Eine Frau sitzt auf der Couch und nimmt Nasenspray ein.
Sucht

Sucht nach Nasenspray: Tipps gegen Abhängigkeit

Lesedauer unter 6 Minuten

Redaktion

  • Barmer

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Madeleine Zinser (Ärztin, Content Fleet GmbH)

Es ist so schön einfach: Ein kurzer Sprühstoß – und die verstopfte Nase ist wieder frei. Daher wundert es nicht, dass von den vielen Millionen Packungen an Erkältungsmitteln, die in einer Erkältungssaison über den Apothekentisch gehen, die Nasensprays am populärsten sind. Aber stimmt es, dass diese Sprays abhängig machen können? Und wenn ja: Wie kann man eine Nasenspray-Sucht wieder loswerden?

Nasenspray-Sucht: So kann eine Abhängigkeit zu Nasensprays entstehen

Im Herbst und Winter haben nicht nur Erkältung und Schnupfen Hochzeit, sondern auch verschreibungsfreie Mittel aus der Apotheke, beispielsweise die Meerwasser-Nasensprays. Alternativ stehen auch abschwellende Nasensprays hoch im Kurs. Abschwellende Nasensprays enthalten sogenannte Alpha-Sympathomimetika wie Xylometazolin und Oxymetazolin. die gefäßverengend (vasokonstriktorisch) wirken.

Die Folge: Nach einem Pumpstoß des Nasensprays in die Nase ziehen sich die Blutgefäße der Nasenschleimhaut zusammen, die Schleimhaut schwillt ab, und die Nase ist wieder frei.

Aber: Beide Varianten können süchtig machen und zum Beispiel zu chronischem Schnupfen und weiteren Erkrankungen führen. Hausarztpraxen, HNO-Praxen und Apotheken machen regelmäßig darauf aufmerksam, abschwellende Nasensprays spätestens nach sieben Tagen abzusetzen. Ansonsten besteht die Gefahr einer Abhängigkeit. Wichtig außerdem: Nasensprays, die Alpha-Sympathomimetika enthalten, sollten Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck oder einem erhöhten Risiko für derartige Erkrankungen nur in ärztlicher Absprache anwenden.

Konservierungsstofffreie Nasensprays rein auf der Basis von Meerwasser und Wasser enthalten hingegen keine chemischen Wirkstoffe, sie können daher länger angewendet werden. Aber auch bei diesen Sprays hilft ein Blick in die Packungsbeilage, um Hinweise zur Anwendungsmenge und -dauer zu erhalten. 

Ihr Newsletter für ein gesünderes Leben

Jetzt unverbindlich anmelden, monatlich Gesundheitsthemen mit wertvollen Tipps erhalten und über exklusive Barmer-Services und -Neuigkeiten informiert werden.

Newsletter abonnieren

Nicht frei durchatmen können ohne Nasenspray

Die Warnung vor einer Nasenspray- oder Nasentropfensucht wird oft nicht gehört oder als nicht so ernst zu nehmend erachtet. Ist es doch nur ein kleiner Sprühstoß oder Tropfen, den man in die verstopfte Nase gibt – und die Mittel gibt es schließlich rezeptfrei in der Apotheke. Bereits vor Jahren wurde geschätzt, dass 100.000 Menschen in Deutschland von einer Nasenspray-Abhängigkeit betroffen sind. Sie können nicht mehr frei atmen, ohne Nasensprays oder ähnliche Mittel zu benutzen.

Eine Nasenspray-Sucht kann gefährlich werden und ernste Folgen haben – körperlich und seelisch. Denn die Nasenschleimhaut gewöhnt sich an das Medikament, es kommt zu einem sogenannten Rebound-Effekt, auch Rebound-Phänomen genannt: Bereits kurze Zeit nach der Einnahme lässt die Wirkung des Nasensprays nach. Die Nasenschleimhaut schwillt zwar zunächst ab, wird dann aber schnell wieder dicker – man greift erneut zum Spray, um durchatmen zu können.

Menschen mit Nasenspray-Sucht benutzen das Spray (oder die Tropfen) über Monate oder Jahre, steigern die Dosis immer weiter. Sollte das Mittel höchstens dreimal am Tag benutzt werden, sprühen oder tropfen Betroffene oft mehr als zehnmal am Tag, denn die Wirkung lässt immer schneller nach. Die Nasenspray-Süchtigen bekommen ohne das Medikament keine Luft mehr durch die Nase, weil die Nasenschleimhaut oft gar nicht mehr abschwillt. Fachleute sprechen hier von einer Rhinitis medicamentosa, einer Entzündung der Nasenschleimhaut infolge übermäßigen Gebrauchs abschwellender Nasensprays.

Ein Teufelskreis: Mehr Erkältungen durch Nasenspray

Warum fördert eine anhaltende Verwendung von Nasenspray auch die Anfälligkeit für Erkältungen?

Die Schleimhaut der Nase wird durch die chemischen Inhaltsstoffe des Nasensprays irgendwann derart gereizt, dass sie extrem trocken und dünn wird. Eine trockene Nasenschleimhaut fühlt sich nicht nur lästig an, sie kann auch ihre Abwehraufgaben gegen Erreger nicht mehr richtig erfüllen. Ist dieser Abwehrmechanismus der Nasenschleimhaut gestört, haben Viren und Bakterien ein leichtes Spiel. Die Betroffenen werden häufiger krank.

Zusätzlich kommt es aufgrund der Nasenspray-Abhängigkeit zu einer Rhinitis medicamentosa mit Flüssigkeitsansammlungen in der Nasenschleimhaut (Ödemen), die die Schleimhaut dauerhaft anschwellen lassen. Betroffene greifen deshalb erneut zum Nasenspray, um eine Linderung zu erreichen – und halten so den Teufelskreis der Nasenspray-Abhängigkeit und der erhöhten Anfälligkeit für Erkältungen aufrecht. 

