Innovationen können nur unter bestimmten Voraussetzungen durch Krankenkassen erstattet werden. Deshalb ist es wichtig, dass Sie die speziellen rechtlichen Rahmenbedingungen frühzeitig in Ihrer Entwicklung berücksichtigen und die Änderungen in diesem Bereich kontinuierlich im Blick behalten. Als gesetzliche Krankenkasse können bzw. dürfen wir nicht alle Ideen unterstützen, da wir lediglich innerhalb der per Gesetz eingeräumten Möglichkeiten agieren können. Den rechtlichen Rahmen hierfür setzt das SGB V (Krankenversicherung). Auch für digitale Angebote gibt es hier zahlreiche mögliche Rechtsgrundlagen.
Regelversorgung
Diese Leistungen gelten für alle Krankenkassen gleichermaßen. Deswegen werden sie auch als GKV-Leistungskatalog bezeichnet und stellen eine Regelleistung dar, die jedem Versicherten der GKV zur Verfügung stehen.
Durch die Einführung des Digitale-Versorgung-Gesetztes (DVG) haben Ärzte und Psychotherapeuten die Möglichkeit, „Apps auf Rezept“ zu verschreiben. Dabei handelt es sich um spezielle, zertifizierte Anwendungen, die sogenannten Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Die Kosten werden von der GKV getragen. Damit eine Anwendung den Status „DiGA“ erlangt, muss sie zunächst ein Prüfverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durchlaufen. Hierfür wurde ein „Fast-Track“-Verfahren durch das Ministerium aufgebaut, um die digitalen Medizinprodukte schneller in die Versorgung zu bringen. Das BfArM nimmt innerhalb von drei Monaten eine Bewertung der eingereichten Anwendungen vor. Nach erfolgreicher Prüfung der Kriterien werden die Apps in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen und stehen den Ärzten und Psychotherapeuten zur Verordnung zur Verfügung.
Um als DiGA gelistet zu werden, müssen bestimmte Kriterien erfüllt sein. Diese werden im DiGA-Leitfaden beschrieben. Hier finden Sie auch andere weiterführende Informationen rund um das Thema DiGA.
Zum 26.03.2024 trat in wesentlichen Teilen das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) in Kraft. Ein zentrales Anliegen des DigiG ist u.a. die Fortentwicklung der Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). DiGA sollen besser in Versorgungsprozesse integriert werden und auch komplexere Behandlungsprozesse ermöglichen. Ein FAQ des BfArM enthält Antworten auf die wichtigsten Änderungen im Zusammenhang mit DiGA.
Von der Leistungspflicht der GKV umfasste Hilfsmittel sind im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes (GKV-SV) gelistet. Alle von gesetzlichen Krankenkassen übernommene Hilfsmittel müssen den Qualitätskriterien des Hilfsmittelverzeichnisses entsprechen.
Die Aufnahme eines Produktes ins Hilfsmittelverzeichnis erfolgt nach einem gesetzlich geregelten Antragsverfahren, für welches Sie zunächst einen Antrag beim GKV-SV stellen müssen. Ausführliche Informationen hierzu und zu den genauen Voraussetzungen für eine Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis finden Sie direkt auf den Seiten des GKV-SV.
Möchten Sie Ihr Produkt selbst an unsere Versicherten liefern, müssen Sie die Voraussetzungen als Hilfsmittelanbieter erfüllen. Dies bedeutet:
- Sie weisen in einem sogenannten Präqualifizierungsverfahren die Voraussetzungen für eine ausreichende, zweckmäßige und funktionsgerechte Herstellung, Abgabe und Anpassung für Hilfsmittel nach. Erfüllen Sie alle Kriterien, erhalten Sie ein entsprechendes Zertifikat von einer Präqualifizierungsstelle und
- Sie schließen einen Vertrag mit der Barmer über die Versorgung unserer Versicherten. Mit dem Vertrag werden alle fachlichen und prozessualen Anforderungen rund um den Versorgungsprozess zwischen Ihnen und der Barmer vereinbart.
Krankenkassen sehen in ihren Satzungen Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) vor.
