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Gehirnerschütterung: Symptome und Behandlung

Lesedauer

unter 8 Minuten

Redaktion

  • almeda GmbH

Qualitätssicherung

  • Dr. med. Madeleine Zinser (Ärztin, Content Fleet GmbH)

Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) ist ein veralteter Begriff für die leichte Form eines Schädel-Hirn-Traumas (SHT Grad 1). Durch eine Gewalteinwirkung auf den Kopf kann es zu einer vorübergehenden Funktionsstörung des Gehirns kommen. Das kann beispielsweise zu Benommenheit und Verwirrung bis hin zur Bewusstlosigkeit führen. Das Gehirn wird nicht bleibend geschädigt, braucht aber Zeit, um sich zu regenerieren. Bei Verdacht auf eine Gehirnerschütterung insbesondere mit Bewusstlosigkeit sollte unbedingt eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden.

Auf einem Blick

  • Symptome: Zu den typischen Anzeichen einer Gehirnerschütterung gehören Kopfschmerzen und Schwindel. Auch Benommenheit, Verwirrtheit und eine Verlangsamung im Denken sowie Schwierigkeiten bei der Konzentration und Orientierung können auftreten. Außerdem kann es zu Gedächtnisverlust und Bewusstlosigkeit kommen. 
  • Ursachen: Zu einer Gehirnerschütterung kommt es durch eine Gewalteinwirkung auf den Kopf, etwa infolge von Stürzen, Sportverletzungen, Verkehrs-, Arbeits- oder Haushaltsunfällen.
  • Verlauf: Die Beschwerden gehen in der Regel in wenigen Tagen oder Wochen zurück. Bei manchen Betroffenen zeigen sich über einige Wochen bis Monate weiterhin Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafschwierigkeiten, Antriebslosigkeit, Ängstlichkeit oder Reizbarkeit. Zu bleibenden Schäden kommt es bei einer Gehirnerschütterung normalerweise nicht. 
  • Diagnostik: Die Diagnose erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus Anamnese, körperlicher Untersuchung und gegebenenfalls bildgebenden Verfahren wie Computertomografie und Magnetresonanztomografie. 
  • Therapie: Wichtig sind ganz zu Beginn sowohl körperliche als auch geistige Ruhe. Dann sollten Alltagsaktivitäten zeitnah wieder aufgenommen werden, das trägt zu einer schnelleren Genesung bei.
  • Vorsorge: Das Risiko für Kopfverletzungen in der Freizeit und beim Sport lässt sich mindern, wenn beispielsweise beim Fahrrad- oder Skifahren, Inlineskaten oder Reiten ein Helm getragen wird. Im Auto ist Anschnallen wichtig, zu Hause sollten Stolperfallen entfernt werden. Im Alter können Bewegungs- und Koordinationsübungen helfen, die Muskulatur und den Gleichgewichtssinn zu stärken, um Stürzen vorzubeugen.

Was ist eine Gehirnerschütterung?

Der Begriff Gehirnerschütterung (Commotio cerebri) ist veraltet. Heutzutage wird sie als leichte Form des Schädel-Hirn-Traumas angesehen. Es handelt sich um eine Verletzung des Schädels mit Gehirnbeteiligung. Durch eine Gewalteinwirkung am Kopf kommt es zu einer plötzlichen, vorübergehenden Störung von Gehirnfunktionen. 

Zeichen dafür sind Bewusstseinsstörungen, auch Erinnerungslücken können auftreten. Bei einem leichten Schädel-Hirn-Trauma dauert die Bewusstlosigkeit definitionsgemäß nicht länger als eine halbe Stunde. Außerdem hält ein Gedächtnisverlust (Amnesie) nicht länger als 24 Stunden an. Betroffene erholen sich von einer Gehirnerschütterung meist vollständig. Sie sollten sich aber bei Verdacht auf eine Gehirnerschütterung ärztlich untersuchen lassen.

