Nahaufnahme einer Marihuana-Pflanze
Cannabis

Wie unterscheiden sich die Anwendungsformen von medizinischem Cannabis?

Lesedauer unter 6 Minuten

Redaktion

  • Barmer Internetredaktion

Qualitätssicherung

  • Annette Mittmann (Gynäkologie, Psychotherapie, Psychoonkologie - medproduction GmbH )

Je nach Anwendungsform treten die Effekte von medizinischem Cannabis unterschiedlich schnell ein und halten unterschiedlich lange an. Das hat vor allem physiologische Ursachen. In diesem Beitrag klären wir darüber auf, welche Anwendungsformen es gibt und wie sich diese auf den Körper auswirken können.

Cannabis kann als pflanzliches Medikament in unterschiedlichen Darreichungsformen angewandt werden. So verschieden diese Anwendungsformen sind, so vielfältig sind auch die Reaktionen auf den Cannabiskonsum: Jeder Mensch reagiert anders darauf. Nicht jede Art der Anwendung ist daher für jeden Menschen und für jeden Zweck gleichermaßen wirkungsvoll oder geeignet. 

Für Neulinge in der Einnahme von medizinischem Cannabis oder cannabinoidhaltigen Arzneimitteln ist die Unsicherheit groß, bei welchen Symptomen, in welcher Form und welcher Dosierung die Einnahme erfolgen sollte und wie die jeweilige Wirkung ist.

Schauen wir uns die unterschiedlichen Anwendungen und Darreichungsformen deshalb etwas genauer an.

Cannabis: Droge oder Medizin? 
Cannabis hat das Potenzial, die Beschwerden von schwer kranken Menschen zu lindern. Gleichzeitig kann es bei regelmäßigem und zu hoch dosiertem, unkontrolliertem Konsum zu einer Abhängigkeit führen und weitreichende Folgen für das (Sozial-)Leben haben. Darum kann Cannabis beides sein: Droge und Medizin

Cannabis: Anwendung und Darreichungsformen

In Deutschland ist die Anwendung von medizinischem Cannabis durch Gesetze geregelt. Die Ärztin oder der Arzt bespricht mit Patientinnen oder Patienten, welches Medikament infrage kommt und erklärt ihnen, wie sie es einnehmen sollen.

Generell ist zwischen drei Anwendungsarten zu unterscheiden:

  1. Spray zur Anwendung in der Mundhöhle, 
  2. Arzneimittel zum Einnehmen (orale Anwendung), wie z. B. flüssige Cannabisextrakte, Dronabinol-Tropfen, -Kapseln oder Cannabis-Tee
  3. Inhalation durch Vaporisieren von gemahlenen Blüten 

Durch die unterschiedlichen Darreichungsformen ergibt sich jeweils eine unterschiedliche Anwendungsart. 

Medizinisches Cannabis kann unterschiedlich verwendet werden. Welche Anwendungsform geeignet ist, besprechen Ärztinnen und Ärzte mit ihren Patienten.

Medizinisches Cannabis kann unterschiedlich verwendet werden. Welche Anwendungsform geeignet ist, besprechen Ärztinnen und Ärzte mit ihren Patienten.

Cannabis als Fertigarzneimittel

Fertigarzneimittel gibt es zum Beispiel als Spray, das in den Mund gesprüht wird. Es ist gut und leicht dosierbar durch die Anzahl der abgegebenen Sprühstöße und wird daher gerne von Ärztinnen und Ärzten verordnet. Das Spray enthält einen Cannabis-Extrakt. Die Wirkstoffe werden über die Mundschleimhaut aufgenommen.

