmenschlichen Beziehungen einhergeht. Mit einer guten Portion Liebe zu uns selbst im Herzen haben wir vielleicht seltener das Bedürfnis, uns aufwerten zu müssen, indem wir andere abwerten. Auf diese Weise sehen wir die Menschen um uns herum automatisch in einem besseren, wohlwollenderen Licht und sind großzügiger mit Komplimenten. Jemanden verändern oder für die eigenen Fehler verantwortlich machen wollen? Nicht mehr nötig. 

Und noch ein möglicher positiver Effekt: Wer mit sich im Reinen ist, zieht so viel Kraft aus dem eigenen Leben, dass sie oft als Inspiration für andere reicht. Wir werden also nicht nur zu angenehmeren Liebens- und Lebensmenschen, sondern auch zu besseren Freundinnen und Freunden.

Selbstliebe: So kann man sie lernen

Kann man Liebe für sich selbst lernen und sich antrainieren? Oh ja! Weil wir es selbst in der Hand haben: „Die Forschung zeigt, dass wir unser Selbstmitgefühl erhöhen können, je öfter wir uns darin üben, freundlich und mitfühlend mit uns selbst zu sein“, schreibt Expertin Kristin Neff.  

Mit den folgenden sechs Übungen kann also jeder Mensch zum Personal Coach für sein eigenes Ich werden – und sich selber lieben lernen. 

Selbstliebe kann man lernen: Mit diesen Tipps und Übungen gehen Sie einfühlsamer mit sich um.

Selbstliebe kann man lernen: Mit diesen Tipps und Übungen gehen Sie einfühlsamer mit sich um.

Übung 1: Affirmationen für Selbstliebe nutzen 

Ermutigende, positiv formulierte Sätze werden auch Mantras oder Affirmationen genannt – und können eine enorme Wirkung auf unsere Selbstliebe haben: Sie können Sorgen und Ängste ersetzen und damit das Gehirn ein Stück umprogrammieren. Warum? Weil der Kopf auf Erwartungen reagiert: Stellen wir ihm etwas Positives in Aussicht, will es diesen schönen Geisteszustand auch erreichen. Zudem aktivieren positive Affirmationen das Belohnungszentrum im Gehirn, was ebenfalls dabei helfen kann, ein positives Selbstbild zu erschaffen oder zu halten. Am hilfreichsten ist es, die Hürde in etwas Wertschätzendes zu verwandeln. 

Wen etwa regelmäßig Selbstzweifel plagen, der sollte sich jeden Morgen nach dem Aufstehen das Gegenteil sagen, etwa „Ich bin genug“ oder „Ich bin genau richtig, wie ich bin.“ Regelmäßig geübt, vermittelt einem das Gehirn nach einiger Zeit zuverlässig das zugehörige positive Gefühl. 

Übung 2: Sich selbst eine gute Freundin, ein guter Freund sein 

Freundinnen und Freunden gegenüber sind wir oft sehr verständnisvoll, haben immer ein tröstendes Wort übrig. Wir finden häufig sogar deren Macken und Launen liebenswert. Doch sobald es um uns geht, sind wir hart und ungerecht. Deshalb öffnet ein Perspektivenwechsel oft das Herz für sich selbst: Was würden wir jetzt einer guten Freundin oder einem guten Freund sagen? Würden wir ihr oder ihm jetzt bissige Kommentare mit auf den Weg geben oder würden wir uns lieber verständnisvoll und mitfühlend äußern? 

