Lange galt ein Frühstück mit Haferflocken als gesundes Superfood. Darunter mischen sich aber auch andere Stimmen: Haferflocken würden dick machen, unserem Körper Mineralstoffe rauben oder den Darm schädigen – solche Behauptungen von Influencerinnen und Influencern mit vielen Tausend Followerinnen und Followern geistern durch die sozialen Medien. Sogar von einer regelrechten „Haferflockenverschwörung“ ist die Rede. Was ist dran, und sind Haferflocken tatsächlich ungesund?
Machen Haferflocken wirklich dick?
In den sozialen Netzwerken kursiert die Behauptung: Haferflocken machen dick. Das Getreideprodukt habe sehr viele Kalorien, also eine hohe Energiedichte. Zudem lasse es den Insulinspiegel rapide ansteigen, was die Fettverbrennung behindere.
Welche Energiedichte haben verschiedene Lebensmittel?
Die Energiedichte gibt an, wie viele Kalorien in einer bestimmten Menge eines Nahrungsmittels stecken. Sie wird unterteilt in niedrige Energiedichte (bis 150 Kilokalorien pro 100 Gramm), mittlere Energiedichte (150 bis 225 Kilokalorien) und hohe Energiedichte (mehr als 225 Kilokalorien). Haferflocken fallen mit rund 370 Kilokalorien pro 100 Gramm in die letzte Kategorie.
Es stimmt, dass Haferflocken eine hohe Energiedichte haben. Sind Haferflocken also wirklich nicht gesund, sondern ein Dickmacher?
Nicht nur der Kaloriengehalt eines Lebensmittels ist relevant, sondern auch die Menge, die man zu sich nimmt. In der Regel isst niemand Haferflocken in rauen Mengen. So stecken beispielsweise in Haferbrei, neudeutsch Porridge, je nach Rezept zwischen 50 und 100 Gramm Haferflocken. Das entspricht 185 bis 370 Kilokalorien, wenn das Porridge mit Wasser (statt mit Milch) zubereitet wurde.
Zur Einordnung: Der tägliche Bedarf beträgt je nach Geschlecht und körperlicher Aktivität zwischen 1.700 und 3.100 Kilokalorien. Zudem helfen die Ballaststoffe im Hafer, allen voran die sogenannten Beta-Glucane, dass die Nahrung nur langsam durch den Darm wandert. Dadurch ist der Verdauungsapparat länger beschäftigt, und das Sättigungsgefühl hält länger an.
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Auch ist es richtig, dass etwa nach einem Frühstück aus Haferflocken der Insulinspiegel steigt – wie nach jedem Verzehr von Kohlenhydraten. Insulin hilft den Körperzellen, Zucker aus dem Blut aufzunehmen und so den Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit wieder zu senken.
Hafer sorgt aber nicht für Insulinspitzen wie beispielsweise weißer Reis, im Gegenteil: Die Beta-Glucane verzögern die Aufnahme des Zuckers in die Blutbahn, was den Insulinspiegel langsam steigen lässt. Das macht Haferflocken sogar für Menschen mit Diabetes Typ 2 und Übergewicht zu einem interessanten Nahrungsmittel. Also: Haferflocken machen nicht dick.
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Rauben Haferflocken dem Körper Nährstoffe?
Hafer enthält Phytinsäure. Kritikerinnen und Kritiker von Haferflocken argumentieren, dieser Inhaltsstoff raube dem Körper Nährstoffe und schwemme sie aus. Das ist stark übertrieben. Wahr ist: Phytinsäure bindet als sogenannter Antinährstoff unter anderem an Eisen, Zink, Kalzium und Magnesium und erschwert es dem Körper, diese Nährstoffe zu verwerten.
In 100 Gramm trockenen Haferflocken steckt ungefähr 1 Gramm Phytinsäure – wobei dieser Wert stark schwanken kann, je nachdem, wo und wie das Getreide angebaut wurde. Ähnlich viel Phytinsäure steckt in Roggen und Erbsen, in Weizenkleie sind es bis zu 7 Gramm. In Mandeln können es sogar mehr als 9 Gramm sein.
In welchen Lebensmitteln sind Antinährstoffe enthalten?
Neben Phytinsäure gibt es weitere Antinährstoffe: Tannine in Tee, Kaffee und Hülsenfrüchten beispielsweise können die Aufnahme von Eisen vermindern. Oxalate in grünem Blattgemüse binden Kalzium, und Lektine in Hülsenfrüchten und Vollkorngetreide können die Aufnahme von Nährstoffen wie Kalzium und Zink erschweren. Wie stark die Effekte sind, hängt aber immer auch vom Stoffwechsel der jeweiligen Person und von der Zubereitung der Nahrungsmittel ab. Viele Antinährstoffe werden inaktiv, wenn Lebensmittel beispielsweise gekocht oder eingeweicht werden. Letzteres ist auch bei Phytinsäure der Fall. Sie hat zudem auch eine Reihe guter Eigenschaften: Phytinsäure kann unser Erbgut vor Schäden schützen, Krebszellen am Wachsen hindern und das Risiko von Verkalkungen in Blutgefäßen senken.