Cannabis als Rezepturarzneimittel

Rezepturarzneimittel werden von der Apotheke hergestellt bzw. abgefüllt. Häufig verordnet werden:

  • Dronabinol als Tropfen, ferner als Kapseln
  • flüssige Cannabisextrakte, die mittlerweile von zahlreichen Herstellern angeboten werden und mit unterschiedlichen Gehalten an THC und CBD verfügbar sind. Sie lassen sich einfach dosieren, mit Hilfe einer Pipette oder über die Anzahl der Tropfen.
  • Cannabisblüten, die deutlich schwieriger zu handhaben und zu dosieren sind. Hier müssen die Anweisungen der Arztpraxis und die Hinweise der Apotheke genau eingehalten werden, um die gewünschte und benötigte Wirkung zu erhalten. Viele Patientinnen und Patienten haben einen langen Weg hinter sich, bis sie gemeinsam mit Arzt oder Ärztin die richtige Blütensorte mit der individuell besten Verträglichkeit und dem gewünschten Effekt für sich gefunden haben. Die Blütensorten unterscheiden sich in ihrem Gehalt an THC und CBD.

Der Einsatz von Spray, Dronabinol-Tropfen und flüssigen Cannabisextrakten ist besonders empfehlenswert und am besten erforscht. Diese Darreichungsformen sind leicht zu dosieren und anzuwenden. Sie werden langsam vom Körper resorbiert, wirken länger und bergen daher auch ein geringeres Risiko, missbräuchlich verwendet zu werden.

Welche Wirkung hat Cannabistee?

Das Trinken (orale Einnahme) von THC-haltigem Tee ist umstritten. Die Zubereitung ist aufwendig und fehleranfällig. 

Die Zubereitung der Cannabisblüten als Tee funktioniert nicht wie bei normalem Tee. Wichtig zu verstehen, ist, dass in den Blüten zum größten Teil nur die Vorstufen der wirksamen Cannabinoide vorliegen. Um sie in die aktive Form zu überführen, müssen die Blüten erhitzt werden – nicht zu hoch, damit sie nicht verbrennen und nicht zu niedrig, da die Reaktion sonst nur unvollständig abläuft. Dieser chemische Vorgang nennt sich Decarboxylierung. 

Cannabistee zubereiten

Üblicherweise werden Cannabisblüten in einem Ansatzverhältnis von 1 Gramm Blüten auf 1 Liter in kochendem Wasser 15 Minuten am Sieden gehalten und anschließend abgeseiht. Der Tee kann mit Honig oder Zucker gesüßt werden. 

Wie viel Gramm Cannabisblüten bei der Zubereitung eines Tees verwendet werden sollten, besprechen Patientinnen und Patienten mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt. Es ist ratsam, zunächst mit einer sehr kleinen Menge Blüten zu beginnen und die Dosis gegebenenfalls zu steigern – allerdings nur nach Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt.

Der Cannabistee sollte getrunken werden, solange er noch heiß ist, da sich dann die Wirkung am besten entfaltet. Falls er über den Tag verteilt getrunken werden soll, kann er auch in einer Thermoskanne aufbewahrt werden. Die Wirkung tritt in der Regel 90 Minuten nach der Einnahme ein.

Ihr kostenfreier Newsletter für ein gesünderes Leben

Jetzt unverbindlich anmelden und monatlich Gesundheitsthemen mit wertvollen Tipps erhalten und über exklusive Barmer-Services und -Neuigkeiten informiert werden.

Newsletter abonnieren

Cannabis inhalieren: Verdampfen statt Cannabis rauchen

Viele Menschen denken noch immer, dass das Rauchen eines Joints den besten Wirkungseffekt von Cannabis hat. Doch das stimmt nicht. Nicht nur, dass Konsumierende beim Rauchen die Lunge schädigen (insbesondere das Vermischen mit Tabak erhöht die Schädlichkeit). Zudem verbrennen die „guten“ Inhaltsstoffe der Cannabisblüten, die Cannabinoide, ohne dass sie ihre beabsichtigte Wirkung voll entfalten können. Am risikoärmsten beim Inhalieren von Cannabis sind daher Verdampfer, da 

  • sie ohne Tabak verwendet werden und daher die Lunge schonen
  • die Wirkstoffe der Cannabispflanze, die Cannabinoide, nicht bei zu hohen Temperaturen verbrennen und wirkungslos werden 
  • weniger Cannabisblüten benötigt werden, um die erwünschte Wirkung zu erzielen 

Patientinnen und Patienten wird immer dazu geraten, ihre Blüten zu verdampfen, wenn im begründeten Einzelfall Cannabisblüten zur Therapie eingesetzt werden. Die Verdampfer erhitzen die Blüten auf eine bestimmte Temperatur und dieser Dampf wird dann inhaliert. Dieser kalte Cannabisdampf ist voller Wirkstoffe, deren Effekte bereits nach wenigen Minuten einsetzen.

