Wenn Frauen in den Fünfzigern über Kleinigkeiten nörgeln, mit Antriebslosigkeit zu kämpfen haben oder über Hitzewallungen klagen, wird das schnell auf die Wechseljahre zurückgeführt. Doch auch Männer haben mit hormonellen Umstellungen zu kämpfen.
Inzwischen gibt es einen regelrechten Boom von Testosteronpräparaten, die Abhilfe gegen die angeblichen „Wechseljahre des Mannes“ versprechen. Dabei ist die Einnahme für die meisten Männer unnötig.
Schon ab dem 40. Lebensjahr nimmt der Testosteronspiegel bei Männern stetig ab. Ein sinkender Testosterongehalt ist kein Grund zur Sorge, sondern eine völlig natürliche Umstellung der Hormone, die zum Prozess des Älterwerdens einfach dazugehört. „Der Testosteronspiegel sinkt jährlich nur um etwa ein bis zwei Prozent. Das macht sich äußerlich nicht immer bemerkbar und ist keine vergleichbar intensive hormonelle Umstellung wie bei Frauen in der Menopause. Wechseljahre durchleben Männer in dem Sinne nicht“, erklärt Dr. Utta Petzold, Medizinerin bei der Barmer. Trotzdem werden bestimmte Symptome einem niedrigen Testosterongehalt zugeschrieben. Dazu gehören Antriebsschwäche, verringerte Muskelkraft, abnehmende sexuelle Lust sowie Erektionsstörungen, Hitzewallungen und eine geringere Knochendichte. Diese Anzeichen können aber genauso gut Folgen von Stress und Älterwerden sein.
Vorsicht bei Testosteronmitteln
Nur drei bis fünf Prozent der Männer über 60 Jahren leiden in Deutschland an einem gravierenden Testosteronmangel. Viele Betroffene haben Hodenerkrankungen oder einen großen Tumor in der Hirnanhangdrüse hinter sich. Für solche Patienten können Hormontherapien durchaus sinnvoll sein. „Eine Behandlung mit Testosteronmitteln darf nur nach Verordnung durch den Arzt erfolgen. Dieser prüft, ob die Symptome wirklich auf den Hormonhaushalt zurückzuführen sind. Denn sowohl beim Mann als auch bei der Frau gilt: Hormonpillen sind keine Bonbons“, erklärt Petzold.
Testosteronpräparate sind in Deutschland verschreibungspflichtig und das nicht ohne Grund, denn sie können eine Reihe bedenklicher Nebenwirkungen haben. Nicht nur, dass ausgerechnet ein Zuviel des zentralen männlichen Geschlechtshormons beispielsweise zu Haarausfall und Akne führen kann. Darüber hinaus kann auch Prostatakrebs schneller und aggressiver verlaufen. Außerdem steigt die Gefahr einer Thrombose, wenn sich die roten Blutkörperchen durch die Medikamente zu stark erhöhen. Auch eine Schlafapnoe, also ein Aussetzen der Atmung während des Schlafs, kann ausgelöst werden oder sich verschlechtern. Zudem können sich Herzerkrankungen verschlimmern. Abgesehen davon ist eine positive Wirkung von Testosteronmitteln auf die sexuelle Funktion und Lebensenergie nicht eindeutig nachgewiesen. Betroffene sollten mit dem Arzt besprechen, ob der mögliche Nutzen von Hormonpräparaten oder deren Risiken überwiegen. „Der Testosterongehalt lässt sich auch auf natürliche Weise anregen. Ein gesunder Lebensstil wirkt sich positiv auf die Testosteronproduktion und die Lebensqualität aus. Da hilft es schon, sich bewusst zu ernähren und ausreichend körperlich aktiv zu sein, besonders Muskelaufbau durch Kraftsport ist empfehlenswert“, rät Petzold.