Jährlich erkranken in Deutschland fast 30.000 Menschen an einem sogenannten Harnblasenkarzinom. Davon sind etwa 22.400 Männer und etwa 7.100 Frauen. Männer erkranken also in etwa dreimal häufiger als Frauen an Blasenkrebs. Das durchschnittliche Erkrankungsalter von Männern liegt bei 74 Jahren, Frauen erkranken im Durchschnitt mit 77 Jahren.
Ein Harnblasenkarzinom ist ein bösartiger Tumor. Er entsteht meist in der Blasenschleimhaut, der innersten Schicht der Blase. Wenn die Erkrankung nicht entdeckt wird, kann das Karzinom auch in tiefere Schichten der Blase vordringen und sich über die Blase hinweg auch in benachbartes Gewebe ausbreiten.
Einzelne Krebszellen können sich vom Tumor ablösen und über die Blut- und Lymphbahnen weiter im Körper verteilen. Daher hängen die Heilungschancen davon ab, in welchem Stadium der Krebs entdeckt und behandelt wird. Bei etwa 75 Prozent der Patienten wird das Karzinom in einem frühen Stadium diagnostiziert. Die Prognose ist in diesen Fällen sehr gut. Doch auch bei einem fortgeschrittenen Harnblasenkarzinom gibt es seit einiger Zeit eine neue Therapiemöglichkeit. Dabei handelt es sich um die Immuntherapie mit sogenannten Checkpoint-Inhibitoren, die im Gegensatz zu der Chemo- und Strahlentherapie zielgerichteter wirkt.
Formen und Stadien von Blasenkrebs
Generell unterscheidet man zwischen dem oberflächlichen, nicht-muskelinvasiven Blasenkrebs und einem Tumor, der bereits in die Muskulatur der Blase eingewachsen ist (muskelinvasiv) oder auf andere Organe übergegriffen hat. Etwa drei Viertel der Patienten weisen einen nicht-muskelinvasiven und etwa ein Viertel der Patienten einen muskelinvasiven Tumor auf.
Der Tumor wird nach seiner Entwicklung in Stadien eingeteilt. Für diese Einteilung ist die Größe des Tumors, die Frage nach befallenen Lymphknoten und bereits vorhandene Metastasen entscheidend. Die Einteilung erfolgt nach der TNM-Klassifikation – eine international gültige Klassifikation für Ärzte. Sie spiegelt die unterschiedlichen Schweregrade hinsichtlich der Ausdehnung des Primärtumors (T), des Lymphknotenbefalls (N) und eventueller Metastasen (M). Die Abkürzung T bezieht sich auf den Ursprungstumor (Primärtumor). N beschreibt, ob regionäre Lymphknoten (Nodes) befallen sind. M beschreibt, ob Metastasen festgestellt wurden. Diesen Buchstaben sind jeweils Ziffern von 0 bis 4 und die Buchstaben „a“, „b“ und „is“ zugeordnet. Diese Ziffern und Buchstaben geben an, wie weit die Ausbreitung des Tumors vorangeschritten ist.
Ein nicht-muskelinvasiver Blasenkrebs wird in folgende Stadien eingeteilt:
- T0 = Es gibt keinen Nachweis für einen Primärtumor;
- Ta = Es handelt sich um ein warzenförmiges Karzinom, das nicht in die Tiefe eingedrungen ist;
- Tis = Der Tumor ist lokal begrenzt. Er betrifft die oberste Schicht der Schleimhaut (is = in situ) und wird auch als „Carcinoma in situ“ bezeichnet;
- T1 = Der Tumor dringt in das unter der Schleimhaut gelegene Bindehautgewebe ein.