Wenn im Rahmen einer genehmigten Cannabis-Therapie Cannabisblüten inhalativ angewendet werden sollen, kann auch die Kostenübernahme eines ärztlich verordneten Vaporisators bei der Barmer beantragt werden. So funktionieren die sogenannten Vaporizer.

Cannabiskekse: Kann man Cannabis tatsächlich essen? 

Grundsätzlich sollten die getrockneten Blüten nicht einfach so gegessen werden, da sie dann keinerlei Wirkung entfalten. Es ist jedoch tatsächlich möglich, Cannabis zu essen: in Form sogenannter Edibles. Das ist der Ausdruck für Lebensmittel, denen THC-haltiges Cannabis in Form von Wirkstoffkonzentraten, Cannabisbutter oder Cannabisöl beigefügt wurde. 

Zu den meist verzehrten Edibles gehören Kekse, Brownies oder anderes süßes Gebäck. Bekannt sind sie beim Freizeitkonsum unter den Bezeichnungen Cannabis Cookies, Space Cookies oder auch Haschkekse.

Nicht nur Freizeitkonsumierende nutzen Edibles. Auch manche Cannabispatientinnen oder -patienten verwenden Cannabiskekse. Allerdings müssen sie dafür selbst backen, da in Deutschland bislang keine Edibles durch die Bundesopiumstelle – zur Verschreibung durch Ärztinnen oder Ärzte – erlaubt sind. Diese Anwendung ist daher weder für den medizinischen noch für den Freizeitgebrauch empfehlenswert.

Edibles: Verzögerter Wirkeintritt verleitet zur Überdosierung

Ein häufiges Problem bei der Anwendung von Edibles ist, dass sie leicht überdosiert werden können, da die Effekte verzögert eintreten. Während die Wirkung bei der Inhalation von Cannabis bereits nach Minuten erfolgt, kann es bei Edibles mindestens eine halbe Stunde dauern. Erst etwa drei Stunden nach Konsumbeginn tritt der Wirkhöhepunkt ein und kann bis zu zwölf Stunden andauern. Eine kontrollierte Dosierung ist also schwierig.

Laut einer Studie aus den USA verleitet der verzögerte Wirkeintritt von Edibles zu einer Überdosierung, denn wer zu früh denkt, die Wirkung würde nicht ausreichen, und infolgedessen mehr Edibles verzehrt, kann leicht überdosieren. Eine Forschungsgruppe hat sich über 10.000 Cannabisnotfälle in einer Notaufnahme angesehen und zwischen Kiffern und Edible-Konumierenden verglichen. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Konsumierenden mehr Edibles gegessen hatten, da die Wirkung nicht so schnell eintrat wie gewünscht. Zudem wiesen die Expertinnen und Experten auf die Besonderheiten in der Verstoffwechselung im Körper hin. THC (Tetrahydrocannabinol) ist als Wirkstoff gut fettlöslich. Das lässt vermuten, dass ein Teil der eingenommenen Dosis über den Fettstoffwechsel den schnellen Abbau in der Leber umgeht. 

Die Forschenden warnen daher, dass Konsumierende ein höheres Risiko für Überdosierungen bei verzehrtem Cannabis haben. Die Einnahme von Edibles scheint auch häufiger Notfälle mit psychiatrischen Symptomen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach sich zu ziehen, so die Vermutung der Expertengruppe.

Literatur und weiterführende Informationen

Zertifizierung

Auf unsere Informationen können Sie sich verlassen. Sie sind hochwertig und zertifiziert.