Junge Frau mit Rucksack dreht sich lächelnd zur Kamera
Prävention & Vorsorge

Demenz vorbeugen: Gesunder Lifestyle gegen Gedächtnisverlust?

Lesedauer unter 8 Minuten

Redaktion

  • Dr. med. Christian Heinrich (Mediziner und Journalist, Nerdpol – Redaktionsbüro für Medizin- und Wissenschaftsjournalismus)

Qualitätssicherung

  • Prof. Dr. med. Helmut Wolf (Facharzt für Neuropathologie)

Es beginnt häufig mit sich wiederholenden Gedächtnislücken. Bald lassen die Fähigkeiten zu denken, sich zu orientieren und die Auffassungsgabe nach. Im fortgeschrittenen Stadium einer Demenz erkennen Betroffene oftmals ihre Liebsten nicht mehr. Sprachstörungen, Beeinträchtigungen des Bewegungsablaufs und teilweise auch psychiatrische Störungen gehören oft zum Krankheitsbild. Doch es gibt Möglichkeiten, das Risiko für eine Demenz zu verringern. Der Lebensstil kann dabei eine Rolle spielen.

Wie viele Menschen sind von Demenz betroffen?

In Deutschland leben derzeit rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Dabei handelt es sich um ein neurologisches Krankheitsbild, das durch den Abbau und Verlust kognitiver Fähigkeiten gekennzeichnet ist. Es gibt verschiedene Arten von Demenz, die teilweise auch unterschiedliche Ursachen haben. Die beiden häufigsten Formen sind die Alzheimer-Demenz und die sogenannte vaskuläre Demenz.

Ursachen: Wie entsteht eine Demenz?

Alzheimer-Erkrankung: die häufigste Form von Demenz

Rund 70 Prozent aller Demenzerkrankten haben eine Alzheimer-Demenz. Die Erkrankung ist unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass sich im Gehirn verschiedene Moleküle ablagern und ansammeln, sogenannte Amyloid-Plaques und Tau-Proteine. Außerdem kommt es zu einem Untergang der Nervenzellen, dem Verlust ihrer Verbindungen (Synapsen) untereinander und zu einer Schrumpfung des Gehirns insgesamt. 

Warum genau ein Patient oder eine Patientin an Alzheimer erkrankt ist, bleibt meist unklar. Ein kleiner Teil der Alzheimer-Demenzen – insbesondere, wenn sie vor dem 65. Lebensjahr auftreten – ist genetisch bedingt. Bei den meisten Fällen spielen die Gene aber vermutlich nur eine untergeordnete Rolle.

Vaskuläre Demenz durch Gefäßschäden

Bei der vaskulären Demenz weiß man bereits mehr über die Ursachen: Schädigungen in den Hirngefäßen führen hier zur Erkrankung. Für die Gefäßschäden kann ein langjähriger Bluthochdruck verantwortlich sein. Es können aber auch winzige Einblutungen in den Hirngefäßen eine vaskuläre Demenz auslösen. Die vaskuläre Demenz macht etwa 15 Prozent aller Demenzen aus. 

Seltenere Demenzformen

Es existieren noch eine Reihe anderer Demenzformen, die aber deutlich seltener als die Alzheimer-Erkrankung und die vaskuläre Demenz auftreten. Die häufigste unter diesen selteneren Formen ist die Lewy-Body-Demenz, bei der sogenannte Lewy-Körperchen nachweisbar sind und die auch mit Parkinson-Beschwerden einhergeht. Weitere seltenere Demenzformen sind die frontotemporale Demenz und Demenzen, die als Folge anderer Krankheiten wie seltenen Lebererkrankungen oder einer HIV-Infektion entstehen können. Häufig kann es auch zu Mischformen kommen. So liegen etwa manchmal eine Alzheimer- und eine vaskuläre Demenz gleichzeitig vor.

Risikofaktoren: Was das Risiko für Demenz steigert

Es gibt keinen absolut sicheren Weg, um das Entstehen einer Demenz zu verhindern. „Man kann nichts falsch und alles richtig machen und doch eine Demenz entwickeln. Das kann zum Beispiel dann passieren, wenn man eine starke genetische Veranlagung für die Entwicklung einer Demenz hat. Das ist aber glücklicherweise recht selten“, sagt Professor Stefan Remy, Direktor des Leibniz-Instituts für Neurobiologie in Magdeburg.