Gehirnerschütterung: Wann schnelle Hilfe erforderlich ist

In fast allen Fällen sollte ärztliche Hilfe hinzugezogen werden. Nur wenn Menschen nach einer relativ leichten Gewalteinwirkung am Kopf völlig beschwerdefrei sind, unter 60 Jahre alt und auch sonst gesund sind, kann eine ärztliche Vorstellung zunächst unterbleiben. Bei Symptomen wie Bewusstlosigkeit, wiederholtem Erbrechen, Krampfanfällen, unklarem Sprechen oder unterschiedlich großen Pupillen sollte umgehend der Notruf 112 verständigt werden.

Schädel-Hirn-Traumata werden anhand einer international anerkannten Skala, der Glasgow Coma Scale (GCS), in verschiedene Schweregrade eingeteilt. Die Skala beurteilt den Bewusstseinszustand der Betroffenen. Beim leichten Schädel-Hirn-Trauma liegt der Wert 30 Minuten nach dem Trauma bei 13 bis 15. Bei schwereren Formen ist er niedriger. Zudem können bildgebende Verfahren wie die Computertomografie und Magnetresonanztomografie innere Verletzungen des Gehirns zeigen, die wiederum ein mittelschweres oder schweres Schädel-Hirn-Trauma bestätigen.

Glasgow Coma Scale KriterienPunkte
Augenöffnen
Spontan4
Auf Ansprache3
Auf Schmerzreiz2
Kein Augenöffnen1
Verbale Antwort
Voll adäquat5
Unzureichend adäquat4
Einzelne Wortäußerung3
Unverständliche Laute2
Keine Antwort1
Motorische Antwort
Auf Aufforderung normal6
Auf Scherzreiz gezielt5
Auf Schmerzreiz ungezielt4
Beugesynergismen3
Strecksynergismen2
Keine Abwehrbewegung1
Auswertung
Leichtes SHT
GSC 15-13
Mittelschweres SHT:
GSC 12-9
Schweres SHT:
GSC <9 oder
Bewusstseinsstörung > 24 Std.

Besonders häufig treten leichte Gehirnerschütterungen in drei Altersgruppen auf: bei Kindern unter fünf Jahren, bei jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren sowie bei älteren Menschen ab 75 Jahren.

Welche Symptome verursacht eine Gehirnerschütterung?

Bei einer Gehirnerschütterung zeigen sich Symptome von unterschiedlicher Dauer. Sie können auch erst Stunden oder Tage nach dem Ereignis auftreten. Nach einigen Tagen, in manchen Fällen aber auch erst nach ein bis drei Monaten, klingen die Beschwerden einer Gehirnerschütterung in der Regel wieder ab. Es kann allerdings auch vorkommen, dass die Symptome länger als ein Jahr bestehen.

Bewusstseinsstörung

Bei einer Gehirnerschütterung kann es zu einer Bewusstseinstrübung, etwa Verwirrtheit oder Verlangsamung, oder zu einer Bewusstlosigkeit kommen. Sie dauert zwischen wenigen Sekunden und 30 Minuten. Für die Zeit unmittelbar vor (retrograd) oder nach (anterograd) der Verletzung besteht häufig eine Erinnerungslücke (Amnesie). Bei einem Schädel-Hirn-Trauma Grad 1 dauert die Amnesie definitionsgemäß nicht länger als 24 Stunden an. Der Zustand der verletzten Person kann sich anfangs schnell ändern. Betroffene mit Bewusstlosigkeit oder Amnesie sollten stationär aufgenommen und überwacht werden.

Kopf- und Nackenschmerzen

Zu den typischen Symptomen einer Gehirnerschütterung gehören Kopf- und Nackenschmerzen. Bei bestimmten Unfallhergängen erleiden manche Betroffene zusätzlich eine Verstauchung der Halswirbelsäule (HWS-Distorsion) durch ein Beschleunigungstrauma. Sie äußert sich in einer Verspannung der Hals-Nacken-Muskulatur mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung, also einer Nackensteife.

