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Augenzucken: Was hilft, wenn das Augenlid zuckt?

Lesedauer

unter 8 Minuten

Redaktion

  • Carola Felchner (Freie Autorin, für Nerdpol – Redaktionsbüro für Medizin- und Wissenschaftsjournalismus)

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Eric Wenzel

Zuckt das Augenlid scheinbar ohne Grund, kann das verunsichern und – je nach Ausprägung – auch stören. Meist ist das Phänomen vollkommen harmlos. Dann lassen sich die Ursachen oft bereits durch ein paar gesunde Gewohnheiten abstellen. Nur sehr selten steckt eine Erkrankung hinter dem Augenzucken.

Was ist Augenzucken?

Was allgemein als Augenzucken bezeichnet wird, meint, dass das Augenlid ab und zu ganz leicht zuckt. Dabei ziehen sich bestimmte Muskeln unwillkürlich und unregelmäßig zusammen. In der Medizin heißt dieses Phänomen Faszikulation. Betroffen sind im Falle von Augenzucken die Fasern des Augenlidhebers (Musculus levator palpebrae), und/oder des Augenringmuskels (Musculus orbicularis oculi), der sich rund um das Auge zieht.

Meist zuckt nur ein Augenlid und auch das nur wenige Sekunden lang. Je nach Ursache kann das Augenzucken aber auch mehrere Tage andauern oder immer wiederkommen. Zucken können sowohl Ober- als auch Unterlid. 

Tatsächlich von außen sichtbar ist das Augenzucken meist nicht, die Bewegung ist zu winzig dafür – oft nicht mehr als ein hauchzartes Zittern des Augenlids. Bei genauem Hinsehen kann es anderen jedoch trotzdem auffallen. Abzugrenzen ist dieses regelhafte Zucken der Augen beispielsweiße vom Spasmus hemifacialis, der durch eine einseitige Verkrampfung der Gesichtsmuskulatur gekennzeichnet ist. Auch ein Augenlidkrampf (Blepharospasmus) ist für Außenstehende gut sichtbar. Dabei sind beide Augen vom Zucken betroffen.

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Mögliche Ursachen, wenn Augen zucken

Wenn die Augenlider einseitig links oder rechts in leichter Ausprägung ab und zu zucken, ist das meist harmlos und kein Alarmsignal für eine Muskel-, Nerven- oder andere ernste Erkrankung. Mediziner sprechen dann von einem benignen Faszikulieren, also einem gutartigen Zucken. „Harmloses Zucken der Augen ist weit verbreitet und kann jeden treffen“, sagt Professor Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung. 

Augenzucken passiert natürlicherweise dann, wenn uns ein Fremdkörper ins Auge fliegt und wir blinzeln. Dem liegt folgender Prozess zugrunde: Damit sich die Muskeln zusammenziehen können, muss die Konzentration bestimmter Blutsalze (Kalium/Calcium/Magnesium) innerhalb der Muskelzellen kurzfristig steigen. Diesen Ein- und Auslass regulieren Kanäle in den Zellmembranen des Muskels. Gibt es hier Dysbalancen, zum Beispiel durch Ermüdung, „klappt die Ionenverteilung nicht mehr ganz so wie sie soll und es kommt zu ungewollten Kontraktionen“, erläutert Professor Gereon Nelles, Facharzt für Neurologie und Vorstandsmitglied des Berufsverbands Deutscher Nervenärzte.

Verschiedene Faktoren sind denkbar, die die Ionenkonzentration in den Muskelzellen durcheinanderbringen können und Augenzucken wahrscheinlicher machen:

Konsum von Alkohol, Koffein oder Nikotin

Alkohol entzieht dem Körper Flüssigkeit und mit ihr Vitamine und Mineralstoffe. Dies kann etwa zu einem verringerten Magnesiumspiegel im Blut führen, was sich auf die Nerven- und Muskelfunktion auswirken kann. Koffein kann die Muskelspannung erhöhen und macht dadurch Lidzucken wahrscheinlicher. Nikotin kann sich, einmal im Blutkreislauf, an bestimmte Rezeptoren heften, die für die Muskelbewegung zuständig sind und dadurch ein zuckendes Augenlid auslösen.