Eine Frau putzt sich mit einem Taschentuch die Nase

Bei einer Nasenspraysucht kann es vorkommen, dass man häufiger erkältet ist.

Welche körperlichen Folgen hat eine Nasenspray-Sucht? 

Bei einer schweren Nasenspray-Sucht kann es zu heftigen körperlichen Auswirkungen kommen: Das Gewebe in der Nase ist irgendwann so sehr geschädigt, dass sich Bakterien ausbreiten und faulige Substanzen absondern, die einen schlimmen Geruch verströmen.

Die Betroffenen riechen dies nicht – ihre Mitmenschen aber sehr wohl. Dieses Krankheitsbild wird Stinknase genannt (Fachbegriffe: Ozäna/Rhinitis atrophicans). Auch psychisch kann die Sucht heftige Auswirkungen haben.

„Meine Schleimhäute waren irgendwann so stark angegriffen, dass ich ständig Nasenbluten bekam."

Eine Betroffene erzählt von ihrer Nasenspray-Sucht und wie sie davon loskam. 

Wann liegt eine Nasenspray-Abhängigkeit vor? 

Ärztinnen und Ärzte können über eine Untersuchung der Nasenschleimhaut feststellen, ob diese bereits Schädigungen infolge eines übermäßigen Gebrauchs von Nasenspray aufweist. So sind beispielsweise Nasenbluten, trockene, gerötete Schleimhäute und eine Schleimhautschwellung aussagekräftige Hinweise. Patientinnen und Patienten berichten typischerweise von einer beeinträchtigten Nasenatmung, ohne dass dabei die Nase läuft – und all das vor dem Hintergrund einer bereits längeren Nasenspray-Anwendung.

Auf eine Nasenspray-Abhängigkeit können unter anderem die folgenden Anzeichen hinweisen:

  • Sie nehmen das Mittel schon länger als eine Woche ein.
  • Bereits kurze Zeit nach der Anwendung bekommen Sie wieder schlecht Luft.
  • Die Dosis haben Sie im Laufe der Zeit immer weiter gesteigert.
  • In der Handtasche oder in der Hosentasche haben Sie immer ein Spray dabei.

Mit der Barmer Teledoktor-App per Video zum Arzt

Barmer-Mitglieder nutzen die individuelle Beratung bei Krankheit und zu möglichen Behandlungen, beispielsweise bei einer Nasenspray-Sucht, kostenlos mit der Barmer Teledoktor-App.

Barmer Teledoktor-App

Entwöhnung: 5 Tipps, um eine Nasenspray-Sucht loszuwerden

1. Kalter Entzug

Benutzen Sie das abschwellende Nasenspray noch nicht allzu lange? Dann können Sie versuchen, es einfach wegzulegen. Durchhalten erfordert Willenskraft, es gibt aber Maßnahmen zur Unterstützung dieses kalten Entzugs, die die Nasenschleimhaut beruhigen und pflegen: Dazu gehören insbesondere Nasensprays und Nasensalben mit einer Salzlösung sowie pflegenden Stoffen wie Hyaluronsäure oder Dexpanthenol.

2. Kontinuierliches Ausschleichen

Kontinuierliches Ausschleichen ist empfehlenswert für Betroffene, denen ein strikter Entzug zu hart ist. Die Anwendung von Kindernasenspray mit abschwellender Wirkung kann eine Möglichkeit sein – es enthält weniger Wirkstoffe als das abschwellende Nasenspray für Erwachsene. Aber auch das Kindernasenspray ist keine dauerhafte Lösung, sondern kann nur eine Zwischenstation darstellen auf dem Weg zum kompletten Verzicht auf Nasenspray.

3. Häufigkeit der Sprühstöße reduzieren

Versuchen Sie, die Anwendung stetig zu reduzieren. Haben Sie das Mittel zum Beispiel bisher zehnmal am Tag genommen, sollten Sie auf achtmal, sechsmal, viermal verringern – bis Sie es ganz lassen können. Zu dieser Methode gehört aber viel Disziplin, um nicht mehr abhängig zu sein.

Unterstützend kann wirken, wenn Sie sich im Kalender jedes Mal notieren, auf welche Dosis Sie reduzieren wollen, und sich mit einer kleinen Aufmerksamkeit belohnen, wenn Sie es geschafft haben.

4. Die Ein-Loch-Therapie

Sprühen Sie das Medikament nur noch in ein Nasenloch – solange bis Sie das Gefühl haben, durch dieses Nasenloch besser atmen zu können. Dann können Sie auch das zweite Nasenloch weglassen oder hier langsam die Dosis reduzieren.

5. Entzug mit ärztlicher Betreuung

Die Entwöhnung sollten Sie möglichst mit ärztlicher Betreuung starten – besonders wenn Sie bei längerer Anwendung schon stärkere körperliche Folgen wie häufiges Nasenbluten, eine geschädigte Schleimhaut oder einen fehlenden Geruchssinn bemerken.

Ihre Ärztin oder Ihr Arzt kann Ihnen kortisonhaltiges Nasenspray oder kortisonhaltige Tabletten verschreiben, durch die die Nasenschleimhaut abschwellen kann. Die Ärztin oder der Arzt kann auch entscheiden, ob vergrößerte Nasenmuscheln durch eine Operation korrigiert werden müssen.

Mit der Barmer Arztsuche eine Ärztin oder einen Arzt in Ihrer Nähe finden

Finden Sie eine Fachpraxis für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde in Ihrer Umgebung und deutschlandweit.

Barmer Arztsuche

Zertifizierung

Auf unsere Informationen können Sie sich verlassen. Sie sind hochwertig und zertifiziert.