Zahnverfärbungen, starkes Schmerzempfinden und Absplittern von Zahnschmelz treten bei Kindern immer häufiger auf. Die sogenannten „Kreidezähne“ sind nicht nur ein kosmetisches Problem, sondern richten nachhaltigen Schaden an den Zähnen an. Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der Barmer, erklärt, woran Eltern erste Symptome erkennen, und was zu tun ist.
Zuerst kommen die Verfärbungen. Mal sind sie weiß-gelblich, mal eher gelb-braun. Die Flecken befallen die Kauflächen von Zähnen oder die Zahnhöcker. In schweren Fällen ist der Zahnschmelz so geschädigt, dass er absplittert. Schlimmer noch ist aber, dass die betroffenen Zähne sehr schmerzempfindlich sind. Zahnärzte stellen angesichts solcher Symptome immer häufiger die Diagnose MIH, nennen die Erkrankung umgangssprachlich auch Kreidezähne. „MIH ist ein noch recht kurz bekanntes Krankheitsbild, dessen Bedeutung dank intensiver Forschung langsam klar wird. Die Abkürzung steht für Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation und beschreibt eine Mineralisationsstörung im Zahnschmelz von Kindern und Jugendlichen“, erläutert Marschall. Angesichts von zehn bis 15 Prozent spricht die Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ) inzwischen von einer neuen Volkskrankheit. Bei den Zwölfjährigen liege die Quote sogar schon bei 30 Prozent. In einzelnen Altersgruppen sei die MIH mittlerweile bedeutsamer als Karies.
Ursachen unklar
Erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde die Erkrankung Ende der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Zu ihren Ursachen gibt es einige „Verdächtige“. So scheinen Weichmacher aus Kunstoffen, die mit der Nahrung aufgenommen werden, ein Auslöser zu sein. Als weitere Ursachen kämen, so Zahnmediziner, Probleme in der Schwangerschaft, die Gabe von Antibiotika, aber auch Erkrankungen wie Windpocken in Frage. Eine präzise Ursache lässt sich bislang jedoch noch nicht finden.
„Da es noch keine Klarheit über Ursachen der Erkrankung gibt, kann man ihr auch nicht vorbeugen. Allerdings lässt sich einiges zur Prophylaxe tun, damit die ohnehin geschwächten Zähne nicht weiteren Schaden nehmen“, so Marschall. Grund für die mangelnden Präventionsmöglichkeiten sei, dass die Krankheit vermutlich schon zu einer sehr frühen Entwicklungsstufe entsteht. Es habe sich gezeigt, dass von MIH angegriffene Zähne auch für Karies besonders anfällig seien, zugleich aber besonders empfindlich reagieren. Dennoch sollten die Zähne besonders gründlich geputzt werden. Im Alltag braucht es dafür allerdings sicherlich viel Geduld und Zuspruch von Mama und Papa, denn wegen ihrer rauen Oberfläche lassen sich Kreidezähne nur schlecht reinigen. Sinnvoll sind regelmäßige Kontrollen beim Zahnarzt. Als hilfreich haben sich auch Fluoridisierungsmaßnahmen beim Zahnarzt oder zu Hause erwiesen, gleiches gilt für fluoridiertes Speisesalz. „Mit intensiver Zahnreinigung und regelmäßigen Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt können selbst von MIH befallene Zähne lange halten“, empfiehlt Marschall.