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Herzmuskelentzündung (Myokarditis): Ursachen, Symptome und Behandlung

Lesedauer

unter 9 Minuten

Redaktion

  • Janes Efing (Medical Writer, Content Fleet GmbH)

Qualitätssicherung

  • Jannis Stange (Assistenzarzt – Schwerpunkt Innere Medizin/Kardiologie)

Herzmuskelentzündungen bleiben oft unerkannt und können fatale Folgen haben. Ein großer Teil der plötzlichen Herztode bei Sporttreibenden unter 35 Jahren geht auf diese Erkrankung zurück, oftmals ausgelöst durch verschleppte Virusinfekte. Die meisten Herzmuskelentzündungen verlaufen jedoch mild. Das Wichtigste für Betroffene: körperliche Schonung.

Auf einen Blick

  • Symptome: Die Bandbreite der möglichen Symptome ist groß. Während viele Herzmuskelentzündungen nahezu symptomlos verlaufen und nach einigen Wochen von selbst ausheilen, können auch lebensbedrohliche Komplikationen wie eine Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen auftreten.
  • Ursachen: Als Ursache für die Erkrankung kommen infektiöse und nicht infektiöse Auslöser infrage. Am häufigsten sind Viren für eine Herzmuskelentzündung verantwortlich – insbesondere, wenn ein vorausgegangener Virusinfekt nur unzureichend auskuriert wurde.
  • Diagnose: Ein kürzlich durchgemachter Infekt in Kombination mit möglichen Symptomen legt den Verdacht einer Herzmuskelentzündung nahe. Eine Reihe von Verfahren können diesen Verdacht erhärten, unter anderem ein EKG und Blutuntersuchungen. Eine Bestätigung ist nur mittels Gewebeprobe (Myokardbiopsie) möglich.
  • Therapie: Die Mehrheit der Herzmuskelentzündungen bedarf keiner spezifischen Behandlung und heilt nach einigen Wochen von selbst aus. Schwerwiegendere Komplikationen wie eine Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen werden medikamentös behandelt. Besonders schwere Verläufe bedürfen einer intensivmedizinischen Betreuung.
  • Vorsorge: Um einer Herzmuskelentzündung vorzubeugen, ist vor allem eines wichtig: Das sorgfältige Auskurieren von Infekten. Nach einer Erkrankung sollten Betroffene nicht zu schnell wieder mit dem Sport anfangen.

Älterer Mann auf Sofa mit schmerzverzerrtem Gesicht fasst sich ans Herz

Männer sind deutlich häufiger von einer Herzmuskelentzündung betroffen als Frauen. Mögliche erste Anzeichen für eine Myokarditis sind Müdigkeit, Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen.

Herzmuskelentzündung: Was hat es damit auf sich?

Das Herz hat die Aufgabe, Blut durch den Körperkreislauf zu pumpen und so die Sauerstoffversorgung aller Organe sicherzustellen. Das Zusammenziehen des Herzens (Kontraktion) und damit seine Pumpfunktion wird durch den Herzmuskel gewährleistet (fachsprachlich Myokard genannt).

Wie andere Körpergewebe kann sich auch das Gewebe des Herzmuskels entzünden – in der Medizin ist in diesem Fall die Rede von einer Myokarditis. Eine solche Herzmuskelentzündung kann bei Menschen jeden Alters auftreten. Sie wird jedoch vor allem bei Erwachsenen zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr festgestellt. Männer sind deutlich häufiger betroffen als Frauen.

Eine Herzmuskelentzündung betrifft in der Regel den gesamten Herzmuskel. Weitet sich die Entzündung auf den umliegenden Herzbeutel (Perikard) aus, ist die Rede von einer Perimyokarditis. Eine Herzmuskelentzündung kann weitestgehend symptomlos verlaufen, aber auch lebensbedrohliche Komplikationen zur Folge haben.

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Welche Ursachen kann eine Herzmuskelentzündung haben?

Verschiedene Ursachen kommen für eine Herzmuskelentzündung infrage. Sie lassen sich in infektiöse und nicht infektiöse Auslöser unterteilen.

Infektiöse Ursachen 

In den meisten Fällen treten Herzmuskelentzündungen nach einer infektiösen Erkrankung auf, beispielsweise nach einem grippalen Infekt. Über das Blut gelangen die Erreger zum Herzen und können dort die Herzmuskelzellen befallen. In der Folge kommt es im Rahmen einer Immunreaktion zur Entzündung des Herzmuskels. Das ist häufig der Fall, wenn ein Infekt nicht richtig auskuriert und der Körper nur unzureichend geschont wurde.

