Der Arzt Hippokrates aus der griechischen Antike gilt als Begründer der wissenschaftlichen Medizin. Sein Eid, die Behandlung am Nutzen für die Kranken auszurichten und Schaden von ihnen abzuwenden, gilt noch heute als Symbol für das ärztliche Berufsverständnis.
Auch wir als Krankenkasse halten uns daran und gerade auch in der digitalen Welt. Das heißt: Digitale Hilfsmittel und Technologien dürfen ebenso nur zum Wohl, im Interesse und mit Einverständnis des Patienten eingesetzt werden. Das gilt auch für die mit ihnen verbundenen Kosten, schließlich werden die von der Solidargemeinschaft getragen. Einer Kosten-Nutzen-Abwägung müssen also die von uns eingesetzten Mittel stets standhalten.
Jedoch: Diesen Nutzen klar zu beweisen, ist mitunter gar nicht so einfach. Wie gehen wir zum Beispiel damit um, wenn die Patienten bei der selbstbestimmten Nutzung digitaler Helfer sich nicht an die Vorgaben des Arztes halten? Und wie weisen wir nach, dass eine Anwendung bei unseren Kunden tatsächlich so gut funktioniert und wirkt, wie in der Entwicklung vorgesehen? Eine App kann aus unserer Sicht noch so wichtig sein – wenn aber die Kunden beispielsweise mit ihrer Technik nicht zurechtkommen, erfüllt sie das Kriterium des Nutzens eben nicht.
Der Nutzen digitaler Hilfsmittel und Technologien darf nicht nur technisch überprüft werden, sondern muss tatsächlich in der realen Welt detailliert erforscht werden.
Leben verlängern
Wir dringen darauf, dass Hersteller und Forschung digitale Therapien, Hilfsmittel und Technologien entwickeln, die eindeutig zum Wohl des Patienten beitragen. Das heißt: Die Algorithmen, die ihnen zugrunde liegen, sollten zuverlässig und objektiv sein, die Daten sollten gründlich geprüft werden, ob sie nicht mögliche systematische Verzerrungen vorweisen, und die Zertifizierung sollte verantwortungsvoll erfolgen.
Für digitale Helfer, wie den neuen erstattungsfähigen Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA), gilt beispielsweise trotz schnellem Zulassungsverfahren (Fast Track), dass hier die Evidenz langfristig klar nachgewiesen werden muss. Dabei müssen wir zwar neue Wege für den Nutzennachweis digitaler Produkte finden. Die Standards dürfen aber keinesfalls gesenkt werden. Der Nutzen digitaler Hilfsmittel und Technologien darf nicht nur technisch überprüft werden, sondern muss tatsächlich in der realen Welt detailliert erforscht werden.
Um den Nutzen von Telemedizin genauer zu erforschen, haben wir zum Beispiel eine digitale Telemonitoring-Studie der Berliner Charité unterstützt. Für die Studie des Zentrums für kardiovaskuläre (Herz-Kreislauf-System) Telemedizin der Charité wurde die Hälfte aller 1.500 Patienten des Krankenhauses mit digitalem EKG-Gerät, Blutdruckmesser und Personenwaage ausgestattet.
Die Gesundheitsdaten wurden anschließend über ein Tablet an das telemedizinische Herz-Zentrum der Charité übertragen und rund um die Uhr ausgewertet. Verschlechterten sich die Werte, passten die Ärzte gegebenenfalls die Medikation an oder gaben Empfehlungen für einen Arztbesuch oder eine Krankenhauseinweisung.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts zeigten: Die Patienten, die mit den telemedizinischen Geräten ausgestattet wurden, mussten weniger Tage im Krankenhaus verbringen, und sie lebten länger. Die Studie beweist also: Telemedizin verbessert die Versorgungsqualität deutlich, und zwar sowohl im städtischen als auch im ländlichen Raum.
Diese klare Evidenz des Nutzens macht sowohl die Studie als auch das geprüfte Telemonitoring genau zu der Art Digital-Projekt, die wir bei der Barmer fördern wollen.