Die Anatomie der Wirbelsäule ist ein Geniestreich der Evolution, der uns eine einzigartige Fähigkeit unter allen Lebewesen ermöglicht: den aufrechten Gang. Unser Rücken trägt all unsere Last, ist beweglich und trotzdem stabil. Die wichtigste Stütze des Rückens ist die Wirbelsäule. Sie verbindet Kopf, Brustkorb, Becken, Schultern sowie Arme und Beine. Im Wirbelkanal schützt die Wirbelsäule das Rückenmark, die Verbindung zwischen der Schaltzentrale, dem Gehirn, und dem Körper. Werfen Sie mit uns einen Blick auf die Nervenbahnen im Rücken und die Muskeln der Wirbelsäule.
Als Rücken bezeichnen wir die hintere Seite des Rumpfs vom Nacken bis zur Spitze des Steißbeins. Der wichtigste Stützpfeiler ist die Wirbelsäule: Ihr verdanken wir Menschen den aufrechten Gang. Das innerhalb der Wirbelsäule verlaufende Rückenmark und das Gehirn bilden das zentrale Nervensystem. Die übrigen Nerven gehören zum peripheren Nervensystem.
Der Aufbau des Rückens – die doppelte S-Form
Unsere Wirbelsäule ist an vier Stellen gekrümmt und bildet eine doppelte S-Form (also zweimal der Buchstabe S aufeinandergestapelt). Von der Seite betrachtet wölben sich die Halswirbelsäule oben und die Lendenwirbelsäule unten leicht nach vorne. Die Brustwirbelsäule und das Kreuzbein krümmen sich hingegen nach hinten.
Diese Schwingung ist eine sinnvolle Anpassung der Natur. Stellen Sie sich eine Metallfeder vor: Diese kann Druck und Belastung wesentlich besser ausgleichen als ein gerader Stab. Ähnlich wie die Metallfeder arbeitet eine gesunde Wirbelsäule: Sie federt Belastungen beim Gehen oder Springen ab.
Babys kommen übrigens ohne die Doppelschwingung auf die Welt. Die S-Formen bilden sich erst nach dem ersten Lebensjahr heraus, wenn Babys aufhören zu krabbeln und mit dem Laufen beginnen.
Die Wirbel
Die Wirbelsäule besteht aus 33 (bei manchen Menschen auch 32 oder 34) Elementen, den Wirbeln. Sie können sich Ihre Wirbelsäule vereinfacht wie einen Turm aus Bauklötzen vorstellen: Ein Wirbel ruht auf dem anderen und alle zusammen bilden die Wirbelsäule. Wichtig ist, dass alle Elemente der Wirbelsäule miteinander verbunden sind. Wenn sich an einem Baustein etwas verändert, hat das Auswirkungen auf die gesamte Struktur.
Die Länge der Wirbelsäule hängt von der Körpergröße ab. Bei Männern beträgt sie im Durchschnitt 71 Zentimeter, bei Frauen sind es 61 Zentimeter.
Die Wirbelsäule wird in fünf Abschnitte unterteilt. Von oben nach unten haben wir:
- sieben Halswirbel,
- zwölf Brustwirbel,
- fünf Lendenwirbel,
- fünf Kreuzwirbel und
- drei bis fünf Steißwirbel.
Die einzelnen Wirbel sind unterschiedlich groß und übernehmen verschiedene Aufgaben. Steiß- und Kreuzwirbel sind miteinander verwachsen und bilden die Verbindung zum Becken. Die Lendenwirbelsäule – die Wirbel zwischen Brustwirbelsäule und Kreuzbein – ist überaus beweglich und gleichzeitig stark. Die Brustwirbelsäule ist weniger flexibel, weil hier die Rippen und die den Brustkorb stabilisierenden Muskeln und Sehnen ansetzen.
Nach oben hin werden die Wirbel immer dünner und flacher. Das ist nicht schlimm, da sie mit dem Kopf nur verhältnismäßig wenig Gewicht tragen. Die Halswirbelsäule ist ebenso wie die Lendenwirbelsäule sehr beweglich. Durch die größere Beanspruchung kommt es in diesen beiden Bereichen (Lende und Hals) am häufigsten zu Beschwerden.