Genau – das ist, was man auch sich selbst jetzt innerlich mit auf den Weg geben sollte. Hilfreich ist zu überlegen, welche Einflüsse oder Ängste der Grund dafür sind, dass man mit sich anders umgeht als mit einem lieben Mitmenschen. Dann sollte man sich innerlich in den Arm nehmen, etwa so: „Ich weiß, dass du dich für diesen Fauxpas schämst. Aber das musst du nicht. Fehler machen gehört zum Menschsein dazu. Und das doofe Gefühl geht vorüber. Schon in ein paar Stunden wird es dir besser gehen, ganz sicher.“ 

Übung 3: Vergleichen nur mit dem eigenen Ich

Vor allem das falsche Idealbild vermeintlich perfekter Leben anderer Menschen, wie wir es in der Werbung oder in sozialen Medien vorgesetzt bekommen, macht Druck und löst oftmals FOMO, also fear of missing out, in uns aus. Zumal wir generell dazu tendieren, die Stärken anderer mit unseren Schwächen zu vergleichen. Das ist per se total unfair uns selbst gegenüber. Deshalb sollte man sich immer wieder bewusst machen: Vergleiche sind nur dann okay, wenn man mit sich selbst Parallelen zieht – zu der Person also, mit der man jede Sekunde seines Lebens verbringt und mit der man die wichtigste Liebesbeziehung des Lebens führt. 

Dazu sollte man sich am besten schriftlich folgende Fragen beantworten:

  • Entwicklung: Was konnte ich einst nicht, habe es inzwischen aber gelernt? Was hat mir früher Angst gemacht, heute nicht mehr? Welche Träume habe ich realisiert?
  • Stärken: Welche Charaktereigenschaften, Talente und Qualifikationen habe ich? Welche Dinge gehen mir leicht von der Hand?
  • Sternstunden: In welcher Situation war ich besonders mutig? Welche Krise habe ich zielführend, erfolgreich gelöst? Worauf bin ich stolz? 

Übung 4: Über Fehler sprechen

Jeder Mensch macht Fehler und hat vermeintliche Schwächen. Jeden plagen Ängste, Sorgen, Selbstzweifel. Nur leider sprechen die wenigsten Menschen darüber und geben diese offen zu. Fangen wir einfach an! Die anderen werden nachziehen und wir merken: Geht ja allen so. Damit verlieren diese Themen gewaltig an Macht und Schwere. Auf keinen Fall sollte man sich verurteilen, wenn etwas schiefgelaufen ist, sondern seine Schwächen und Fehler akzeptieren – und versuchen, daraus etwas zu lernen, indem man sich fragt: Was könnte man das nächste Mal anders machen, damit es nicht wieder zu einer solchen Situation kommt? 

Übung 5: Den Body bewundern

Den eigenen Körper zu normalisieren und mit Wohlwollen zu betrachten, empfinden viele als sehr befreiend. Denn die wenigsten Menschen sind wirklich so schlank und straff, wie zum Beispiel die Fitness-Influencer auf Instagram. Die „Body Positivity“-Bewegung propagiert genau das: Alle Körper sind gute Körper. Diese neue Sichtweise muss man natürlich erst lernen. Wie das geht? Den Fokus auf die Dinge lenken, die man an sich mag. Sich vor Augen führen, wie schön sich diese Zufriedenheit und Bewunderung für den eigenen Körper anfühlt. Und diese positive Empfindung auch allen anderen Elementen schenken, gerade, wenn man sie nicht so gerne mag – von den Haarspitzen bis zu den Fußsohlen. Schließlich sorgt jedes einzelne Körperteil dafür, dass unser Body in seiner Gesamtheit funktioniert. Und dafür können wir wirklich dankbar sein.

Übung 6: Dankbarkeitstagebuch führen

Mindestens eine Woche lang sollte man jeden Abend aufschreiben, welche drei Dinge an diesem Tag schön waren, was gut geklappt hat und wofür man dankbar ist: Das macht klar, wie gut das Leben eigentlich ist – es stellt die positiven Seiten heraus und blendet die negativen für einen Augenblick aus. 

Am besten zusätzlich notieren, welchen Anteil man selbst an dem tollen Erlebnis hatte: „Die Sonne hat mich gewärmt – weil ich mich für einen Spaziergang aufgerafft habe, obwohl ich eigentlich nicht so gut drauf war und keine Lust hatte.“ So kann man die positive Wahrnehmung üben. Sie stärkt das Vertrauen in sich selbst und macht einem bewusst, welchen großen Einfluss man selbst auf sein Leben hat – und zeigt, wie schön es ist, sich selbst zu lieben und wertzuschätzen. 

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