Bei einem muskelinvasiven Blasenkrebs wird die Einteilung der Stadien wie folgt fortgeführt:
- T2 = Der Tumor dringt in die Muskulatur ein. Hier unterscheidet man zwischen „T2a = oberflächlich“ und „T2b = tief“;
- T3 = Der Tumor breitet sich auf das umliegende Fettgewebe aus;
- T4 = Der Tumor befällt Nachbarorgane. T4a = Vorsteherdrüse (Prostata), Samenbläschen, Gebärmutter oder Scheide (Vagina); T4b = Becken- oder Bauchwand.
N in Verbindung mit den Ziffern 0 bis 3 bezieht sich auf das Vorkommen regional befallener Lymphknoten (kein Befall oder Befall in einer beziehungsweise in mehreren Lymphknotenregionen). Die Ziffern stehen dabei für die betroffenen Lymphknotengebiete, und nicht für Anzahl der Lymphknoten. Bei M gibt es nur die Einteilung M0 = keine Fernmetastasen und M1 = Fernmetastasen.
Ursachen, Risikofaktoren und Symptome
Es gibt verschiedene Faktoren, die die Entstehung von Krebs in der Blase begünstigen können:
- Tabakkonsum: 30 bis 70 Prozent aller Blasenkrebserkrankungen sind auf das Rauchen zurückzuführen. Rauchen gilt somit als größter Risikofaktor. Viele der im Zigarettenrauch enthaltenen Substanzen wirken krebserregend: Diese Schadstoffe gehen beim Rauchen ins Blut über und werden schließlich von der Niere aus dem Blut herausgefiltert. Mit dem Urin gelangen die Schadstoffe in die Blase und schädigen das Organ, bis sie mit dem Urin wieder ausgeschieden werden.
- Kontakt zu krebserregenden chemischen Substanzen: Manche Berufsgruppen sind bestimmten chemischen Stoffen ausgesetzt, die das Blasenkrebsrisiko erhöhen. Darunter fallen zum Beispiel Beschäftigte in der Textil- und Farbindustrie sowie in der chemischen Industrie. Hier ist der Blasenkrebs als Berufskrankheit anerkannt.
- Chronische Harnblaseninfektionen: Ausgelöst durch wiederkehrende Harnwegsinfektionen, Blasensteine oder das Tragen eines Dauerkatheters können sie Risikofaktoren für ein Blasenkarzinom sein.
- Einnahme von Medikamenten: Bestimmte Medikamente können das Risiko für Blasenkrebs erhöhen. Dazu zählte zum Beispiel ein Schmerzmedikament mit dem Wirkstoff Phenazetin, das bis 1986 häufig verschrieben wurde. Seit 1986 ist es wegen der bekannten schädigenden Wirkung auf Nieren und Blase in Deutschland verboten.
Bei folgenden Symptomen sollte eine Arztpraxis aufgesucht werden, um zu klären, ob eine Erkrankung vorliegen könnte:
- Blutiger Urin mit schmerzlosem Wasserlassen: Der Urin ist rötlich-braun verfärbt – verursacht durch Blut im Urin. Dieses Symptom tritt bei einem Großteil der Patienten auf, bei denen sich Harnblasenkrebs bemerkbar macht. Jedoch sollte beachtet werden, dass nicht jede Verfärbung Harnblasenkrebs bedeutet. Blut im Urin kann genauso gut auf eine Blasenentzündung hinweisen. Diese ist aber im Gegensatz zum Harnblasenkrebs häufig mit brennenden Schmerzen beim Wasserlassen verbunden. Ein frühzeitiges Abklären bei einer Ärztin oder einem Arzt ist unbedingt zu empfehlen.
- Allgemeine Veränderungen beim Wasserlassen: Darunter fällt zum Beispiel erschwertes oder nur tropfenweises Harnlassen.
- Vermehrter Harndrang mit Druck auf die Blase: Hier wird die Blase häufig entleert und es werden jeweils nur kleine Mengen Harn ausgeschieden.
- Schmerzen im Unterleib und in der Nierengegend: Diese Art von Schmerzen können jedoch auch auf andere Harnwegs- und Nierenerkrankungen hindeuten. Von daher sollten sie dringend von einer Ärztin oder einem Arzt abgeklärt werden.