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Vitamin- oder Mineralstoffmangel

Augenzucken kann auf einen Nährstoffmangel hindeuten. Zum Beispiel kann ein Magnesiummangel Augenzucken auslösen. Der Mineralstoff ist für eine normale Muskel- und Nervenfunktion notwendig. Ist das Magnesiumlevel zu niedrig, steigt der Spiegel von Calcium und Natrium in den Muskelzellen, die Kaliumkonzentration sinkt, was zu einer Instabilität der Zellmembran und plötzlichen Zuckungen führen kann. Magnesiummangel geht neben einer Neigung zu Muskelzuckungen oder -krämpfen mit einer Vielzahl anderer Symptome, oft auch mit Kopfschmerzen, einher.

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Stress

Augenzucken kann durch seelische Belastung entstehen. Negativer Stress führt auf Dauer dazu, dass das Level an Stresshormonen im Körper steigt. Diese Hormone aktivieren bestimmte Rezeptoren des zentralen Nervensystems, das dann wiederum unter anderem die Muskelspannung erhöht – und „nervöses“ Augenzucken auslösen kann.

Trockene Augen

Schlafmangel, zu lange Bildschirmzeit, Zugluft – all das kann die Augen trocken werden lassen. Das Nervensystem versucht, die fehlende Feuchtigkeit zu kompensieren, indem es das Signal gibt, die Lidschlagfrequenz zu erhöhen. Feuert das Gehirn aber zu viele Blinzelbefehle, kann das die Augenmuskeln überlasten – und sie beginnen zu krampfen beziehungsweise zu zucken.

Hormonumstellung

Geraten bestimmte Hormone aus dem Gleichgewicht, kann sich dies in Lidzittern zeigen. Trockene Augen oder auch kurzzeitiges Augenflimmern oder Augenzucken in der Schwangerschaft beziehungsweise nach der Geburt können aufgrund der hormonellen Veränderungen im Körper der Mutter durchaus vorkommen. 

Generell gilt: Hört das Augenlid nicht auf zu zucken, handelt es sich um ein starkes Augenzucken oder wird es von anderen Symptomen begleitet, kann dies Begleit- beziehungsweise Hauptsymptom verschiedener Krankheiten sein. Dann sollten Betroffene ärztlichen Rat suchen.

Schwangere Frau hält ihren Bauch und hat die Augen geschlossen_var

Augenzucken und trockene Augen kommen in der Schwangerschaft wegen der Hormonumstellung häufiger vor.

Erkrankungen, die mit Augenzucken einhergehen

Spasmus hemifacialis 

Der Spasmus hemifacialis ist ein seltenes Phänomen, das häufiger bei Frauen als bei Männern vorkommt. „Hierbei handelt es sich um einseitiges Augenzucken des Ober- und Unterlids, zum Teil aber auch synchron dazu andere Gesichtsmuskulatur über dem Auge im Stirnbereich oder hinab bis zum Mund und Hals“, erläutert Neurologe Frank Erbguth. 

Ursache sei in diesem Fall ein ungünstiger Gefäß-Nerven-Kontakt: Ein kleines Blutgefäß, das neben dem Gesichtsnerv (Nervus facialis) entlangläuft, klopft durch das darin pulsierende Blut immer wieder an die Hüllschicht dieses Nervs, der sich in drei Ästen über das Gesicht zieht (Mund, Nase, Augen). Irgendwann entlädt sich diese Reizung in einem Zucken. 

„Das ist, wie wenn man an einer Stromleitung feilt. Irgendwann gibt es einen Kurzschluss“, beschreibt Erbguth den Vorgang. Immerhin: „Der Nervus facialis ist kein Schmerznerv.“ Der Spasmus hemifacialis ist für Betroffene also zwar unangenehm bis störend, tut aber nicht weh.

Blepharospasmus 

Der Blepharospasmus ist ein sehr seltener Lidkrampf an beiden Augen. Betroffene sind im Durchschnitt 50 Jahre oder älter, wenn die Erkrankung erstmalig auftritt. Der Blepharospasmus kommt ebenfalls bei Frauen häufiger vor als bei Männern. „Das Zucken ist meist eher langsam – wie in starkes Blinzeln“, beschreibt Erbguth das Hauptsymptom der Erkrankung. Der Lidschluss kann dabei auch länger vorliegen und so die Sicht beeinträchtigen.

