Mann sitzt im Wohnzimmer vor dem Fernseher mit Bierflasche in der Hand
Stress und Leistungsdruck

Essen, Trinken, Rauchen: Warum diese Strategien nicht gegen Stress helfen

Lesedauer unter 6 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Marie-Victoria Assel (Psychologin, Barmer)
  • Andrea Jakob-Pannier (Diplom-Sozialpädagogin/ Psychologin/ Psychoonkologin, Barmer)

Wer gestresst ist, achtet häufig weniger auf seine Gesundheit und greift schneller auf Suchtmittel zurück. Denn Substanzen wie Alkohol aktivieren das Belohnungssystem des menschlichen Gehirns. Mit negativen Folgen für die Gesundheit.

Stress kann gesundheitsschädlich sein – das ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass daran nicht nur der Stress selbst, sondern auch unsere Reaktion darauf negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben kann. So neigen manche Menschen im Umgang mit Stress zu ungesunden Verhaltensweisen beispielsweise trinken sie mehr Alkohol, Energydrinks, greifen häufiger zu (E-)Zigaretten, essen über ihren Hunger und nehmen öfter leistungssteigernde Medikamente ein. Diese Strategien gegen den Stress verheißen zwar kurzfristige Linderung, können langfristig aber großen gesundheitlichen Schaden auch für das Umfeld anrichten.

Alkohol

Alkohol ist gesellschaftlich ebenso verbreitet wie anerkannt. Entsprechend groß ist die Zahl der Menschen, die sich zum Feierabend ein, zwei Gläser Bier genehmigen. Und entsprechend niedrig ist die Hemmschwelle, den Tag mit einer halben Flasche Wein ausklingen zu lassen. Stressverarbeitung kann bei diesen Ritualen und Gewohnheiten eine wichtige Rolle spielen. 

So belegen Studien, dass Angestellte umso mehr trinken, je höher ihre Arbeitszeit ist. Und das nicht ohne Grund: Tatsächlich reduziert Alkohol die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol und die Erregbarkeit bestimmter Nervenzellen. Das Nervengift dämpft die Emotionen und löst ein Gefühl der Entspannung aus. Doch nach etwa 45 bis 75 Minuten ist dieser Effekt verpufft. 

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen empfiehlt deshalb, als Frau nicht mehr als 12 Gramm und als Mann nicht mehr als 24 Gramm Alkohol pro Tag aufzunehmen – und auch das auf keinen Fall täglich. Wer diese Schwelle regelmäßig überschreitet, riskiert Organschäden und eine Abhängigkeit. Zum Vergleich: 12 bzw. 24 Gramm Alkohol entsprechen etwa 0,3 bzw. 0,5 Liter Bier oder 1/8 Liter bzw. 1/4 Liter Wein mit einem durchschnittlichen Alkoholgehalt.

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Warum ist Alkoholkonsum bei Stress weiterhin problematisch

Der Konsum alkoholischer Getränke ist grundsätzlich mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung akuter und chronischer Erkrankungen (psychischer sowie somatischer Art) und sozialen Problemen verbunden. Die WHO klassifiziert Alkohol zudem als bedeutendsten Risikofaktor für die Entstehung von Krankheiten. Wer sich ab und zu ein Glas Wein oder Bier gönnt, hat nicht automatisch ein Alkoholproblem. 

Problematisch wird es, wenn man automatisch und regelmäßig zu Alkohol greift, um Stress zu bewältigen – wenn es also zur Gewohnheit wird. Hier besteht die Gefahr, in den Missbrauch oder die Abhängigkeit zu rutschen. In diesem Fall sollte man sich besser nach alternativen Methoden der Stressbewältigung umschauen.

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Rauchen

Dieses Phänomen kennen viele Raucher: Je höher das Stresslevel, desto größer die Lust auf eine (E-)Zigarette oder andere Rauchmittel, wie beispielsweise E-Shishas oder E-Liquids. Raucherpausen sind für viele ein Weg, den Strom an Aufgaben zu unterbrechen und für einen Moment durchzuatmen. Das in den Zigaretten enthaltene Nikotin ist ein hochwirksames Zellgift und aktiviert dabei das Belohnungszentrum im Gehirn und simuliert einen kurzen Entspannungseffekt. 

Doch die ausgeschütteten Hormone flachen schnell wieder ab und der Körper fordert Nachschub in höherer Dosis. Die Folge: Stress. Als Strategie zur Stressbewältigung ist Rauchen damit wirkungslos, kontraproduktiv und schädlich. Sowohl für sich als auch für das unmittelbare Umfeld in Form von Passivrauchen. Denn regelmäßiger Zigarettenkonsum kann verschiedene Krebsarten, Lungenerkrankungen, Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Schlaganfälle verursachen. Es gibt also gute Gründe, sich im Alltag auf anderen Wegen eine Auszeit zu verschaffen.