Angebote in diesem Bereich, die über die Zentrale Prüfstelle Prävention (ZPP) zertifiziert sind, werden von der GKV erstattet. Die ZPP ist eine Kooperationsgemeinschaft der gesetzlichen Krankenkassen, die zentral für alle Krankenkassen die Prüfung und Zertifizierung von Kursen - auch digitalen Präventionsangeboten - nach den Kriterien des Leitfadens Prävention übernimmt. Maßnahmen, die nicht den in diesem Leitfaden dargestellten Kriterien entsprechen, dürfen von den Krankenkassen nicht durchgeführt oder gefördert werden.
Für eine ZPP-Zertifizierung kommen Angebote der Individualprävention aus den folgenden inhaltlichen Handlungsfeldern in Frage:
- Bewegung
- Ernährung
- Stressbewältigung und Entspannung
- Suchtmittelkonsum
Die Zertifizierung durch die ZPP ist kostenfrei und erfolgt innerhalb weniger Tage. Nach erfolgreicher Zertifizierung erhält Ihre Maßnahme für einen Zeitraum von drei Jahren ein Prüfsiegel und damit die vollständige oder teilweise Erstattungsfähigkeit durch alle gesetzlichen Krankenkassen.
Der Leitfaden enthält auch ein Kapitel zu digitalen Angeboten in der individuellen verhaltensbezogenen Prävention. Zudem gibt es spezielle Kriterien zur Zertifizierung digitaler Präventions- und Gesundheitsförderungsangebote. Digitale Präventions- bzw. Gesundheitsförderungsangebote umfassen Internet-Interventionen, mobile Anwendungen sowie hybride (aus den beiden zuvor genannten kombinierte) Anwendungen in den Handlungsfeldern der verhaltensbezogenen Prävention (vgl. Kapitel 7 des Leitfadens Prävention). Bei digitalen Präventions- bzw. Gesundheitsförderungsangeboten werden typische Funktionen der Kursleitung (Edukation, Anleitung zu Übungen) durch digitale Technologie wahrgenommen. Bei digitalen Präventions- und Gesundheitsförderungsangeboten im Rahmen der individuellen verhaltensbezogenen Prävention kann es sich gleichzeitig um Medizinprodukte handeln.
Bei Neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) handelt es sich um diagnostische und therapeutische Verfahren, deren medizinische Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit noch nicht eindeutig nachgewiesen wurde. Daher sind diese Methoden auch noch nicht Teil des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherungen und dürfen nicht erstattet werden.
Welche NUBs auf Basis des SGB V in den GKV-Leistungskatalog mit aufgenommen werden und welche nicht, entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Er hat den gesetzlichen Auftrag, medizinische Methoden auf ihren Nutzen und ihre Notwendigkeit zu überprüfen.
Je nachdem, ob es sich bei dem NUB um eine ambulante oder eine stationäre Leistung handelt, werden diese aber unterschiedlich vom G-BA behandelt.
Für den vertragsärztlichen Bereich gibt es eindeutige Entscheidungswege und Kriterien. Hier sind NUBs nach § 135 Abs. 1 SGB V im ambulanten Sektor daraufhin zu überprüfen, ob sie nützlich, notwendig und wirtschaftlich sind. Erst wenn der G-BA diese Punkte bestätigt, werden sie in den Leistungskatalog der Vertragsärzte mit aufgenommen (Aufnahme- bzw. Erlaubnisvorbehalt).
Anders im stationären Setting: Eine Aufnahme innovativer NUBs in das Vergütungssystem der Krankenhäuser erfolgt, ohne dass die genannten Kriterien vorher überprüft werden. Gemäß § 137 c SGB V können NUBs im stationären Bereich nur im Nachhinein durch den G-BA geprüft und gegebenenfalls wieder aus dem stationären Leistungsspektrum ausgeschlossen werden (Ausschluss- bzw. Verbotsvorbehalt). Hier sollten Sie das Antragsverfahren für die Verhandlung von NUB-Entgelten beim Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) beachten.
Mehr zum Bewertungsverfahren Neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden finden Sie auf den Seiten des G-BA.