Weitere Symptome

Weitere Symptome einer Gehirnerschütterung können Denkstörungen, Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit sein. Außerdem sind mögliche Folgen unter anderem Schwindel, Schlafstörungen, eine ausgeprägte Müdigkeit (Fatigue) sowie Licht- und Geräuschempfindlichkeit.

Die Gehirnerschütterung kann zudem Stimmungsschwankungen nach sich ziehen. Auch Nervosität oder depressive Verstimmungen sind möglich.

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Bei welchen Symptomen ist eine Aufnahme ins Krankenhaus angeraten?

Menschen mit einer Gehirnerschütterung sollten zur Beobachtung sicherheitshalber für 24 Stunden stationär aufgenommen werden.

Eine Einweisung ins Krankenhaus ist unter anderem in folgenden Fällen anzuraten:

  • Bewusstlosigkeit
  • Gedächtnisverlust (Amnesie)
  • Krampfanfälle
  • Anzeichen oder Nachweis eines Schädelbruchs
  • Alter über 60 Jahre
  • Hinweise auf Alkohol- oder Drogenkonsum
  • Erbrechen
  • Kopfschmerzen

Gehirnerschütterung: Symptome beim Baby

Ein Sturz vom Wickeltisch oder aus dem Hochstuhl ist schnell passiert – und sollte immer ärztlich untersucht werden. Kleinkinder und Babys können andere Symptome als Erwachsene aufweisen und die Beurteilung des Schweregrads ist schwieriger, weil sie sich nicht äußern können. Liegt eine Gehirnerschütterung vor, treten bei Babys Symptome wie Erbrechen, Unruhe und Weinen, Veränderungen im Schlafmuster und Reizbarkeit auf. Möglicherweise zeigt der Säugling weniger Interesse an seiner Umgebung, auch Trinkunlust kann vorkommen. Im Zweifel ist der Rettungsdienst hinzuzuziehen.

Welche Ursachen hat eine Gehirnerschütterung?

Eine Erschütterung des Gehirns (Schädel-Hirn-Trauma Grad 1) passiert beispielsweise durch einen Stoß, Schlag, Sturz oder Zusammenprall. Bei einem leichten Schädel-Hirn-Trauma kommt es nicht zu einer schwerwiegenden Hirnschädigung, jedoch werden Nervenstrukturen durch die Erschütterung vorübergehend in ihrer Funktion beeinträchtigt. Die Folge sind etwa Bewusstseinsstörungen.

Ein kleines Kind liegt bewusstlos auf dem Boden

Eine Gehirnerschütterung beispielsweise durch einen Sturz kann Bewusstseinsstörungen oder Bewusstlosigkeit zur Folge haben.

Diagnostik: Wie stellen Ärztinnen und Ärzte eine Gehirnerschütterung fest?

Wurde aufgrund eines Unfalls ein Rettungswagen gerufen, macht sich das medizinische Fachpersonal noch am Unfallort mit einfachen Mitteln ein Bild vom Zustand der verletzten Person: Ist sie ansprechbar? Ist das Bewusstsein (noch) getrübt? Aufschluss geben simple Fragen nach dem Namen, Wochentag oder Ort, wie zum Beispiel: „Wo befinden Sie sich hier?“ Ebenfalls wichtig: Gelingt es der betroffenen Person, die Augen zu öffnen, auf Reize und Aufforderungen zu reagieren und sich sprachlich zu äußern?

Kopf und Körper werden auf (weitere) Verletzungen untersucht. War die verletzte Person infolge des Unfalls vorübergehend bewusstlos, sind Aussagen von Zeuginnen und Zeugen gefragt. Wichtig ist unter anderem die Angabe, wie lange die Bewusstlosigkeit angedauert hat.

Bei Verdacht auf Knochenbrüche kann eine Röntgenuntersuchung durchgeführt werden. Bei vermuteten schwereren Verletzungen des Gehirns erfolgt eine Untersuchung mittels Computertomografie (CT). Das detaillierte CT-Bild des Schädels gibt Aufschluss über Blutungen und Schwellungen im Gehirn – Hinweise, die lebensrettend sein können. Auch die Wirbelsäule lässt sich per CT auf mögliche Schädigungen untersuchen.