Medikamente

Zeitnot ist heutzutage das Dauergefühl von vielen Berufstätigen. Hohe Erwartungen, dicht gefüllte Kalender, ständige Erreichbarkeit und permanente Veränderungen verlangen ihnen einiges ab. Immer mehr Erwachsene greifen deshalb zu Medikamenten, um Stress abzubauen, die Stimmung zu verbessern oder ihre Leistung zu steigern. 

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Studien zeigen, dass der Missbrauch, d.h. eine zu lange Anwendung von rezeptpflichtigen Mitteln wie die ADHS-Medikamente mit dem Wirkstoff Methylphenidat, Schlaf- und Beruhigungsmittel, Antidepressiva oder Amphetaminen stark zugenommen hat. 

Oft entsteht ein Teufelskreis: Aufputschende Substanzen sorgen für Schlaflosigkeit, gegen die wiederum Beruhigungsmittel eingenommen werden. Die versprochene Wirkung stellt sich oftmals nicht ein – unerwünschte Nebenwirkungen hingegen schon. Abhängigkeit, psychische Beeinträchtigungen bis hin zu Erkrankungen und schwere körperliche Beschwerden können die bösen negativen Folgen des Missbrauchs sein. Der behandelnde Arzt oder die Ärztin hat in der Regel immer ein Auge auf die richtige Anwendung der Medikamente und unterstützt bei Problemen.

Emotionales Essen

Eigentlich schickt uns der Körper eindeutige Botschaften. Wenn wir Nahrung brauchen, haben wir Hunger. Wenn unser Bedarf gedeckt ist, fühlen wir uns satt. In stressigen Zeiten übergehen viele diese Signale und essen, ohne hungrig zu sein. „Emotionales Essen“ nennen Psychologen dieses Verhalten. 

Nach einem anstrengenden Tag entschädigen wir uns zum Beispiel mit einem zweiten Stück Lasagne für die Strapazen. Und wurden wir von einem Kollegen kritisiert, soll uns die Tafel Schokolade darüber hinwegtrösten. Denn Essen ist für viele mit positiven Gefühlen verbunden. Eine üppige Mahlzeit lässt uns kurzzeitig Probleme vergessen und beruhigt unser Nervenkostüm. Doch dieser Effekt ist nur von kurzer Dauer. Eigentlich hungern wir nach etwas anderem und werden deshalb durch das emotionale Essen niemals wirklich satt. Statt Entspannung gewinnen wir lediglich Magendrücken oder Bauchschmerzen, Übergewicht und Unzufriedenheit.

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Wer dem emotionalen Essen endgültig ein Ende setzen will, sollte sich langfristig mit dem eigentlichen Problem auseinandersetzen. Denn: Wenn Hunger nicht das Problem ist, dann ist Essen auch nicht die Lösung.

Deshalb gilt: Wenn Sie regelmäßig auf eine dieser Strategien zurückgreifen, um Stress zu verarbeiten, sollten Sie sich nach anderen Möglichkeiten umsehen.

Beobachten und hinterfragen Sie von Zeit zu Zeit Ihr Verhalten:

Wenn Sie bemerken, dass Sie mit Essen, Alkohol, (E-) Zigaretten, Medikamenten oder anderen legalen oder illegalen Suchtmitteln nach Entspannung suchen, sollten Sie gezielt entgegensteuern. Eine professionelle Anlaufstelle kann Ihnen helfen, wenn Sie alleine nicht mehr weiterkommen oder die Kontrolle verloren haben.

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Weitere Hilfsangebote:

Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren

Aktionswoche Alkohol

Literatur

  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Suchtforschung und Suchttherapie (DG-Sucht). S3-Leitlinie: Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen.
  • Deutsche Hauptstelle für Suchtgefahren (Abruf 12.09.20): Alkohol: Mythen und Meinungen
  • Virtanen, M., Jokela, M., Nyberg, S. T., Madsen, I. E., Lallukka, T., Ahola, K., & Burr, H. (2015). Long working hours and alcohol use: systematic review and meta-analysis of published studies and unpublished individual participant data. Bmj, 350.
  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - rauchfrei (Abruf 12.09.20): Rauchen und Stress: Welche Zusammenhänge gibt es?
  • Deutsches Ärzteblatt (Abruf 12.09.20): Hirndoping am Arbeitsplatz nimmt zu
  • DHS Infomaterial (Abruf 12.09.2020): Broschüre Glücksspiel

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