Die Herzmuskelzellen können von jeder Art von Erreger befallen werden. Im europäischen Raum gelten Virusinfektionen als häufigste Ursache für eine Herzmuskelentzündung. Schätzungsweise die Hälfte aller Fälle geht auf eine Virusinfektion zurück. Virale Erreger, die zu einer Herzmuskelentzündung führen können, sind beispielsweise:

Auch das Coronavirus SARS-CoV-2 kann den Herzmuskel befallen und eine Myokarditis auslösen.

Die Entzündung des Herzmuskels ist eine Abwehrreaktion des körpereigenen Immunsystems auf den Erreger. Gleichzeitig ist die Entzündung hauptverantwortlich für Gewebeschädigungen und damit schwerere Komplikationen im Rahmen einer Myokarditis, da Immunzellen das befallene Herzmuskelgewebe angreifen. Zusätzlich können die Krankheitserreger die Herzmuskelzellen direkt schädigen.

In seltenen Fällen – vor allem in Entwicklungsländern – können auch Infektionen mit Bakterien, Parasiten oder Pilzen eine Herzmuskelentzündung auslösen.

Nicht infektiöse Ursachen

Manche Herzmuskelentzündungen lassen sich auf nicht infektiöse Ursachen zurückführen. Zu den nicht infektiösen Auslösern zählen unter anderem:

  • Verschiedene Autoimmunerkrankungen, zum Beispiel rheumatoide Arthritis oder kardiale Sarkoidose
  • Bestimmte Medikamente, zum Beispiel Krebsmedikamente oder Antipsychotika, und Impfungen 
  • Alkohol- oder Drogenkonsum
  • Bestimmte toxische Substanzen, zum Beispiel Insektengifte oder Schwermetalle
  • Andere Schädigungen des Herzens, zum Beispiel durch Bestrahlung oder Operationen

In seltenen Fällen können Medizinerinnen und Mediziner keine genaue Ursache für eine Herzmuskelentzündung ausmachen. Sie sprechen in diesem Zusammenhang von einer idiopathischen Myokarditis.

Barmer Doc Sebastian: Ist eine Herzmuskelentzündung gefährlich?

Barmer Doc Sebastian erklärt, welche Symptome bei einer Herzmuskelentzündung auftreten und mit welchen Verhaltensweisen die Krankheit vermieden werden kann.

Symptome einer Herzmuskelentzündung: Wie äußert sie sich?

Das Wichtigste vorweg: Die Mehrheit aller Herzmuskelentzündungen verläuft asymptomatisch oder mit nur leichten Beschwerden. Die Diagnose erfolgt in diesen Fällen meist nur zufällig.

Verschiedene Verlaufsformen der Myokarditis

Bei einer neu auftretenden (akuten) Herzmuskelentzündung unterscheidet die Medizin zwischen fulminanten und nicht fulminanten Verläufen. Beim fulminanten Verlauf entwickeln sich die Symptome rasch und können lebensbedrohliche Ausmaße annehmen. Bei der nicht fulminanten Form sind die Symptome in der Regel milder ausgeprägt. Diese seichtere Verlaufsform tritt deutlich häufiger auf.

Eine Herzmuskelentzündung kann sich durch verschiedene Anzeichen und in unterschiedlicher Stärke äußern – charakteristische Symptome gibt es jedoch nicht, was die Diagnose in vielen Fällen erschwert und verzögert. Die anfänglichen Symptome erinnern häufig an den ursächlichen Infekt und sind sehr unspezifisch. Handelt es sich um eine infektiöse Myokarditis, treten die Symptome meist kurz nach dem durchgemachten Infekt auf. Mögliche erste Anzeichen für eine Myokarditis sind:

Herzmuskelentzündung: Mögliche Anzeichen bei Kindern

Zwar sind Herzmuskelentzündungen bei Kindern eher selten, doch auch unsere Kleinsten können an einer Myokarditis erkranken. Das gilt insbesondere, wenn sie verhältnismäßig oft von Infektionskrankheiten wie grippalen Infekten oder Magen-Darm-Infekten betroffen sind.

Mögliche Anzeichen einer Herzmuskelentzündung bei Neugeborenen und Kleinkindern sind hohes Fieber, allgemeine Antriebslosigkeit, Schwitzen sowie ein schlechtes Trinkverhalten. Auch Bauch- und Muskelschmerzen fallen unter die möglichen Beschwerden.