Der Lidkrampf gehört zu den fokalen Dystonien. Das bedeutet, nur ein abgegrenzter einzelner Körperbereich ist vom unwillkürlichen Krampfen betroffen. In diesem Fall das Augenlid. „Wie alle Dystonien resultiert der Lidkrampf aus einer fehlerhaften motorischen Programmstörung aus dem Gehirn“, erklärt Erbguth. Dadurch kommt es zu einer Fehlfunktion der willkürlichen Bewegungskoordination der Augenlider.

Augenzucken oder Tic?

Tics treten oft mehrmals hintereinander auf, zum Beispiel in Form mehrmaligen Blinzelns. Dieses ist ausgeprägter und in der Abfolge häufiger komplexer und damit deutlich sichtbar, während ein zuckendes Augenlid sich auf ein für gewöhnlich nicht zu erkennendes „Muskelflimmern“ beschränkt. 

Tic-Störungen können eine eigene Erkrankung darstellen, die meist auch andere Muskelgruppen betrifft. Oder sie können sich im Zusammenhang mit Erkrankungen wie einer Gehirnentzündung oder Morbus Wilson (Kupferspeicherkrankheit) entwickeln, aber auch ohne ersichtlichen Grund auftreten. Anders als beim nicht steuerbaren Lidzucken können Betroffene ihren Tic zumindest eine Zeit lang unterdrücken. 

Barmer-Doc Sebastian erklärt: Ist es gefährlich, wenn das Auge zuckt?

Augenzucken: Was tun?

Was gegen Augenzucken hilft, hängt von dessen Ursache ab. Beim harmlosen Lidzucken können wir überlegen, was der Grund dafür sein könnte und versuchen ihn abzustellen. Zuckt das Auge hingegen seit Wochen oder ist das Zucken sehr ausgeprägt, ist ein Besuch in der ärztlichen Praxis angesagt. 

Was kann man selbst tun, wenn das Augenlid zuckt?

Gegen harmloses Augenzucken hilft am ehesten, dessen Ursache abzustellen. Das kann heißen:

  • Ausreichend schlafen und auf eine gute Schlafhygiene achten
  • Stress reduzieren
  • Alkohol-, Nikotin- und Koffeinkonsum herunterfahren
  • Gesund ernähren, ausreichend trinken und auf eine gute Nährstoffversorgung achten

Augenzucken nervt, ist aber meist harmlos. Meist helfen schon ein paar neue gesunde Gewohnheiten.

Augenzucken nervt, ist aber meist harmlos. Meist helfen schon ein paar neue gesunde Gewohnheiten.

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Ärztliche Behandlung

„Weder Spasmus hemifacialis noch Blepharospasmus sind lebensgefährlich. Da sie Sehvermögen und Lebensqualität aber einschränken können, sollte man damit dennoch zum Arzt gehen“, rät Neurologe Gereon Nelles.

Bei beiden Krankheitsbildern wird für gewöhnlich das Symptom, also das Augenzucken selbst, behandelt. Dies geschieht mithilfe von Botulinumtoxin, besser bekannt als Botox. Das spritzt der Arzt oder die Ärztin in den Augenmuskel. Dieser wird geschwächt und das Zucken unterdrückt. Allerdings nicht dauerhaft: „Die Injektion muss alle drei Monate wiederholt werden“, sagt Frank Erbguth.

Außerdem besteht die Möglichkeit, das Augenzucken operativ beheben zu lassen. „Beim Blepharospasmus ließe sich im Extremfall eine tiefe Hirnstimulation anwenden, wie sie auch bei Parkinsonpatienten zum Einsatz kommt“, erklärt Erbguth. Soll heißen: Es werden zwei Elektroden dauerhaft in bestimmte Hirnregionen implantiert. 

Bei einem Spasmus hemifacialis, so Erbguth, würde man eine Barriere zwischen das Gefäß und den Nerv, an dem es reibt, schieben, um den Kontakt zu unterbrechen. Allerdings ist Erbguth bei den operativen Varianten zum Ruhigstellen eines zuckenden Auges zurückhaltend, denn „bei einer Operation an Nerven im Gehirn bestehen immer Risiken, und warum sollte man die eingehen, wenn die Erkrankung nicht lebensgefährlich ist? Ist es aber sehr schlimm oder betrifft es zum Beispiel einen Schauspieler, dessen Beruf dadurch gefährdet ist, kann die OP sinnvoll sein.“

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