Kreidezähne bei Kindern sind eine neue Volkskrankheit. Mittlerweile ist mehr als jedes dritte zwölfjährige Kind betroffen. Derzeit gibt es noch keine verlässliche Möglichkeit, Kreidezähne zu verhindern. Die Erkrankung zeigt sich häufig, wenn die zweiten Zähne durchbrechen: Weiße, getrübte Flecken, bräunliche Verfärbungen und Schmerzempfindlichkeit können auf Kreidezähne hinweisen. Auch wenn die Ursachen noch nicht geklärt sind, können Eltern und Kinder dennoch vorsorgen: regelmäßige Zahnkontrollen, gewissenhaftes Zähneputzen und Präparate, die den Zahnschmelz härten können Schäden an Kreidezähnen vorbeugen. Wie Sie Kreidezähne erkennen können und welche Behandlungen es gibt lesen Sie hier.
Was sind Kreidezähne?
Kreidezähne sind Zähne, die einen deutlich weicheren Zahnschmelz als gesunde Zähne haben. Als Zahnschmelz bezeichnet man die widerstandsfähige Schicht über der Zahnkrone – also das Stück vom Zahn, das im Mund sichtbar ist. Der Zahnschmelz besteht hauptsächlich aus Mineralsalzen wie Fluor, Kalzium und Phosphat und ist bei gesunden Zähnen sehr hart. Er kann starken Belastungen wie dem Kauen harter Nahrung standhalten und schützt das weichere Innere des Zahns.
Bei Kreidezähnen ist die Zusammensetzung des Zahnschmelzes gestört. Diese Störung nennt man eine Hypomineralisation. Der Zahnschmelz von Kreidezähnen ist um ein Vielfaches weicher als gesunder Zahnschmelz. Seine Oberfläche ist rau und oft porös. Da der Zahnschmelz die Zähne nicht ausreichend schützt, sind sie deutlich anfälliger für Karies als gesunde Zähne. Kreidezähne sind außerdem empfindlich für Schmerz - sei es beim Zähneputzen oder beim Kontakt mit warmen und kalten Speisen. Der Zahnschmelzdefekt kann einzelne oder mehrere Zähne betreffen.
Am häufigsten ist der Zahnschmelz der zweiten Zähne betroffen, also der bleibenden Backenzähne (Molaren) und Schneidezähne (Inzisiven). Die Erkrankung wird daher auch „Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation“ (oder kurz „MIH“) genannt. Bei Milchzähnen sind Kreidezähne sehr viel seltener, aber auch sie können von der Zahnschmelzstörung betroffen sein (Milchmolaren Hypomineralisation, kurz „MMH“).
Wie häufig sind Kreidezähne bei Kindern?
Immer mehr Kinder haben Kreidezähne. Die Häufigkeit hat laut der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie des Instituts der Deutschen Zahnärzte in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Die Erkrankung ist zwar weltweit verbreitet, aber sie ist erst seit wenigen Jahrzehnten bekannt.
Eine Analyse der Barmer aus dem Jahr 2019 beschäftigt sich außerdem mit der regionalen Verbreitung der MIH. Die Grundlage der Analyse bilden Krankenkassendaten der 6-9-jährigen Kinder, die 2019 bei der Barmer versichert waren. Dabei wurden alle Fälle mit typischen Behandlungsmustern von Kreidezähnen aus den Daten herausgesucht, um Verteilungsmuster in Deutschland aufzudecken.
Demnach wurden in westlichen und nordöstlichen Bundesländern überproportional viele Kinder mit Kreidezähnen behandelt. So war der Anteil betroffener Kinder in Nordrhein-Westfalen fast doppelt so hoch wie im Stadtstaat Hamburg.
Die Verteilung der Erkrankung in den verschiedenen Einkommensschichten ist hingegen unauffällig. Laut ersten Ergebnissen der Barmer-Analyse sind Kinder aus allen Einkommensschichten gleichermaßen betroffen.
