Eiweiß gilt seit Langem als elementarer Baustein des Körpers, der vor allem für Muskelaufbau und -erhalt wichtig ist. Doch Eiweiß spielt auch für die Gesundheit des Herzens eine mitentscheidende Rolle. Dieser Ratgeber beleuchtet die Bedeutung von Eiweiß für die Ernährung, die vielfältigen Zusammenhänge zwischen dem Nährstoff und der Herzgesundheit und gibt Tipps, wie eine eiweißreiche, herzgesunde Ernährung in den Alltag integriert werden kann.
Eiweiß ist in jeder Zelle des Körpers enthalten und erfüllt zahlreiche Funktionen. „Protein dient als Grundbaustein für Muskeln, Knochen, Haut, Haare und Nägel“, sagt Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der BARMER. Doch Eiweiß habe auch weniger offensichtliche, aber genauso essenzielle Aufgaben. Dazu zählt die Regulation von Enzymen und Hormonen. Proteine sind wesentlicher Bestandteil von Enzymen, die an Verdauung, Stoffwechsel und Zellreparatur beteiligt sind, sowie von Hormonen, die wichtige Prozesse im Körper steuern.
Die Aufrechterhaltung des Immunsystems ist eine weitere zentrale Funktion von Eiweiß. „Denn bei der Produktion von Antikörpern spielt es eine entscheidende Rolle und unterstützt damit das Immunsystem.“ Auch sei der Transport von Nährstoffen wichtig. „Eiweißbasierte Moleküle, wie Hämoglobin, befördern im Körper Sauerstoff und Nährstoffe.“
Eiweiß und Herzgesundheit - Ein unterschätzter Zusammenhang
Ein gesundes Herz ist entscheidend für ein langes Leben. „Studien haben gezeigt, dass eine ausgewogene und insbesondere eiweißreiche Ernährung positive Auswirkungen auf die Herzgesundheit haben kann“, erläutert Marschall. Die Gründe seien vielfältig. So habe Eiweiß etwa das Potenzial, die Blutfette, zu denen auch das Cholesterin gehört, zu verbessern. Insbesondere pflanzliches Eiweiß aus Hülsenfrüchten, Nüssen oder Sojaprodukten könne den so genannten „schlechten“ Cholesterinspiegel senken und zugleich den „guten“ Cholesterinspiegel fördern. Cholesterin ist für den Körper lebenswichtig und gibt beispielsweise Zellmembranen ihre Stabilität. Es wird in der Leber gebildet. Um von der Leber ins Gewebe zu gelangen, müssen sich Fette durch die Blutgefäße bewegen. Da Fette aber nicht wasserlöslich sind, können sie nicht einfach durch das Blut schwimmen, sondern benötigen spezielle Transporteiweiße. Die Verbindung aus Eiweiß, Cholesterin und weiteren Fetten wird Lipoprotein genannt. Wenn von „guten“ und „schlechten“ Blutfetten gesprochen wird, sind die Transporteiweiße – die Lipoproteine – gemeint. „Gutes“ Cholesterin (HDL Lipoproteine) transportiert überschüssiges Cholesterin von den Zellen zurück zur Leber, wo es abgebaut wird, und schützt so die Gefäße vor Ablagerungen. „Schlechtes“ Cholesterin (LDL Lipoproteine) hingegen bringt Cholesterin von der Leber zu den Zellen und kann sich bei einem Überschuss in den Gefäßwänden ablagern, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht.
Zusätzlich gibt es laut Marschall Hinweise darauf, dass Eiweiß den Blutdruck regulieren kann. „Eine eiweißreiche Ernährung fördert die Produktion von Aminosäuren wie Arginin, die den Blutfluss verbessern und die Elastizität der Blutgefäße unterstützen.“ Übergewicht ist einer der Hauptrisikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eiweißreiche Lebensmittel tragen dazu bei, das Sättigungsgefühl zu verlängern, was zu einer geringeren Kalorienaufnahme und einem besseren Gewichtsmanagement führen kann. „Das entlastet das Herz und reduziert das Risiko für Bluthochdruck, Diabetes und andere Herzerkrankungen.“
Chronische Entzündungen spielen laut Marschall eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Eiweißreiche Lebensmittel, insbesondere solche, die essenziellen Aminosäuren wie Leucin enthalten, können entzündungshemmend wirken. Pflanzliche Proteinquellen, wie Quinoa, Linsen und Chia-Samen, sind besonders reich an sekundären Pflanzenstoffen, die Entzündungen zusätzlich hemmen.“
Pflanzliches oder tierisches Eiweiß - was ist besser fürs Herz?
