Musik beeinflusst unsere Laune, weckt Erinnerungen und hilft gegen Schmerzen. Wozu Melodien, Songs und Klänge im Stande sind.
Folgt man der Encyclopædia Britannica, dann ist Musik die Kunst, die sich damit beschäftigt, wie man Vokal- oder Instrumentalklänge so anordnet, dass sie besonders schön oder emotional ausdrucksstark wird. Bei Musik geht es also um Schönheit – einerseits.
Es geht aber auch um ihre Wirkung. Denn Musik bewegt Menschen auf ganz vielen verschiedenen Wegen: Sie löst Emotionen aus, weckt Energie, motiviert und bringt Menschen zusammen. Musik kann außerdem Erinnerungen wachrufen und Schmerzen lindern. Dass Musik wirkt, ist also eine klare Sache. Aber wie?
Die Wirkung von Musik auf die Psyche
Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, um welche Wirkung auf den Menschen es geht. Besonders auf die Psyche und verschiedene psychische Prozesse kann Musik einen starken Effekt haben. Welche das sind, weiß Clemens Wöllner, Professor für Systematische Musikwissenschaft an der Universität Hamburg: „Die wohl stärkste psychische Wirkung von Musik ist ihr Einfluss auf unsere Emotionen. Das ist für viele Menschen sogar einer der Hauptgründe, warum sie Musik hören“, sagt Wöllner. Manchmal frage er unter seinen Studierenden nach, was ihnen spontan einfalle, wenn sie an Musik dächten. „An erster Stelle taucht in den Antworten sehr häufig das Wort ‚Emotionen‘ auf.“
Musik kann dabei alle möglichen Gefühle wecken. Mal macht die Musik fröhlich, heiter, ausgelassen oder sie motiviert und gibt Kraft. Andere Lieder stimmen eher sentimental, traurig oder sogar wütend.
Hören Menschen Musik, um damit Emotionen hervorzurufen, dann verfolgen sie dabei meist eine von zwei Strategien: Entweder sie wählen Stücke, die zur aktuellen Stimmungslage passen. Das ist das sogenannte Isoprinzip. Oder aber sie hören eine bestimmte Musik, die gewisse Emotionen auslöst, die sie zwar gerade nicht empfinden, aber gerne empfinden möchten. Kompensationsprinzip sagen Musikwissenschaftlerinnen und Musikwissenschaftler dazu.
„Vor allem empathische Menschen hören gerne mal traurige Musik, weil sie sich besonders gut in die Gefühle anderer hineinversetzen können, wie Studien gezeigt haben“, sagt Wöllner. „Außerdem ist Musikhören ein sicherer, geschützter Raum ist, wo man so etwas wie Katharsis erfahren kann. Wir können für eine gewisse Zeit auch eher negative Emotionen wie Traurigkeit oder Angst erleben. Gleichzeitig wissen wir dabei, dass die Situation nicht real traurig oder bedrohlich für einen selbst ist.“
Die Wirkung von Musik auf das Gehirn
Außer auf die Gefühlslage wirkt Musik noch auf eine ganze Reihe weiterer Prozesse und Funktionen. „Ganz besonders stark ist der Einfluss von Musik auf das Gedächtnis“, sagt Wöllner. Im Gehirn aktiviere Musik fast immer das limbische System. Und dort seien vor allem die mit Emotionen zusammenhängende Amygdala oder der an Gedächtnisprozessen beteiligte Hippocampus aktiv, wenn Menschen Musik hörten.
„Binnen Bruchteilen von Sekunden findet da ein Abgleich statt, ob man das Stück schon mal gehört hat, ob es mit einer spezifischen Situation oder Lebensphase verknüpft ist. Manchmal muss man nur ein paar Töne hören und kommt sofort man in die Stimmung, die man vor 20, 30 Jahren hatte. Das ist in der Forschung als ‚Casablanca-Effekt‘ bekannt, benannt nach dem Film, in dem dasselbe Musikstück die Protagonisten immer wieder an vergangene Zeiten erinnert.“
Neben dem limbischen System sind beim Musikhören aber noch viele andere Gehirnregionen aktiv. Das Bewegungszentrum etwa: Scheinbar instinktiv beginnt man hier oder dort mal im Takt zu schnipsen oder mit dem Fuß zu wippen. Auch das Sehzentrum kann aktiviert werden. Zum Beispiel, weil ein bestimmtes Lied gewisse Bilder in einem weckt, die man mit dem Stück verbindet.
Ebenso kann der präfrontale Cortex beteiligt sein, wenn man konzentriert einem Lied folgt, um etwa seine Ästhetik zu bewerten. Und schließlich kann Musik auch die Zeitwahrnehmung beeinflussen: Hören wir Musik, die wir gerne mögen oder die Emotionen in uns auslöst, vergeht die Zeit scheinbar schneller.