Bluthochdruck und Diabetes

Statistisch gesehen steht Bluthochdruck in Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Demenz. Der hohe Druck kann die Gefäße schädigen und so eine vaskuläre Demenz begünstigen. Ob Bluthochdruck aber tatsächlich die Ursache für eine Demenz darstellt, ist wissenschaftlich nicht ausreichend belegt.

Ein jüngerer Mann sitzt mit einer älteren Frau auf der Veranda im Garten_var

Bestimmte Erkrankungen, wie zum Beispiel Bluthochdruck, könnten mit der Entstehung von Demenz in Zusammenhang stehen.

Auch Diabetes mellitus kann das Risiko für eine Demenz erhöhen. Hier können Gefäßschädigungen durch den erhöhten Blutzuckerwert eine Rolle spielen. 

„Das heißt jedoch nicht, dass jeder mit Bluthochdruck und Diabetes Angst haben muss, später dement zu werden“, betont Neurowissenschaftler Remy. „Denn das erhöhte Risiko hält sich in Grenzen, wenn die jeweilige Krankheit wirkungsvoll behandelt wird.“ Generell ist wichtig, den Blutdruck auf ein akzeptables Maß zu senken und die Blutzuckerwerte unter Kontrolle zu haben. Es fehlen jedoch wissenschaftliche Belege dafür, dass die Behandlung von Bluthochdruck oder Diabetes mellitus tatsächlich das Demenz-Risiko senken kann.

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Blutfette und Übergewicht

Auch erhöhte Blutfettwerte und Adipositas – also deutliches Übergewicht – sollten aus Präventionssicht Beachtung finden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, erhöhte Werte zu senken und Adipositas zu behandeln. Allerdings fehlen aussagekräftige Studien, um den Nutzen dieser Maßnahmen zur Verbeugung von Demenz abschließend zu beurteilen.

Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum

Rauchen geht mit einem erhöhten Demenz-Risiko einher, ebenso übermäßiger Alkoholkonsum. Beim Alkoholkonsum steigt das Risiko allerdings erst deutlich an, wenn tatsächlich ein jahrelanger Missbrauch stattgefunden hat.

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Tipps: Demenz vorbeugen

Die gute Nachricht: „In den allermeisten Fällen hat man es schon ein Stück weit unter Kontrolle, das Risiko für das Entstehen einer Demenz zu verringern“, sagt Stefan Remy. Das Vermeiden der genannten Risikofaktoren ist nur ein kleiner Teil der Möglichkeiten, um das Risko einer Demenz zu reduzieren. Es gibt auch die Möglichkeit, mit einem gesunden Lebensstil die Vitalität des Körpers zu steigern, um Demenz vorzubeugen.

Die Datenlage ist jedoch nicht eindeutig. Es gibt Hinweise, dass eine gesunde Lebensweise das Risiko einer Demenz senken kann: So könnten sich damit etwa 40 Prozent aller Demenzfälle vermeiden oder verzögern lassen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass sich gegen 60 Prozent der Fälle mit einer gesunden Lebensweise nicht vorbeugen lässt. Auch unabhängig von der Demenzprävention zahlt sich ein gesunder Lebensstil jedoch aus. Denn so lassen sich ebenso die Risiken für andere Volkskrankheiten wie etwa Diabetes, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken.

Demenz vorbeugen: Wer sich zum Beispiel ausreichend bewegt oder nicht raucht, kann das persönliche Demenz-Risiko verringern.

Demenz vorbeugen: Wer sich zum Beispiel ausreichend bewegt oder nicht raucht, kann unter Umständen das persönliche Demenz-Risiko verringern.

Sport und Bewegung

Wie viel körperliche Aktivität braucht es, um sich vor Demenz zu schützen? „Es gibt da nicht einen bestimmten Schwellenwert. Am besten richtet man sich nach den Empfehlungen für körperliche Bewegung und ruhig auch ein wenig nach dem eigenen Gefühl“, sagt Neurowissenschaftler Remy.