Nicht alle Proteinquellen sind gleich gut, wenn es um die Herzgesundheit geht. Die Wahl der richtigen Eiweißquellen ist also entscheidend. Das sind zum einen pflanzliche Eiweiße wie Bohnen, Linsen, Tofu, Nüsse und Vollkorngetreide. Diese sind nicht nur reich an Proteinen, sondern enthalten auch Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. „Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die regelmäßig pflanzliche Eiweißquellen konsumieren, ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben“, sagt Marschall.
Neben pflanzlichen gibt es auch tierische Eiweißquellen. „Magere Proteinquellen wie Fisch, Geflügel und fettarme Milchprodukte können ebenfalls zur Herzgesundheit beitragen. Fettreiche Fleischsorten und verarbeitete Fleischprodukte sollten hingegen aufgrund ihres hohen Gehalts an gesättigten und ungesättigten Fettsäuren in Maßen konsumiert werden“, so Marschall. Fisch, insbesondere Lachs, Makrelen und Sardinen, bieten doppelte Vorteile. „Er ist reich an hochwertigem Protein und enthält zudem herzgesunde Omega-3-Fettsäuren“.
Wie viel Eiweiß braucht das Herz?
Der tägliche Eiweißbedarf variiert je nach Alter, Geschlecht, Aktivitätslevel und Gesundheitszustand. Allgemein empfehlen Expertinnen und Experten für Erwachsene eine tägliche Zufuhr von etwa 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Für eine 70 Kilogramm schwere Person entspricht das etwa 56 Gramm Eiweiß pro Tag. „Wer regelmäßig Sport treibt oder Muskelmasse aufbauen möchte, benötigt etwas mehr Eiweiß, also etwa 1,2 bis 2 Gramm je Kilogramm Körpergewicht. Wichtig ist jedoch, dass die Proteinzufuhr im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung erfolgt“, rät Dr. Marschall.
Praktische Tipps für eine herzgesunde, eiweißreiche Ernährung
Pflanzliche Proteinquellen integrieren: In einigen Mahlzeiten sollte möglichst Fleisch gegen Hülsenfrüchte, Quinoa oder Nüsse ausgetauscht werden. Ein Linsencurry oder ein Salat mit Kichererbsen können leckere Alternativen sein.
Regelmäßig Fisch essen: Zwei Portionen Fisch pro Woche – idealerweise fettreiche Sorten wie Lachs oder Makrele – liefern hochwertiges Eiweiß und Omega-3-Fettsäuren.
Proteinquellen kombinieren: pflanzliche Lebensmittel können kombiniert werden, um alle essentiellen Aminosäuren aufzunehmen. Reis mit Bohnen oder Vollkornbrot mit Hummus können dabei zum Beispiel als Gerichte in Frage kommen.
Verarbeitete Fleischprodukte sollten idealerweise vermieden werden. Würste, Speck und andere stark verarbeitete Fleischwaren sollten möglichst nicht auf dem Speiseplan stehen. Stattdessen kann bei Hunger zu frischen, mageren Produkten gegriffen werden.
Gesundes Snacks: Chips und Süßigkeiten können gegen proteinreiche Snacks wie Mandeln oder griechischen Joghurt ausgetauscht werden.
Eiweiß ist also mehr als nur ein Nährstoff für den Muskelaufbau. Es spielt auch eine zentrale Rolle für die Herzgesundheit. Die Wahl der richtigen Eiweißquellen kann den Cholesterinspiegel verbessern, den Blutdruck senken, Entzündungen hemmen und dabei helfen, ein gesundes Gewicht zu halten. „Wer seine Herzgesundheit langfristig fördern möchte, sollte in seinen Alltag auf eine ausgewogene, eiweißreiche Ernährung mit einem Schwerpunkt auf pflanzlichen Proteinen achten. Ein starkes Herz beginnt auf dem Teller“, sagt Ursula Marschall. Ein starkes Herz beginnt auf dem Teller“, sagt Ursula Marschall.