Wer regelmäßig Sport treibt, kennt die Fragen rund um das Dehnen: Wann wird gedehnt? Wie dehnt man richtig? Und vor allem was nützt es wirklich? Klaus Möhlendick, Sportwissenschaftler bei der Barmer, gibt ein paar Tipps zum Thema.
Viele Freizeitsportler dehnen ihre Muskeln, um sich vor Verletzungen zu schützen, Muskelkater vorzubeugen, die Beweglichkeit zu verbessern und die sportliche Leistung zu steigern. Doch nicht jedes dieser Ziele kann durch Dehnübungen wirklich erreicht werden. Ein Schutz vor Verletzungen durch Dehnen ist nicht wissenschaftlich belegt, die Studienlage dazu ist eher widersprüchlich. Sicher ist hingegen, dass Dehnen nicht als vorbeugende Maßnahme bei Muskelkater hilft, und nach intensiver Belastung sogar eher schadet als nutzt, weil sich die Muskeln erst einmal regenerieren müssen. Denn Muskelkater entsteht durch feine Risse – sogenannte Mikrotraumen- in der Muskulatur, die durch intensives Dehnen noch mehr beansprucht werden. „Dehnen ist natürlich dennoch sinnvoll, weil der gesamte Bewegungsapparat, von den Bändern und Sehnen, über Muskeln und Gelenke bis hin zu den Knochen, mobilisiert und dadurch auch beweglicher wird. Außerdem baut man mit den richtigen Dehnübungen Spannung in der Muskulatur ab und verbessert damit die Durchblutung“, erklärt Möhlendick.
Unterschiedliche Dehnungstechniken
Es gibt verschiedene Techniken, um die Muskeln zu dehnen. Unterschieden wird vor allem zwischen dem sogenannten „dynamischen Dehnen“ und „statischen Dehnen“. Das dynamische Dehnen eignet sich gut für Sportler, die sich vor Laufeinheiten mit vielen Tempowechseln aufwärmen oder ihre Beweglichkeit erhöhen möchten. Die Muskeln werden dabei durch kleine, leicht federnde und gut kontrollierte Bewegungen zunehmend weiter gedehnt. „Wer unter Verspannungen in der Muskulatur leidet, kann mit dynamischem Dehnen gute Ergebnisse erzielen. Die Durchblutung der Muskulatur wird gefördert und gleichzeitig ein gutes Gefühl für die Muskeln geschult“, so Möhlendick. Wer zum Schluss den Dehnreiz noch etwas verstärken möchte, kann die letzte Dehnung etwa fünf bis zehn Sekunden halten.
Anders als das dynamische Dehnen funktioniert das statische Dehnen, auch Stretching genannt. Mit dieser Methode wird die Dehnposition langsam und ohne „federn“ eingenommen und mindestens zehn Sekunden gehalten. Wer sich auf seine Muskeln konzentriert, kann bemerken, wie der Dehnreiz nachlässt und entsprechend den Zug auf die Muskeln vorsichtig erhöhen. Dadurch verstärkt man die Dehnung nach und nach weiter, und die Beweglichkeit wird verbessert. „Durch das längere Halten der Dehnposition kann man beim statischen Dehnen die Intensität der Übung gut kontrollieren. Das lange Halten bewirkt außerdem, dass sich der Muskel intensiver entspannen kann“, meint Möhlendick. Nach zehn bis 15 Sekunden sollten die Muskeln wieder gelockert sein und man kann eine kurze Pause einlegen.
Egal, welche Methode man beim Dehnen bevorzugt, generell sollte man nicht über die eigene Schmerzgrenze hinausgehen. „Wichtig ist, die Übungen kontrolliert und langsam durchzuführen, und dabei auch während der Übung ruhig ein- und aus zu atmen“, rät Möhlendick.