Bei einer ausgewogenen Ernährung kann es allein durch das Essen von Haferflocken nicht zu einem Nährstoffmangel kommen. Veganerinnen und Veganer sollten aber darauf achten, genügend der Nährstoffe, die durch Phytinsäure gebunden werden (Eisen, Zink, Kalzium, Magnesium und Mangan) zu sich zu nehmen. Gleiches gilt für Personen, die aus medizinischen Gründen beispielsweise bereits einen Eisen- oder Zinkmangel haben.
Dennoch rauben Haferflocken dem Körper keine Nährstoffe. Die darin enthaltene Phytinsäure erschwert es ihm jedoch, manche Nährstoffe zu verwerten. Um die Phytinsäure zu reduzieren, kann man Haferflocken vor dem Essen einweichen.
Schädigen Haferflocken den Darm?
Haferflocken schädigen den Darm nicht, auch wenn das vermeintliche Expertinnen und Experten auf TikTok und Instagram behaupten. Im Gegenteil, Haferflocken sind sogar ausgesprochen gesund für den Darm: Die bereits erwähnten Beta-Glucane begünstigen das Wachstum hilfreicher Darmbakterien. Wenn diese Bakterien Haferflocken verdauen, setzen sie entzündungshemmende Stoffe frei.
Andere Ballaststoffe des Hafers quellen während der Verdauung auf und erweichen dadurch den Stuhl, den der Darm dann besser transportieren kann. Das kann gegen Verdauungsprobleme wie Durchfall oder Verstopfung helfen.
Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) sollten allerdings bei Haferprodukten die Angaben auf der Verpackung genau lesen. Gluten bezeichnet bestimmte Proteine einiger Getreidearten wie Weizen und Roggen. Bei Personen mit Zöliakie löst das Getreideprotein Gluten Entzündungen in der Darmschleimhaut aus, die dann zu Bauchschmerzen und Durchfall führen.
Hafer gehört zwar zu den glutenhaltigen Getreidesorten, das darin enthaltene Gluten heißt Avenin. Die meisten Menschen mit Unverträglichkeit gegenüber Gluten vertragen Avenin jedoch gut. Diese Personen sollten dennoch darauf achten, dass sie nur Haferprodukte zu sich nehmen, die als glutenfrei gekennzeichnet sind: Diese müssen so hergestellt sein, dass der Hafer bei Ernte, Verarbeitung und Verpackung nicht mit glutenhaltigen Getreidearten verunreinigt wird.
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Was steckt hinter der „Haferflocken-Verschwörung“?
In den sozialen Medien gibt es in schöner Regelmäßigkeit Kampagnen gegen bestimme Nahrungsmittel oder Inhaltsstoffe, so auch jüngst gegen Haferflocken. Selbsternannte Ernährungs-Gurus verunsichern mit ihren Aussagen Userinnen und User, die sich gesund ernähren möchten. Oftmals lässt sich dahinter eine plumpe Masche vermuten: Die angeblichen Fachleute wollen ihre eigenen Ernährungs- und Fitnesscoachings oder Nahrungsergänzungsmittel verkaufen. Bei reißerischen Behauptungen zu bestimmten Lebensmitteln sollte stets hinterfragt werden, von welcher sie Person stammen und ob diese qualifiziert ist, beispielsweise durch ein Studium der Ernährungswissenschaften oder eine Ausbildung als Ernährungsberaterin oder -berater.
Und selbst Menschen mit wissenschaftlichem Hintergrund können aus Eigennutz Falschinformationen verbreiten. So behauptet beispielsweise ein US-amerikanischer Arzt unter anderem auf TikTok, Haferflocken hätten keinen Nährwert – um im nächsten Atemzug sein eigenes Buch über Ernährung und Gesundheit feilzubieten.
Fazit: Wie gesund sind Haferflocken?
Die Kritikerinnen und Kritiker von Haferflocken picken sich einzelne Inhaltsstoffe heraus und dramatisieren mögliche negative Eigenschaften. Das ist eine sehr einseitige Argumentation, denn kein Lebensmittel oder Inhaltsstoff hat ausschließlich positive oder negative Eigenschaften. Vitamin D beispielsweise ist lebenswichtig, doch eine Überdosierung kann zu Übelkeit, Erbrechen und lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen führen.
Ob ein Lebensmittel gesund oder ungesund wirkt, dafür ist immer auch die Dosis ausschlaggebend.
Sicher ist: Haferflocken sind ein gesundes und zudem günstiges Nahrungsmittel, sie enthalten Ballaststoffe, Vitamine wie Vitamin B1 und Mineralstoffe wie Magnesium und Zink. Die Flocken sättigen für einen langen Zeitraum, lassen den Blutzuckerspiegel dabei lediglich gemäßigt ansteigen und sind laut mehreren Studien gut für die Herz- und Darmgesundheit – und auch geeignet, um abzunehmen.