Die Wirbel sind aus Knochen und bauen sich ständig auf, ab und um. So erneuern sich Wirbel stetig selbst. Daher können Wirbelbrüche auch heilen.
Die Nerven der Wirbelsäule: empfindliche Fasern
Ungefähr in der Mitte eines jeden Wirbels befindet sich ein Loch. So entsteht ein Kanal durch alle Wirbel, der Wirbelkanal beziehungsweise Spinalkanal. Darin liegt – sehr gut geschützt – das Rückenmark. Es enthält Nervenfasern aus dem Gehirn und ist somit dessen Verlängerung.
Zwischen den Wirbeln treten Rückenmarksnerven, sogenannte Spinalnerven, aus dem Wirbelkanal aus. Spinalnerven leiten Signale zwischen Körper und zentralem Nervensystem, also Gehirn und Rückenmark, weiter. Die Ein- und Austrittsstelle nennt sich „Spinalnervenwurzel“. Sie ist besonders empfindlich. Kommt es beispielsweise aufgrund eines Bandscheibenvorfalls im Lendenbereich zu einer Druckbelastung der Spinalnervenwurzel, kann dies zu starken Rückenschmerzen sowie Gefühlsstörungen oder Lähmungen in den Beinen führen. Dann sollten Sie sofort ärztliche Hilfe suchen.
Das System aus geschützt verlaufenden und sich immer weiter verzweigenden Nerven sorgt dafür, dass wir uns kontrolliert bewegen und unseren Körper steuern können.
Ein Bandscheibenvorfall verursacht häufig keinerlei Beschwerden. Bei manchen Menschen kann es allerdings zu starken Rückenschmerzen, Gefühlsstörungen und sogar zu Lähmungen kommen. Bei einem Bandscheibenvorfall wird Gewebe der Bandscheibe zwischen den Wirbelkörpern nach außen gedrückt. Schmerzen entstehen, wenn die vorgewölbte Bandscheibe beziehungsweise ausgetretenes Gewebe auf eine Nervenwurzel oder einen Nerv drücken.
Die Bandscheiben: Stoßdämpfer mit Eigenleben
Zwischen den 24 beweglichen Wirbeln der Wirbelsäule sitzen die Bandscheiben. Sie sind verformbar und dienen als Puffer. Beim Springen und Laufen federn sie Stöße und Erschütterungen ab. Ein Viertel der Länge der Wirbelsäule machen diese „Kissen“ aus. Die Bandscheiben sind circa sieben bis zwölf Millimeter hoch und bestehen zu bis zu 90 Prozent aus Wasser.
Außen besitzen sie einen faserigen, festeren Ring, der einen weichen, gallertartigen Kern umfasst. So kann wie auf einem Gelpolster Druck aufgefangen und gleichmäßig verteilt werden. Die Bandscheiben werden nicht über eigene Blutgefäße versorgt. Damit sie Nährstoffe aufnehmen und Abfallprodukte abgeben können, benötigen sie einen steten Wechsel von Be- und Entlastung. Liegt wenig Druck auf den Bandscheiben, saugen sie sich wie ein Schwamm mit Nährstoffen aus der Umgebung voll. Steigt der Druck, gibt der Schwamm Abfallprodukte ab.
Dauerhafte Unterbelastung, etwa durch Schonhaltung, oder dauerhafte Belastung – beispielsweise langes Sitzen – schadet den Bandscheiben daher gleichermaßen. Welcher Druck tagtäglich auf ihnen lastet, zeigt ein Vergleich der Körpergröße am Morgen und Abend. Im Laufe des Tages verlieren die Bandscheiben an Wasser und lassen uns so um bis zu zwei Zentimeter schrumpfen. In der Nacht werden die Kissen wieder aufgepolstert: Die Bandscheiben nehmen Wasser auf, sodass wir am nächsten Morgen wieder etwas größer sind.
Die Muskeln der Wirbelsäule: jede Menge Unterstützung
Muskeln geben der Wirbelsäule Halt und Beweglichkeit. Wichtig ist vor allem das Zusammenspiel der Rücken- und Bauchmuskeln. Trainierte Muskeln entlasten Wirbel und Bandscheiben und beugen so Beschwerden vor. Die Rücken- und Bauchmuskeln lassen sich beispielsweise durch Hula Hoop-Fitness trainieren.