Je nach Verlauf und Ursache können weitere, schwerwiegende Symptome hinzukommen. Einige Betroffene zeigen Zeichen einer zunehmenden Herzschwäche – von Fachleuten auch als Herzinsuffizienz bezeichnet. Dabei ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Blut beziehungsweise Sauerstoff zu versorgen.

Typische Folgen sind Beschwerden wie Atemnot – vor allem bei körperlicher Belastung – oder Wassereinlagerungen (Ödeme) an verschiedenen Körperstellen. Insbesondere beim fulminanten Verlauf kann eine intensivmedizinische Behandlung notwendig sein. Sinkt die Pumpleistung des Herzens auf ein kritisches Niveau, kann ein Stillstand des Herz-Kreislauf-Systems die Folge sein.  Ohne Wiederbelebung führt ein Herz-Kreislauf-Stillstand zum Tod.

Darüber hinaus kann es in jedem Stadium der Erkrankung zum Neuauftreten von Herzrhythmusstörungen kommen, beispielsweise in Form von Herzstolpern (Palpitationen) oder Herzrasen (Tachykardie). Herzrhythmusstörungen sind in schlimmen Fällen lebensbedrohlich und können zum plötzlichen Herztod führen. Bei 10 Prozent aller Menschen bis 35 Jahre, die an einem plötzlichen Herztod versterben, ist eine Myokarditis die Ursache.

Eine Herzmuskelentzündung kann chronisch werden

Gelingt es dem Immunsystem nicht, den Auslöser einer akuten Myokarditis rechtzeitig und gänzlich zu beseitigen, besteht das Risiko, dass die Erkrankung anhält, also chronisch wird. Die andauernde Entzündung kann das Herz irreversibel schädigen. Bei einigen Betroffenen kommt es in der Folge zur sogenannten dilatativen Kardiomyopathie, einer krankhaften Erweiterung des Herzmuskels, insbesondere der linken Herzkammer. Sie geht mit einer fortschreitenden und unumkehrbaren Herzinsuffizienz einher, die einer langfristigen Behandlung bedarf.

Diagnose Herzmuskelentzündung: Wie wird die Krankheit festgestellt?

Da insbesondere die anfänglichen Symptome einer Herzmuskelentzündung sehr vielseitig und unspezifisch sind, kann die Diagnosestellung für Ärztinnen und Ärzte herausfordernd sein. Bei Verdacht auf eine Myokarditis erfolgen typischerweise verschiedene Untersuchungen, um die Diagnose zu bestätigen:

  • Anamnese und körperliche Untersuchung: Bei der Anamnese wird die Krankengeschichte der Patientin oder des Patienten erfragt. Dabei berücksichtigt die Ärztin oder der Arzt vor allem kürzlich durchgemachte Infekte, aber auch eine familiäre Vorbelastung, etwaige Vorerkrankungen und die Einnahme bestimmter Medikamente. Durch eine ergänzende körperliche Untersuchung lassen sich beispielsweise auffällige Herztöne oder atemabhängige Schmerzen im Brustbereich feststellen.
  • Elektrokardiogramm (EKG): Mittels EKG kann die elektrische Aktivität des Herzmuskels gemessen werden. Das erlaubt Rückschlüsse auf die Herzschlagfrequenz und -regelmäßigkeit. Außerdem kann die Entstehung und Ausbreitung der elektrischen Aktivität des Myokards ermittelt werden. Auffälligkeiten weisen womöglich auf eine bestehende Myokarditis hin, können sie jedoch nicht mit Sicherheit bestätigen.
  • Labordiagnostik: Die Erhöhung bestimmter Blutwerte kann ebenfalls auf eine Herzmuskelentzündung hinweisen. Das trifft beispielsweise auf bestimmte Eiweißstoffe (Proteine) im Blut zu. Auch die Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) ist bei einer Myokarditis häufig erhöht – Fachleute sprechen von einer Leukozytose. Eine Blutuntersuchung liefert allerdings nur einen Anhaltspunkt für eine bestehende Myokarditis, sie kann die Krankheit nicht sicher nachweisen.
  • Bildgebende Verfahren: Verschiedene bildgebende Verfahren können bei der Diagnose einer Herzmuskelentzündung unterstützen. Dazu gehört die Echokardiografie – eine Ultraschalluntersuchung des Herzens. Damit können Ärztinnen und Ärzte nicht entzündliche Herzerkrankungen ausschließen und das Ausmaß einer möglichen Herzschwäche abschätzen. Darüber hinaus ermöglicht eine Magnetresonanztomografie (MRT) eine strukturelle und funktionelle Analyse des Herzens und liefert Hinweise auf eine mögliche Myokarditis. Eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs (Röntgen-Thorax) wird ebenfalls in manchen Fällen angewandt.
  • Myokardbiopsie: Bei der Myokardbiopsie wird eine kleine Menge des Herzmuskelgewebes entnommen. Diese Gewebeprobe wird im Labor untersucht. Dies ist das einzige Verfahren, mit dem eine Herzmuskelentzündung zweifelsfrei bestätigt oder ausgeschlossen werden kann. Da die Myokardbiopsie gewisse Risiken birgt, kommt sie jedoch nur in schweren Fällen oder bei Verdacht auf speziell therapierbare Ursachen zum Einsatz.