Eine wissenschaftlich fundierte Erklärung für die Verbreitung der Erkrankung gibt es bisher nicht. Die aufgedeckten Verbreitungsmuster lassen noch keine Rückschlüsse auf die Ursachen zu. Der Barmer Zahnreport 2021 thematisiert potenzielle Ursachen für die Verbreitung von Kreidezähnen.
Ursachen für die Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH)
In den meisten Fällen sind die vorderen Backenzähne und die Schneidezähne der Kinder betroffen. Die Entwicklung dieser Zähne beginnt bereits im achten Schwangerschaftsmonats, also weit vor der Geburt des Kindes, und dauert in etwa bis zum Ende des vierten Lebensjahrs. Kreidezähne entstehen, wenn dieser Prozess gestört ist und sich der Zahnschmelz nicht richtig bildet.
Wissenschaftler erforschen die Mineralisierungsstörung des Zahnschmelzes bereits seit Ende der 80er Jahre. Bisher sind die Ursachen für Kreidezähne aber nicht eindeutig geklärt. Allerdings hat die Forschung einige Faktoren ermittelt, die einzeln oder im Zusammenspiel der Grund für Kreidezähne sein könnten. Dazu zählen:
- Infektionskrankheiten im Kleinkindalter oder Erkrankungen der oberen Atemwege
- Die Gabe von Antibiotika und der Einfluss von Giftstoffen (Dioxinen) in Lebensmitteln
- Schadstoffe (Toxine), die den Menschen im Alltag umgeben und vom Körper aufgenommen werden können
Zu den untersuchten Schadstoffen gehört zum Beispiel der Weichmacher Bisphenol A, auch bekannt als „BPA“. Er wurde bis 2018 unter anderem bei der Herstellung von Plastik für Verbraucherprodukte wie Babyflaschen verwendet. Mittlerweile ist er verboten und wurde 2018 in die Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe der Europäischen Union aufgenommen. BPA spielt vermutlich eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Kreidezähnen.
Ihr Newsletter für ein gesünderes Leben
Jetzt unverbindlich anmelden und monatlich Gesundheitsthemen mit wertvollen Tipps erhalten und über exklusive Barmer-Services und -Neuigkeiten informiert werden.
Newsletter abonnieren
Mein Kind hat Kreidezähne – was tun?
Bereits jedes dritte zwölfjährige Kind hat Kreidezähne. In den meisten Fällen betrifft die Störung die bleibenden Zähne der Kinder. Trotzdem sollten Eltern bereits die Milchbackenzähne prüfen lassen, wenn die Kinder zwischen zwei und drei Jahren alt sind. Eine professionelle Begutachtung der bleibenden Zähne ist mit Beginn des Zahnwechsels, also ungefähr zwischen dem fünften und sechsten Lebensjahr sinnvoll.
Besonders in den Jahren des Zahnwechsels sollten Eltern die Zähne ihrer Kinder auch selbst regelmäßig auf auffällige Stellen prüfen. Häufig tritt die MIH an den beiden vordersten Backenzähnen und an den Schneidezähnen der bleibenden Zähne auf. Typische Anzeichen, um Kreidezähne zu erkennen, sind:
- Getrübt weiße oder gelb-braune Flecken auf den Kauflächen und an den Seiten der Zähne. Dabei kann es sich nur um kleine Flecken oder auch die ganze Fläche handeln.
- Eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit der Zähne. Wenn heiße oder kalte Speisen oder das Zähneputzen dem Kind Schmerzen bereiten, sollten Familien sich in einer Zahnarztpraxis beraten lassen.
Das Ziel ist, MIH-Anzeichen so früh wie möglich festzustellen. Außerdem kann sorgfältiges Zähneputzen, das von den Eltern unterstützt und kontrolliert wird helfen, Kariesstellen zu vermeiden.
Wenn Kinder die Diagnose Kreidezähne erhalten, müssen sie unbedingt professionell betreut werden. Behandler, Eltern und Kinder besprechen dann gemeinsam eine passende Therapie der Zähne.