Etwa 300 Muskeln bilden den aktiven Teil des Rückens. Sie sehen teilweise ganz unterschiedlich aus: Manche sind platt und breit, andere spindelförmig oder schräg verlaufend. Große weiße Muskelfasern sind für schnelle, kraftvolle Bewegungen zuständig. Haltemuskeln dagegen sind klein und rötlich. Sie arbeiten ständig und stützen auch die Wirbelsäule.
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Die Muskeln liegen in mehreren Schichten übereinander. Die tiefen Muskeln sitzen direkt an der Wirbelsäule und halten sie aufrecht. Sie sind an allen Bewegungen beteiligt. Die tiefe Muskulatur mit Training zu erreichen, ist nicht leicht. Hier helfen vor allem Balanceübungen, die ein ständiges unbewusstes Ausgleichen erfordern und die Muskeln arbeiten lassen. Die oberflächlichen Muskeln verbinden die Wirbelsäule mit Kopf, Schultern, Armen und Beinen. Sie lassen sich relativ einfach trainieren.
Zwei dicke Muskelstränge verlaufen durch den ganzen Rumpf links und rechts der Wirbelsäule, vom Kopf bis zum Becken. Längs verlaufende Muskeln ermöglichen Bewegungen nach vorn und nach hinten. Die quer verlaufenden Muskeln sind eher für die Drehbewegungen zuständig.
Die Partner der Rückenmuskeln sind die Bauchmuskeln. Wenn die Bauchmuskulatur gut trainiert und stark ist, entlastet sie die Wirbelsäule und nimmt Druck von den Bandscheiben. Daher ist auch Bauchmuskeltraining für Menschen mit Rückenproblemen von Bedeutung.
Wichtig ist, dass die Muskulatur gleichmäßig ausgebildet ist. Wenn Muskeln zu wenig beansprucht werden, verlieren sie in der Regel an Masse und verkürzen sich. Bewegung ist für einen gesunden Rücken entscheidend. Anders gesagt: Unser Rücken muss belastet werden. Muskeln, die ständig zu stark oder einseitig beansprucht werden, können allerdings verhärten und sind überlastet. Sowohl schwache als auch verhärtete Muskeln können die Wirbelsäule nicht ausreichend unterstützen. Eine nicht harmonisch ausgebildete Muskulatur gilt daher als Risikofaktor für Rückenbeschwerden.
Für einen gesunden Rücken muss die Arbeit aller Muskeltypen gut ineinandergreifen. Durch Krafttraining oder Übungen lassen sich viele Muskeln aufbauen. Ein einmal erzielter Trainingserfolg lässt allerdings recht schnell wieder nach. Für einen starken Rücken ist also regelmäßige Bewegung entscheidend.
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Bänder für den Zusammenhalt
Bänder sind Stränge aus festem Bindegewebe. Sie ziehen sich über die gesamte Länge der Wirbelsäule und verbinden die einzelnen Wirbel miteinander. Vorne und hinten verläuft jeweils ein Band entlang der Wirbelsäule. Das vordere Längsband ist mit den Wirbeln verwachsen, das hintere mit den Bandscheiben. Die Spannung der Bänder verändert sich mit der Höhe der Bandscheiben. Sinken die Bandscheiben zusammen, verringert sich automatisch die Haltespannung der Bänder. Die Folge: Wir laufen leicht vornübergebeugt und der Rücken verliert an Stabilität.
Anatomie der Wirbelsäule: Erfindung mit Kompromiss
Die menschliche Wirbelsäule ist ein genialer Kniff, der uns den aufrechten Gang ermöglicht. Gleichzeitig ist sie jedoch auch anfällig. Selbst gute Ernährung und viel Bewegung können nicht alle Probleme verhindern, vor allem mit zunehmendem Alter. Aber körperliche Aktivität, die gut nach der Anatomie der Wirbelsäule ausgerichtet ist, sowie genügend Kalzium und Vitamin D verbessern die Chance auf ein reibungsloses Zusammenspiel von Wirbeln, Nerven, Bandscheiben, Muskeln und Bändern – für einen beweglichen und schmerzfreien Rücken.