Diagnose von Blasenkrebs
Sollte ein Verdacht auf Krebs bestehen, führt der Urologe eine körperliche Untersuchung – Abtasten des Bauchs und der Nierengegend – durch und untersucht den Urin auf Blut, um eine Diagnose zu stellen oder Krebs auszuschließen. Der Urin kann auch auf bösartig veränderte Zellen analysiert werden. Das nennt sich Urinzytologie. Häufig nutzt der Arzt oder die Ärztin auch die Ultraschalluntersuchung (Sonographie), um die Blase und Nieren näher untersuchen zu können. Andere bildgebende Verfahren, die bei der Diagnose der Erkrankung zum Einsatz kommen, sind die Urographie und die Computertomographie (CT).
Bei der Urographie handelt es sich um eine Röntgenuntersuchung. Mit Hilfe von Kontrastmittel kann mit diesem Verfahren der gesamte Harntrakt dargestellt werden. Auch die inneren Konturen der Nieren, des Nierenbeckens, der Harnleiter und der Blase sind so besser zu erkennen. Die Computertomographie kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn die Ausdehnung des Tumors beurteilt werden soll. Dabei können auch kleine Tochtergeschwülste in anderen Organen erkannt werden.
Bei der Blasenspiegelung (Zystoskopie) führt der Arzt oder die Ärztin einen dünnen, weichen und biegsamen Schlauch (Endoskop) durch die Harnröhre bis in die Blase ein. Vorne am Schlauch befinden sich verschiedene Instrumente. Mit diesen kann die Blasenschleimhaut nach verdächtigen Stellen abgesucht werden und es können Gewebeproben aus verdächtigen Stellen der Schleimhaut zur genaueren Untersuchung entnommen werden. Die Blasenspiegelung wird unter örtlicher Betäubung durchgeführt, sodass sie für den Patienten oder die Patientin weitgehend schmerzfrei ist. Der Vorteil dieser Untersuchung ist, dass direkt Gewebeentnahmen durchgeführt werden können.
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Behandlungsformen und Therapien
Je nachdem, um welche Art von Blasenkarzinom es sich handelt, werden unterschiedliche Behandlungen gewählt.
Behandlung bei nicht-muskelinvasiven Harnblasenkrebs
- Transurethrale Resektion (TUR): Der Tumor wird mit Hilfe eines Endoskops operativ entfernt. Voraussetzung ist jedoch, dass der Tumor noch nicht in die Schichten der Blasenwand unter der Schleimhaut eingewachsen ist. Wie bei der Blasenspiegelung führt der Arzt oder die Ärztin einen Schlauch mit einer daran befindlichen elektrischen Schlinge über die Harnröhre in die Blase ein und entfernt damit das betroffene Gewebe. Das Ganze erfolgt unter Vollnarkose.
- Lokale Chemotherapie: Sie kann optional zusätzlich zu der TUR durchgeführt werden. Über einen Katheter werden Medikamente in die Blase eingeführt und können dann dort direkt wirken. Diese Therapieform ist jedoch nicht bei allen Tumorstadien möglich.
Behandlung bei muskelinvasiven Harnblasenkrebs
- Radikale Zystektomie (Blasenentfernung): Wenn der Krebs bereits in die Muskelwand der Blase eingewachsen ist oder auf benachbarte Organe übergegriffen hat, wird in der Regel die gesamte Harnblase entfernt. Bei Männern können auch zusätzlich die Prostata und die Samenbläschen entfernt werden, bei Frauen die Gebärmutter, die Eierstöcke sowie die Eileiter und Teile der Scheidenwand. In der Regel ist es bei einem muskelinvasiven Karzinom nicht möglich, die Blase durch eine Therapie zu erhalten.