Ergänzende Versorgung (Kassenindividuelle Mehrleistungen)
Eine Erbringung von Leistungen zulasten der GKV, die nicht Teil der Regelversorgung sind, ist nach individueller selektivvertraglicher Vereinbarung mit einer gesetzlichen Krankenkasse möglich. Diese Leistungen gelten dann nur für Versicherte der jeweiligen Krankenkasse. Auf diese Weise kann die GKV um neue Leistungen erweitert werden und es können neue Formen der Zusammenarbeit oder prozessuale Neuerungen erprobt werden. Perspektivisch können diese Leistungen auch in die Regelversorgung der GKV überführt werden.
Die Krankenkassen können Verträge zur besonderen Versorgung mit verschiedenen, im Gesetz aufgezählten, Vertragspartnern schließen. Dazu zählen unter anderem Ärzte, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Pharmaunternehmen oder Hersteller von Medizinprodukten (§140a Abs. 4a). Es muss sich um eine Versorgungsleistung handeln, die über die bisherigen Leistungen der Regelversorgung hinausgeht und die den ansonsten geltenden Qualitätsvoraussetzungen mindestens gleichsteht. Eine besondere Versorgungsleistung kann darin liegen, dass verschiedene Leistungssektoren durch zusätzliche Leistungen miteinander vernetzt werden, die über die Zusammenarbeit in der Regelversorgung hinausgehen, um so eine interdisziplinäre, fach- und sektorenübergreifende Versorgung für die Versicherten der GKV sicherzustellen. Sie kann sich allerdings auch aus dem Einsatz digitaler, über die Regelversorgung hinausgehender Vertragselemente ergeben (z.B. weil eine App eine entsprechende Zusatzfunktion anbietet).
Möchte ein Versicherter mit den Leistungen eines Besonderen Versorgungsangebotes behandelt werden, muss er zuvor seine Teilnahme schriftlich oder elektronisch erklären. Im Vorfeld wird er umfänglich über das Angebot sowie seine Rechte und Pflichten und das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt. Die Teilnahme ist stets freiwillig. Die genauen Inhalte zur Leistungserbringung sowie die Modalitäten der Abrechnung vereinbart der Vertragspartner mit der Krankenkasse im Rahmen des Vertrages. Ein solcher Vertragsschluss ist aufgrund der strengen gesetzlichen Vorgaben für die Kasse nur mit zur Versorgung zugelassenen Leistungserbringern erlaubt. Zudem muss der Vertrag wirtschaftlich sein.
Wir haben Ihnen weitere Informationen zum Thema Besondere Versorgung zusammengestellt.
Seit 2016 tritt der Innovationsausschuss beim gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) an, um die medizinische Versorgung auf hohem Niveau sicherzustellen und das Versorgungsangebot der gesetzlichen Krankenversicherung kontinuierlich weiter zu entwickeln. Über zwei unterschiedliche Förderrichtlinien unterstützt der Innovationsausschuss sogenannte Innovationsfondsprojekte, die entweder neue und innovative Versorgungansätze (neue Versorgungsformen) erproben oder im Rahmen der Versorgungsforschung neue Erkenntnisse zum Versorgungsalltag gewinnen. Zur Finanzierung dieser Projekte stehen dem Innovationsausschuss finanzielle Mittel im Innovationsfonds zur Verfügung. Diese Mittel setzen sich aus dem Gesundheitsfonds, den die gesetzlichen Krankenkassen aus ihren Versichertenbeiträgen speisen, zusammen.
- Bei den Förderprojekten im Bereich der neuen Versorgungsformen handelt es sich um innovative Versorgungsansätze, die über die bestehende Regelversorgung hinausgehen und im Rahmen der geförderten Projekte erprobt werden sollen.
- Im Rahmen der Versorgungsforschung geht es darum, wissenschaftliche Grundlagen für Lösungen zur Gestaltung, Organisation und Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens zu schaffen. Unter Alltagsbedingungen soll die Versorgung des Einzelnen und der Bevölkerung mit gesundheitsrelevanten Produkten und Dienstleistungen wissenschaftlich untersucht werden.