Eine Frau auf einer Therapieliege erhält eine Computertomografie (CT) am Kopf.

Bei vermuteten schweren Verletzungen durch eine Gehirnerschütterung kann eine Computertomografie (CT) Aufschluss über Blutungen und Schwellungen im Gehirn geben.

Manchmal wird auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) zur weiteren Klärung angeordnet. Unter Umständen sind ergänzende Untersuchungen sinnvoll, zum Beispiel eine Hirnstrommessung (EEG) oder eine MR-Angiografie, eine kernspintomografische Untersuchung von Gefäßen.

Blutuntersuchungen zeigen, ob die verletzte Person unter Alkoholeinfluss oder Drogeneinfluss stand. Diese Informationen können wichtig im Hinblick auf die Behandlung sein.

Neuropsychologische Tests, die die Hirnleistung messen, werden bei Bedarf später vorgenommen.

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Therapie: Wie wird eine Gehirnerschütterung behandelt?

Bei Verdacht auf eine Gehirnerschütterung sollte die verletzte Person ärztlich untersucht werden. Dazu gehören in manchen Fällen auch bildgebende Verfahren wie CT und MRT.

Idealerweise bleiben von einer Gehirnerschütterung betroffene Personen, die nicht ins Krankenhaus müssen, für mindestens 24 Stunden nicht allein, sondern unter Aufsicht, beispielsweise von Angehörigen. Aktivitäten wie Fernsehen, Arbeiten oder Spielen am Computer, Lesen und Sport sollten zunächst vermieden werden. Normalerweise reichen einige Tage Schonung zur Regeneration aus. Wenn sich innerhalb dieser Tage neue Symptome einstellen oder bestehende Beschwerden verstärken, ist eine erneute ärztliche Abklärung nötig.

Entgegen früheren Annahmen können Betroffene sich relativ frühzeitig (etwa 24 bis 72 Stunden nach dem Ereignis) und in enger Abstimmung mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt wieder an Alltagsaktivitäten herantasten, da das eine schnellere Genesung fördert. Überlasten sollten sie sich jedoch nicht.

Welche Medikamente werden bei Gehirnerschütterung eingesetzt?

Als Akuttherapie können bei einer leichten Gehirnerschütterung Medikamente gegen Symptome wie Kopfschmerzen, Schwindel oder Übelkeit verordnet werden. Keinesfalls sollten Betroffene nach einer Gehirnerschütterung auf eigene Faust Medikamente einnehmen.

Welche Folgeerkrankungen können nach einer Gehirnerschütterung auftreten?

Eine Gehirnerschütterung heilt normalerweise ohne Folgeschäden ab. Manche Betroffene klagen jedoch noch längere Zeit über Symptome. Wie schnell eine Person sich im Einzelfall von einer Gehirnerschütterung erholt, ist sehr individuell.

Die übriggebliebenen Symptome sollten individuell behandelt werden. Dazu eignen sich etwa eine Schmerztherapie, physiotherapeutische und psychotherapeutische Maßnahmen. Auch Entspannungsübungen, können sinnvoll sein.

Das Universitätsspital Bern hat für Eltern eine Broschüre über den Alltag von Kindern und Jugendlichen nach einer Gehirnerschütterung veröffentlicht. 

Mit den Symptomen einer Gehirnerschütterung bei Erwachsenen infolge eines Sportunfalls beschäftigt sich die Publikation „Leichtes Schädel-Hirn-Trauma im Sport“ des Bundesinstituts für Sportwissenschaft. 

Ebenfalls lesenswert ist die Broschüre „Erste Hilfe am Kind – kinderleicht“, die die Barmer in Zusammenarbeit mit der Johanniter-Unfall-Hilfe zusammengestellt hat. 

Literatur

Weiterführende Informationen

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