Nach einer Blasenentfernung gibt es verschiedene Möglichkeiten der Urinableitung:
- Neoblase: Aus einem Stück des Dünndarms wird eine Ersatzblase angelegt. Diese Ersatzblase wird mit den Harnleitern und der Harnröhre verbunden, sodass eine nahezu natürliche Urinausscheidung möglich ist. Eine Neoblase ist nur möglich, wenn die Harnröhre selbst nicht vom Krebs betroffen ist. Da das Darmgewebe die Funktion der Blase nicht vollständig ersetzt, spüren Patienten nicht, wann die Ersatzblase voll ist. In regelmäßigen Abständen müssen sie daher die Neoblase entleeren und gegebenenfalls auch mit der Bauchmuskulatur pressen, um die Neoblase auch wirklich vollständig zu leeren.
- Stoma mit Pouch: Die Harnleiter werden mit einem Pouch – einem Harnbeutel aus einem Stück Darm – verbunden und der Urin wird durch eine Öffnung in der Bauchdecke – im Bereich des Nabels – mit einer Art Ablassventil abgeleitet. Das Ventil wird aus Darmteilen konstruiert. Die Entleerung erfolgt mit einem Einmalkatheter. Hier sind Geschick und vor allem gute Hygiene gefragt, um Infektionen zu vermeiden.
- Conduit: Der Urin wird aus den Harnleitern über ein ausgeschaltetes Darmstück zu einer Öffnung in der Bauchdecke geleitet. Um die Öffnung am Bauch wird eine dicht abschließende Hautschutzplatte geklebt, auf der ein Urinbeutel befestigt wird. Der Beutel kann dann vom Patienten geleert werden. Ein Katheter ist nicht mehr notwendig. Der Vorteil dieser Methode ist, dass auch das Risiko eines Urinrückstaus in die Nieren weitgehend entfällt.
- Harnleiter-Hautableitung: Bei dieser Methode werden die Harnleiter direkt mit der Bauchdecke verbunden und der Urin kontinuierlich über die Bauchdecke in einen Urinbeutel abgeleitet.
Pflegefachleute helfen noch im Krankenhaus beim Umgang mit der künstlichen Harnableitung, schulen die Patienten und Patientinnen und weisen auf die besondere Pflege hin. Ein Problem nach der Blasenentfernung kann Inkontinenz sein. Diese tritt in der Regel in Stresssituationen auf oder auch in der Nacht, wenn die Muskulatur entspannt beziehungsweise die Blase überfüllt ist. Darum ist es besonders wichtig, die Blase vor der Nacht zu entleeren.
Ein Leben mit einer Ersatzblase ist möglich, auch wenn die Entleerung und die Handhabung erlernt werden müssen. Hier unterstützen vor allem ausgebildete Fachkräfte – sogenannte Stomatherapeuten – die Patienten bei der Handhabung.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten sind:
- Chemotherapie: Spezielle Wirkstoffe werden bei dieser Behandlung als Tablette, Spritze oder Infusion verabreicht. Sie hemmen das Zellwachstum. Dies ist erforderlich, wenn mit der Operation nicht alle Krebszellen entfernt werden konnten. Eine Chemotherapie allein kann Blasenkrebs in der Regel nicht heilen. Deshalb wird sie in der Regel mit einer Strahlentherapie zur Radiochemotherapie kombiniert.
- Strahlentherapie: Der Tumor wird gezielt bestrahlt und die Krebszellen dadurch vernichtet. Die Strahlentherapie wird häufig auch mit einer Chemotherapie kombiniert. Meist kann die Strahlentherapie ambulant erfolgen.
- Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren: Bei dieser Therapie wird das eigene Immunsystem angeregt, die Krebszellen aktiv zu bekämpfen. Manche Tumorzellen senden Signale aus, die das Immunsystem abschalten. Auf diese Art verhindern sie ihre Zerstörung und der Tumor kann ungehindert wachsen. Die sogenannten Checkpoint-Inhibitoren lösen diese Blockade wieder auf und die Immunzellen können das Krebswachstum eindämmen.
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