Schwerpunktthemen/Förderschwerpunkte werden vom Innovationsausschuss festgelegt und in unterschiedlichen Förderwellen ausgeschrieben. Projektträger ist hierbei das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR), das auf Anfrage auch individuelle Beratungen anbietet.
Krankenkassen haben die Möglichkeit, sogenannte Modellvorhaben durchzuführen. Ziel ist es, dadurch die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern. Dabei können diese Leistungen sowohl zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten, als auch zur Krankenbehandlung oder bei Schwangerschaft und Mutterschaft zum Tragen kommen. Modellvorhaben sind in der Regel auf maximal acht Jahre befristet und müssen im Hinblick auf die angestrebten Ziele wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden. Der abschließende Evaluationsbericht wird von unabhängigen Experten erstellt und muss veröffentlicht werden.
Ein prominentes Beispiel für ein ehemaliges Modellvorhaben der gesetzlichen Krankenversicherung sind Akupunkturleistungen, die seit 2007 auf Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses bei chronischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule beziehungsweise in mindestens einem Knie (Gelenksarthrose) von allen Krankenkassen bezahlt werden.
Um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern, können zusätzlich zur rehabilitativen Leistung auch sogenannte ergänzende Leistungen zur Rehabilitation von Krankenkassen übernommen werden.
Hierzu zählen unter anderem
- Patientenschulungsmaßnahmen für chronisch Kranke,
- Rehabilitationssport und Funktionstraining in Gruppen oder
- sozialmedizinische Nachsorgemaßnahmen für chronisch kranke oder schwerstkranke Kinder und Jugendliche.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung gehören hier nicht dazu.
Satzungsleistungen sind Leistungen, die eine Krankenkasse zusätzlich zu den gesetzlich festgeschriebenen Regelleistungen für ihre Versicherten anbietet – dementsprechend auch als „Zusatzleistungen“ bezeichnet. Diese Art der Leistung steht im freien Ermessen der Kassen, womit dem individuellen Bedarf der Versicherten Rechnung getragen werden kann. Die Leistungsgewährung weicht hier i.d.R. vom in der GKV grundsätzlich geltenden Sachleistungsprinzip ab (Festlegung eines Kostenerstattungsanspruchs). Um den Wettbewerb unter den gesetzlichen Krankenkassen zu fördern, wird hierbei ein gewisser Spielraum für Erstattungen eingeräumt.
Zusätzliche Leistungen können unter anderem in diesen Bereichen angeboten werden:
- Medizinische Vorsorge- und Reha-Maßnahmen
- Hebammenleistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft
- Künstliche Befruchtung
- Zahnärztliche Behandlung (ohne Zahnersatz)
- Nicht verschreibungspflichtige apothekenpflichtige Arzneimittel
- Heil- und Hilfsmittel
- Häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe
Voraussetzung ist, dass diese Leistungen vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossen sind und dass sie in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden.
Eine besondere Satzungsleistung bei der BARMER ist das Budget für digitale Gesundheitsleistungen (DiGL, §28). Mit diesem Budget wird die Förderung kundenrelevanter digitaler Produkte ermöglicht. Dabei kann es sich um Apps fürs Smartphone und Tablet oder webbasierte Anwendungen für PC oder Laptop handeln. Damit eine Erstattung über das DiGL-Budget möglich ist, muss das jeweilige Produkt bestimmte Voraussetzungen erfüllen:
- Aufnahme in das Satzungsverzeichnis erstattungsfähiger digitaler Versorgungsprodukte
- Zulassung als Medizinprodukt
- Erfüllen datenschutzrechtlicher Anforderungen
- Individuelle Nutzungsvoraussetzungen
Das Barmer Besser-Leben-Programm, auch bekannt als Disease Management Programm (DMP), wurde entwickelt, um chronisch kranke Menschen bestmöglich zu behandeln und zu unterstützen. Ziel ist es, dass Teilnehmende eine bestmögliche Behandlung und ärztliche Unterstützung erhalten, um Ihren Alltag mit der Erkrankung besser gestalten zu können.
Die Barmer bietet ihren Versicherten Besser-Leben-Programme für verschiedene Erkrankungen an.