Die Basis bildet in jedem Fall eine gründliche Zahnhygiene mit hochkonzentrierten, fluoridhaltigen Präparaten. Die Zahnärzte bringen diese auf die Zähne auf oder verschreiben sie auch für die Anwendung zuhause. Je nachdem, wie stark die Zähne von der MIH befallen sind, variiert die weitere Behandlung von Kreidezähnen:
- Bei einer leichten Form von Kreidezähnen und wenn der Zahn noch nicht stark geschädigt ist können die Kauflächen der Kreidezähne zum Beispiel mit einer Kunststoffschicht versiegelt werden.
- Bei einer etwas stärkeren Form von Kreidezähnen, wenn die Struktur des Zahns bereits angegriffen ist, können zum Beispiel Füllungen oder Kronen die Funktion des Zahns wiederherstellen. Je nachdem, ob sie übergangsweise oder dauerhaft im Zahn bleiben sollen, verwenden Zahnärzte dafür unterschiedliche Materialien.
Bei einer schweren Form von Kreidezähnen kann es auch nötig sein, einen Kreidezahn zu entfernen. Eine kieferorthopädische Behandlung kann die entstandene Lücke schließen.
Unabhängig von der Schwere der Form sollten Eltern und betroffene Kinder sich immer individuell von Expertinnen oder Experten beraten lassen.
Mit der Barmer Arztsuche eine Zahnärztin oder einen Zahnarzt in Ihrer Nähe finden
Finden Sie Medizinerinnen und Mediziner nach Fachgebiet und Therapieschwerpunkt sortiert in Ihrer Umgebung und deutschlandweit.
Barmer Arztsuche
Kreidezähnen vorbeugen
Da die Ursache der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation noch nicht bekannt ist, kann man die Entstehung von Kreidezähnen nicht gezielt vermeiden (Prävention). Eltern und Kinder können dennoch etwas tun, um der Schädigung der empfindlichen MIH-Zähne vorzubeugen (Prophylaxe).
Durch natürliche Bakterien im Mundraum entstehen besonders nach dem Essen sogenannte Plaque-Säuren. Die Säuren entstehen im Zahnbelag (dem Plaque) und greifen den Zahnschmelz an. Zuckerhaltige Lebensmittel sorgen für eine besonders hohe Konzentration der Plaque-Säuren.
Die Deutsche Gesellschaft für Zahnerhaltung empfiehlt grundsätzlich, mindestens zweimal täglich sorgfältig die Zähne zu putzen. Wenn man durch mangelnde Mundhygiene die Plaque-Säuren nicht beseitigt, kann der Zahnschmelz den Zahn nicht mehr richtig schützen. Bei jedem Menschen kann so Karies entstehen.
Da Kreidezähne einen viel schwächeren Zahnschmelz haben als gesunde Zähne, werden sie besonders stark von den Plaque-Säuren geschädigt und sind sehr viel anfälliger für Karies. Um den Zahnbelag und damit auch die Plaque-Säuren zu reduzieren, sollten Menschen mit Kreidezähnen daher möglichst wenige zuckerhaltige Lebensmittel essen und durch regelmäßiges Zähneputzen den Plaque entfernen.
Zahnpflege bei Kindern: So bleiben Ihre Zähne gesund
Durch sorgfältige und regelmäßige Mundhygiene können Sie Ihre Zähne ein Leben lang gesund erhalten.
Zahnpflege
Eltern sollten ihre Kinder bereits ab dem Kleinkindalter an eine gewissenhafte Mund- und Zahnhygiene gewöhnen. Wenn ein Kind Kreidezähne hat, ist das sorgfältige Zähneputzen nach jeder Mahlzeit entscheidend, um die Schäden an den Zähnen in Grenzen zu halten. Kindgerechte Mundhygieneanleitungen und die Motivation der Eltern können dabei hilfreich sein. Behandelnde Zahnärzte beraten die Eltern zur Vorsorge und Zahnhygiene. Außerdem können sie hochkonzentrierte Fluorid-Präparate verschreiben, die beim Zähneputzen den empfindlichen Zahnschmelz härten und schützen.
Zu den Möglichkeiten der Kariesvorbeugung bei Kreidezähnen und einer guten Zahnhygiene können sich Eltern in ihrer Zahnarztpraxis beraten lassen.