Die WHO empfiehlt für Erwachsene bis 64 Jahren mindestens 150 Minuten moderate körperliche Aktivität pro Woche. Damit ist beispielsweise schnelles Walken oder langsames Joggen gemeint. „Das kann man in etwa als Orientierung sehen“, so Remy. „Körperliche Bewegung grundsätzlich ist für das Gehirn eine Vitalitätskur, auch wenn es weniger als die empfohlenen 150 Minuten sind.“

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Ausgewogene Ernährung

Eine ausgewogene Ernährung, die sich an den aktuellen Empfehlungen orientiert, geht mit einer besseren kognitiven Leistung einher, also mit einer besseren Denkfähigkeit. Das zeigen verschiedene Beobachtungsstudien. Klinische Studie ergeben hierzu jedoch kein einheitliches Bild. Fest steht, dass eine ausgewogene Ernährung das Risiko für Krankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes senken kann. Weil diese Erkrankungen das Demenz-Risiko steigern, kann eine ausgewogene Ernährung so indirekt auch das Risiko für die Entwicklung einer Demenz reduzieren.

Was bedeutet eine ausgewogene Ernährung? Laut der WHO enthält sie die tägliche Aufnahme von mindestens 400 Gramm Obst und Gemüse und höchstens 50 Gramm freiem Zucker. Weniger als 30 Prozent der aufgenommenen Energie sollte von Fetten stammen und der Salzkonsum sollte bei weniger als 5 Gramm pro Tag liegen. All dies erfüllt beispielsweise die sogenannte Mittelmeer-Diät, eine Ernährungsweise, die von der WHO auch zur Demenzprävention empfohlen wird. Die Mittelmeer-Diät steht vor allem auf fünf Säulen: Obst, viel Gemüse, wenig weißes Fleisch, Oliven und Knoblauch.

Und was sollte man meiden? Hochverarbeitetes Fleisch wie Wurstprodukte, aber auch andere hochverarbeitete Produkte, denen oft größere Mengen Zucker oder Salz zugesetzt sind, gehören nicht zu einer gesunden Ernährung.

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Gehirnjogging

Wer geistig aktiv ist, bleibt eher geistig flexibel und erhält oder steigert gar die Intelligenz. Dies ist eine weit verbreitete Vorstellung. Aber senkt geistige Aktivität auch das Demenz-Risiko? Womöglich ja, vielleicht hat geistige Aktivität aber auch keinen Einfluss auf das Demenz-Risiko. Denn bislang konnten wissenschaftliche Studien hier kaum einen Zusammenhang finden.

Trotzdem listet die WHO in ihren Empfehlungen zur Demenzprävention zumindest auch die Möglichkeit auf, dass man mittels Gehirnjogging einer Demenz ein Stück weit vorbeugen kann. 

In der Praxis lässt sich das Gehirn auf ganz verschiedene Arten auf Trab halten, sei es durch eine geistig anspruchsvolle Arbeit, regelmäßige Denksportübungen oder das Erlernen einer Fremdsprache oder eines Instruments.

Auch Stefan Remy ist überzeugt davon, dass ein geistig aktives Leben vor Demenz schützen kann: „Die kognitive Vitalität stärken, indem man sich immer wieder neuen Dingen zuwendet und Bekanntes vertieft, das ist für das Gehirn ein Segen“, sagt der Neurowissenschaftler. Darüber hinaus empfiehlt er, soziale Kontakte zu pflegen, also soziale Aktivität: Freunde und Familie regelmäßig treffen, an Veranstaltungen teilnehmen und sich mit anderen austauschen. „Der Austausch stärkt und erhält die Plastizität des Gehirns“, sagt Remy.

Helfen Nahrungsergänzungsmittel bei der Vorbeugung von Demenz?

Immer wieder werden Nahrungsergänzungsmittel und Pillen beworben, um die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu steigern und Demenz vorzubeugen. Die meisten Vitamine nehmen wir in der Regel durch die Nahrung ausreichend auf. Für andere Präparate, mit Ginseng zum Beispiel, fehlen bislang wissenschaftlich überzeugende Belege für eine vorbeugende Wirkung gegen Demenz.

Entsprechend schreibt die WHO in ihren Empfehlungen: „Die Vitamine B und E, mehrfach ungesättigte Fettsäuren und Multikomplex-Nahrungsergänzungsmittel sollten nicht empfohlen werden, um das Risiko eines kognitiven Verfalls und/oder einer Demenz zu verringern.“ Diese Einschätzung teilt auch Stefan Remy: „Mit den allermeisten dieser Mittel kann man zwar kaum Schaden anrichten. Aber dass sie wirklich etwas bringen, dafür fehlen nun einmal die Belege.“

Literatur und weiterführende Informationen

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