Der G-BA wählt chronische Erkrankungen aus, die sich für ein DMP eignen, und bestimmt die inhaltlichen Anforderungen an diese Programme. In regelmäßigen Abständen aktualisiert und evaluiert der G-BA bestehende DMP nach dem aktuellen Stand der Leitlinien. Hier sind vor allem Ihre innovativen Lösungen interessant.
Alle Maßnahmen orientieren sich an aktuellen medizinischen Leitlinien. Im Interesse der Patientinnen und Patienten werden diese regelmäßig überprüft, an neue Erkenntnisse angepasst und unterliegen hohen Qualitätsanforderungen.
Die abgestimmten Therapien und regelmäßigen Untersuchungen haben das Ziel, ein Fortschreiten der Krankheit sowie Folge- und Begleiterkrankungen zu verhindern bzw. zu reduzieren und wiederholte Klinikaufenthalte zu vermeiden.
Weitere Informationen
Gemäß Medical Device Regulation (MDR) Kap. 1 Art. 2 bezeichnet ein Medizinprodukt ein Instrument, einen Apparat, ein Gerät, eine Software, ein Implantat, ein Reagenz, ein Material oder einen anderen Gegenstand, das dem Hersteller zufolge für Menschen bestimmt ist und allein oder in Kombination einen oder mehrere der folgenden spezifischen medizinischen Zwecke erfüllen soll:
- Diagnose, Verhütung, Überwachung, Vorhersage, Prognose, Behandlung oder Linderung von Krankheiten
- Diagnose, Überwachung, Behandlung, Linderung von oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen
- Untersuchung, Ersatz oder Veränderung der Anatomie oder eines physiologischen oder pathologischen Vorgangs oder Zustands
- Gewinnung von Informationen durch die In-vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben
und dessen bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird, dessen Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.
Medizinprodukte sind somit Produkte mit medizinischer Zweckbestimmung, die vom Hersteller für die Anwendung beim Menschen bestimmt sind. Dazu gehört u. a. auch medizinische Software. Digitale Angebote können also Medizinprodukte sein. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich frühzeitig mit den betreffenden Regelungen befassen und sie gegebenenfalls in Ihrer Entwicklung berücksichtigen.
Wenn die Zweckbestimmung der Software der Definition des Begriffs "Medizinprodukt" gem. MDR, Kap. 1 Art. 2 entspricht, so ist diese Software auch als Medizinprodukt zu zertifizieren bzw. muss mit einer CE-Kennzeichnung versehen sein. Andernfalls darf sie nicht in Deutschland und Europa in Betrieb genommen werden.
Die CE-Kennzeichnung wird im Rahmen eines sogenannten Konformitätsbewertungsverfahrens vergeben und darf nur angebracht werden, wenn die Produkte grundlegende Anforderungen erfüllen. Unter bestimmten Voraussetzungen – abhängig vom potentiellen Risiko bei der Anwendung der Produkte - ist die Einbindung einer unabhängigen Prüf- und Zertifizierungsstelle (einer sogenannten Benannten Stelle) in das Konformitätsbewertungsverfahren erforderlich. Art und Umfang des Konformitätsbewertungsverfahrens hängt demnach von der Risikoklassifizierung (I, IIa, IIb, III) Ihres Produktes ab.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stellt Ihnen hochwertige Informationen zu Medizinprodukten bereit und bietet darüber hinaus Beratungsverfahren an. Auf der Webseite finden Sie auch eine erste Orientierungshilfe zur Einteilung der Risiko-Klassifizierungen und Abgrenzung zu reinen Wellness- oder Fitnessanwendungen gegenüber echten Medizinprodukten mit entsprechender Notwendigkeit zur Zertifizierung.
Hinweis: Drei ausgewählte wichtige Rechtsnormen im Bereich des Medizinprodukterechts sind
- die EU-Richtlinie 93/42/EWG vom 14.06.1993 über Medizinprodukte (= Medizinprodukterichtlinie bzw. Medical Device Directive, kurz MDD),
- die EU-Verordnung 2017/745 vom 5. April 2017 über Medizinprodukte (= Medizinprodukteverordnung bzw. Medical Device Regulation, kurz MDR),
- das Medizinproduktegesetz (kurz MPG).
