Das Gesundheitswesen verursacht einen hohen CO2-Ausstoß. Doch fehlt eine Agenda, wie das System klimaneutral werden kann. Wir brauchen jetzt einen gemeinsamen Aktionsplan und müssen Nachhaltigkeit gesetzlich stärken.
Berlin, März 2023 – Die größte Gesundheitsbedrohung im 21. Jahrhundert ist laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Klimawandel. Mit dessen Folgen befasst sich das im Januar 2023 veröffentlichte Gutachten des Sachverständigenrates Gesundheit und Pflege und kommt zum Fazit: Das deutsche Gesundheitswesen ist nicht ausreichend vorbereitet.
Gesundheitsrisiko Klimawandel
Wir erleben schon heute, wie sich der Klimawandel auf die Gesundheit auswirkt. Besonders deutlich wird das bei Katastrophen wie der Flut im Sommer 2021. Aber auch Hitzewellen und starke Temperatursprünge führen zu mehr Krankenhauseinweisungen, überlasteten Notaufnahmen und letztlich mehr Todesfällen. So starben in den Hitzesommern 2003, 2006 und 2015 jeweils 6.000 bis 7.500 Menschen zusätzlich an den Folgen der Hitze.
In solchen Phasen sind auch Nierenerkrankungen wahrscheinlicher, es kommt zu mehr Frühgeburten und Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen leiden unter der höheren Ozonkonzentration. Wir müssen uns darauf einstellen, dass solche extremen Wetterereignisse künftig häufiger auftreten.
Klimaschutz ist Gesundheitsschutz
Für die Barmer ist Klimaschutz ein Beitrag zum Gesundheitsschutz. Als erste große Krankenkasse arbeiten wir seit 2022 an allen Standorten klimaneutral. Die Barmer reduziert ihren CO2-Ausstoß kontinuierlich und berichtet darüber in ihrem Nachhaltigkeitsbericht.
Eine vollständige Vermeidung ist derzeit aber nicht möglich. Den verbliebenen Ausstoß kompensieren wir deshalb durch die Unterstützung klimafreundlicher Projekte. Unser Ziel ist jedoch, so viel CO2 wie möglich zu reduzieren, statt zu kompensieren.
Hoher Ausstoß von Treibhausgasen durch das Gesundheitswesen
Das Gesundheitssystem sollte ein besonderes Interesse an gesunden Lebensbedingungen haben. Doch es trägt selbst mit rund fünf Prozent nennenswert zum Treibhausgasausstoß in Deutschland bei. Das ist weit mehr, als der gesamte Flugverkehr verursacht. Bereits 2021 forderte der Deutsche Ärztetag, ein klimaneutrales Gesundheitswesen bis 2030 anzustreben. Und im Dezember 2022 unterzeichnete der Gesundheitsminister mit Spitzenorganisationen, Ländern und Kommunen den „Klimapakt Gesundheit“.
Aber in der Umsetzung passiert noch viel zu wenig. Eine aktuelle Studie im Auftrag der BARMER zeigt: Zwar beschäftigen sich fast drei Viertel der befragten Akteure im Gesundheitswesen mit Klimaneutralität oder planen dies. Aber nur 21 Prozent haben den CO2-Fußabdruck der eigenen Organisation berechnet. Und lediglich elf Prozent halten das vom Ärztetag geforderte Ziel – Klimaneutralität bis 2030 – überhaupt noch für erreichbar.
Nachhaltigkeit gehört ins Sozialgesetzbuch
Wir brauchen einen gemeinsamen Aktionsplan für das Gesundheitssystem und klar formulierte Ziele, bis wann wir was erreicht haben wollen. Politik und Selbstverwaltung müssen Klimaschutz höher priorisieren und Hürden in der Gesetzgebung beseitigen.
Nachhaltigkeit sollte Grundbedingung des Verwaltungshandelns sein und im Sozialgesetzbuch verankert werden. Zudem braucht es ein klares Bekenntnis von Bund und Ländern, Ressourcen für die notwendigen Veränderungen bereitzustellen. Passiert das nicht, ist der Wandel zu einem nachhaltigen Gesundheitswesen nicht zu erreichen.