Junge Frau nutzt gleichzeitig Laptop und Mobiltelefon
Stress und Leistungsdruck

Jeder erwartet 100 Prozent: Wie entsteht eigentlich Leistungsdruck?

Lesedauer unter 3 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Marie-Victoria Assel (Psychologin, Barmer)
  • Andrea Jakob-Pannier (Diplom-Sozialpädagogin/ Psychologin/ Psychoonkologin, Barmer)

Viele, die unter hohem Leistungsdruck leiden, neigen zu hohen Ansprüchen an sich selbst und treiben sich damit in die Erschöpfung. Oft üben auch andere mitunter nahestehende Menschen Druck aus.

So entsteht Leistungsdruck

Leistungsdruck hat viele Gesichter: Bei den meisten Menschen tritt er abrupt in einer bestimmten Stresssituation auf. Wenn man ein wichtiges Meeting meistern, einen Wettkampf oder eine Prüfung absolvieren oder hundert Dinge gleichzeitig in Haushalt und Job erledigen muss. Bei manchen Menschen besteht der Druck aber auch über einen langen Zeitraum und ist chronisch, wenn zu hohe Ansprüche an sich selbst gestellt werden.

Auch aus welcher Quelle der Druck kommt, ist unterschiedlich: Entweder wird er durch den eigenen Perfektionismus aufgebaut oder durch Erwartungen von außen: Der Anspruch der Chefin, mehr oder weniger direkt adressierte Wünsche von Kollegen, Freunden oder Eltern, die persönliche Lebenssituation als (alleinerziehende) Mutter oder Vater, die sowohl Erziehung, Haushalt und Job gerecht werden müssen. 

Die Meisten wünschen sich, von Bekannten und Kollegen akzeptiert und geachtet zu werden und nehmen selbst unterschwellige Ansprüche anderer genau wahr. Doch Leistungsdruck kann auch positiv sein – in Wettkampf- oder Prüfungssituationen kann er zu besonderen Leistungen führen. Auf Dauer macht der Stress jedoch krank.

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Viele erwarten von sich selbst immer 100 Prozent

Oft haben aber Menschen, die unter einem zu hohen Leistungsdruck leiden, perfektionistische Anforderungen an sich selbst. Diese wiederum können mit einem geringen Selbstwertgefühl und mangelndem Durchsetzungsvermögen zusammenhängen. Betroffene leiden unter der Angst, gestellte Aufgaben nicht meistern zu können. 

Ohne Leistung wiederum glauben sie, nichts wert zu sein. Deshalb fühlen sie häufig eine große Angst vor Ablehnung und vor dem Versagen. Wer dann nicht gelernt hat, auf sich selbst zu achten, seine Belastungsgrenze zu kennen und den beständigen Wunsch spürt, es allen recht machen zu wollen – der gerät leicht in eine Gefühlsspirale aus Druck, Stress, Erschöpfung und Ängsten.

Ursache für überzogene Ansprüche und Leistungsdruck liegt oft in der Kindheit

Wer erschöpft und ängstlich ist, kann seinen eigenen perfektionistischen Ansprüchen wiederum immer weniger gerecht werden, die Leistung lässt nach, vielleicht wackelt nun der Arbeitsplatz – und ein Teufelskreis entsteht. 

Manche Menschen geraten so in eine Erschöpfungsdepression. Wenn Versagensangst der Grund für den Leistungsdruck ist, kann dies manchmal auf Erfahrungen in der Kindheit zurückzuführen sein. Mangelnde Anerkennung oder Missachtung durch Eltern beeinflusst Menschen oft bis ins hohe Erwachsenenalter.

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Schon Schüler müssen vielen Erwartungen entsprechen und spüren Leistungsdruck

Auch Kinder sind heute häufig einem hohen Leistungsdruck ausgesetzt. Ein Viertel aller deutschen Schüler zeigt regelmäßig Anzeichen von hohem Stress, wofür auch Leistungsdruck eine Ursache darstellt. Tatsächlich ist für viele Eltern der Bildungserfolg enorm wichtig – aus nachvollziehbaren Gründen. Doch wenn Eltern sich nur über ihr Kind freuen können, wenn es besser als die anderen ist und perfekte Noten mitbringt, spüren Kinder enormen Druck. Sie brauchen ihre Eltern, sind abhängig von ihrer Liebe und merken, dass die Liebe an Bedingungen geknüpft ist.

Diese Idealvorstellungen der Eltern wollen sie erfüllen. Die Frustration von Eltern und Kindern kann sich ins Unermessliche steigern, wenn der Vergleich mit anderen Kindern nicht positiv ausfällt. Wenn Eltern mangelnden Schulerfolg dann mit zahlreichen Nachhilfe- und Förderungsprogrammen auf die Sprünge helfen wollen, geraten auch Kinder in eine Spirale aus Druck und Erschöpfung. 

Darüber hinaus haben Kinder ein volles Tagespensum, das von Eltern geplant und begleitet wird: Klavier- und Ballettunterricht, Reitstunden, Nachhilfe, Englischunterricht. Um Kindern eine glückliche Kindheit zu schenken und den hohen Druck von ihnen zu nehmen, sollte man ihre Bedürfnisse wahrnehmen und lieber Abstriche bei den eigenen Erwartungen machen.

Literatur

Weiterführende Informationen

  • Grünewald, Stephan: Die erschöpfte Gesellschaft (2013)

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