Die Medizinprodukteverordnung (MDR) ersetzt die EU-Richtlinie von 1993 (MDD). Nach einer Übergangszeit ist die Medizinprodukteverordnung (MDR) ab 26. Mai 2022 verpflichtend anzuwenden. Es gibt jedoch zahlreiche Konstellationen, weitere Regelungen und zahlreiche komplexe Übergangsbestimmungen und Übergangsfristen. Bitte achten Sie auf den jeweils gültigen aktuellen Stand der betreffenden Regelung. Im Zweifelsfall sollten Sie sich rechtlich beraten lassen. Beispielsweise bieten benannte Stellen oder spezialisierte Beratungsunternehmen oder Rechtsanwaltskanzleien (ggf. kostenpflichtige) Unterstützung an.
Drei wesentliche Prinzipien und Maßstäbe für alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit.
- Qualität
Qualität ist ein zentrales Versorgungsziel der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Rahmen der GKV-finanzierten Gesundheitsversorgung sind Sie als Leistungserbringer zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der erbrachten Leistung verpflichtet. Die Leistungen müssen dem jeweils aktuellsten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden (§ 135a SGB V). - Humanität
Die Krankenversicherung - und auch Sie als potentieller Leistungserbringer - soll nach § 70 SGB V durch „geeignete Maßnahmen auf eine humane Krankenbehandlung ihrer Versicherten“ hinwirken. - Wirtschaftlichkeitsgebot
Hierbei handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der im §12 SGB V wie folgt beschrieben wird:
Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein, sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Das bedeutet konkret:
Ausreichend: Die Leistungen müssen dem Einzelfall angepasst sein, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen.
Zweckmäßig: Die Leistung muss für das Behandlungsziel dienlich sein.
Wirtschaftlich: Das angestrebte therapeutische oder diagnostische Ziel muss durch die Leistung effektiv und effizient zu erreichen sein.
Notwendig: Die Leistung muss objektiv erforderlich sein, um im Einzelfall ausreichend und zweckmäßig zu sein.
Als Barmer stellen wir strenge Anforderungen hinsichtlich des Datenschutzes an unsere Kooperationspartner, um eine qualitativ hochwertige und datenschutzrechtlich konforme Versorgung anzubieten. Für alle Kooperationen gelten deshalb die rechtlichen Grundlagen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und insbesondere des Sozialgesetzbuches (SGB).
Durch die verschärften Regelungen und Anforderungen der DSGVO sind vor allem Transparenz- und Informationspflichten gegenüber den betroffenen Personen gestiegen.
Im Hinblick darauf, dass es sich in Ihrem und unserem Fall um Gesundheitsdaten handelt und diese einem besonderen Schutz unterliegen, müssen datenschutzrechtliche Anforderungen bei der Entwicklung Ihres Produktes / Services im besonderen Maße berücksichtigt werden. Da sich im Bereich eHealth einige rechtliche Entwicklungen noch im Ungewissen befinden, sollten Sie diese daher genauestens verfolgen und sich im Zweifel durch rechtliche Beratung verständlich machen lassen. Das für Sozialversicherungsträger zuständige Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) hat auf Basis datenschutzrechtlicher Vorschriften eine Checkliste für Vertragskonstellationen nach § 140a SGB V erstellt: Datenschutzrechtliche Aspekte im Rahmen von Verträgen nach §140a SGB V. Diese datenschutzrechtlichen Fragestellungen sind unter anderem regelmäßig aufzuwerfen und zu beantworten.
Neben dem Datenschutz ist für die Barmer auch das Thema Informationssicherheit gleich bedeutsam. Daher müssen regelmäßig dem Stand der Technik entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen für die Sicherheit von Daten ergriffen werden, um angemessenes Schutzniveau sicherzustellen.
Das für das Gesundheitswesen zuständige Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat eine "Familie" von technischen Richtlinien erlassen, die auf der Website des BSI eingesehen werden und als Leitfaden für die Entwicklung sicherer Anwendungen dienen können.