Herzmuskelentzündung: Bei Verdacht sofort in die Praxis

Wenn Sie Anzeichen für eine Herzmuskelentzündung bemerken, sollten Sie diese umgehend ärztlich untersuchen lassen. Erste Anlaufstelle ist die Hausarztpraxis. Mit der Barmer Arztsuche finden Sie Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner in Ihrer Nähe.

Barmer Arztsuche

Wie wird eine Herzmuskelentzündung behandelt?

Eine Herzmuskelentzündung heilt in der Mehrzahl der Fälle innerhalb einiger Wochen von selbst vollständig aus und erfordert keine spezifische Behandlung.

Das Wichtigste: strikte körperliche Schonung. Betroffene sollten Sport und andere körperliche Belastungen für mindestens sechs Monate zwingend vermeiden. Nur so können sie das Herz vor Überlastung schützen und gefährliche Komplikationen vermeiden – von der Herzinsuffizienz über Herzrhythmusstörungen bis hin zum plötzlichen Herztod. In Einzelfällen kann die Ärztin oder der Arzt eine frühere Freigabe für Sport und andere körperliche Anstrengungen erteilen, wenn der Erkrankungsverlauf dies zulässt.

Prävention: Einer Herzmuskelentzündung vorbeugen

Die wichtigste Maßnahme, um einer Herzmuskelentzündung vorzubeugen, ist das sorgfältige Auskurieren von Infekten. Vermeiden Sie im Krankheitsfall körperliche Anstrengung und steigern Sie sportliche Aktivitäten langsam und erst nach vollständiger Genesung.

Bestimmte Erreger einer infektiösen Myokarditis behandelt Ihre Ärztin oder Ihr Arzt gegebenenfalls mit Medikamenten, um die Keime vollständig zu eliminieren und Rückfälle zu vermeiden.

Bei schwerwiegenderen Symptomen wie einer Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen können Medikamente zum Einsatz kommen. Sie sollen das Herz in seiner Funktion unterstützen und eine Verschlimmerung der Komplikationen verhindern. Darüber hinaus können Medizinerinnen und Mediziner, je nach Ursache, auf weitere Medikamente zurückgreifen, zum Beispiel antivirale Mittel oder Immunsuppressiva, also Wirkstoffe, die das Immunsystem unterdrücken. Bei einigen Formen der Herzinsuffizienz ist die Implantation eines speziellen Herzschrittmachers mit Defibrillatorfunktion sinnvoll.

Besonders schwere Krankheitsverläufe, bei denen sich der Zustand der Betroffenen rasch verschlechtert (fulminante Myokarditis), erfordern unter Umständen eine intensivmedizinische Behandlung. Schließlich kann eine Herzinsuffizienz zunehmend voranschreiten und das Herz damit dauerhaft nicht mehr in der Lage sein, seiner Funktion nachzukommen. Mögliche Folge: Die Herzfunktion muss mechanisch unterstützt werden. Manchmal ist sogar eine Herztransplantation notwendig. Beides ist aber nur sehr selten der Fall.

Eine Myokarditis kann sich unter Umständen zu einer sehr langwierigen Erkrankung entwickeln. Bis zur vollständigen Erholung können Monate oder sogar Jahre vergehen. Daher überwachen Medizinerinnen und Mediziner den Krankheitsverlauf ihrer Patientinnen und Patienten nach der Diagnose engmaschig. Auch nach der Ausheilung ist es für Betroffene wichtig, regelmäßig an Nachuntersuchungen teilzunehmen, um mögliche Spätfolgen frühzeitig zu erkennen.