Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Wer auf Pilates setzt, soll überflüssige Pfunde verlieren, seine Körperhaltung verbessern und gleichzeitig jede Menge Kraft und Energie gewinnen. Doch was genau steckt hinter diesem viel versprechenden Ganzkörpertraining? Und für wen ist es überhaupt geeignet?
Rund 80 Jahre ist es her, als der Deutsche Joseph Pilates das systematische Körpertraining entwickelte. Er litt als Kind unter anderem an Asthma und wollte seinen Körper mit Sport stärken. Seine sanfte Trainingsmethode nimmt vor allem die Körpermitte in den Fokus. „Die langsam und konzentriert ausgeführten Übungen gehen vom sogenannten Powerhouse, dem Körperzentrum, aus. Dieses besteht aus Bauch- und Rückenmuskulatur sowie dem Beckenboden, die zusammen die inneren Organe und die Wirbelsäule schützen“, erklärt Klaus Möhlendick, Diplom-Sportwissenschaftler der Barmer das ganzheitliche Trainingskonzept, das Pilates zugrunde liegt. Die kontrolliert durchgeführten Dehn- und Kräftigungsübungen fordern die tiefliegende Rumpfmuskulatur und fördern zugleich Koordination, Beweglichkeit und Kraft. Beim Training, das überwiegend auf einer Matte stattfindet, werden einzelne Muskeln oder Muskelpartien ganz gezielt angesprochen und abwechselnd aktiviert oder entspannt. Ausschlaggebend ist die mit den Bewegungen koordinierte Atmung, die zu einer bewussten Körperwahrnehmung beiträgt.
Qualität statt Quantität
Geeignet ist Pilates besonders gut für Einsteiger, die lange Zeit kaum oder gar keinen Sport betrieben haben. Bei den Übungen zählt die Qualität der Durchführung, weniger die Quantität. Um effektiv zu trainieren, ist es also wichtiger, die Bewegungen kontrolliert und bewusst auszuführen, als möglichst viele Wiederholungen zu schaffen. „Durch regelmäßiges Training können auch Einsteiger ihre Tiefenmuskulatur im Becken und in der Taille stärken und werden dadurch beweglicher. Außerdem verbessern sich die Bewegungs- und Haltungsgewohnheiten insgesamt“, so Möhlendick. Fortgeschrittene nutzen auch Kleingeräte wie Bälle, Bänder, Koordinationswippen oder Balancerollen. Mit ihnen werden die Übungen am Boden ergänzt, um so die Koordination zu verbessern und die Feinmotorik sowie die Wahrnehmungsfähigkeit zu fördern.
Pilates kann, wenn es mindestens zwei Mal pro Woche eine Stunde lang durchgeführt wird, auch gegen chronische Kreuzschmerzen helfen. Eine Studie zeigte allerdings, dass es anderen Arten von Übungen nicht überlegen ist. Vorsichtig sein sollten Menschen, die unter einem akuten Bandscheibenvorfall oder an Osteoporose leiden. Sie sollten Rücksprache mit dem Arzt halten, ob Pilates als Sportart infrage kommt.
Auch wenn das Angebot an Training-DVDs und Online-Angeboten groß ist, sollten sich Pilates-Anfänger unbedingt zunächst im Rahmen eines Kurses die wichtigsten Grundlagen zeigen lassen. Wichtig ist, bei der Suche nach einem geeigneten Trainer auf dessen Qualifikation zu achten, weil der Begriff „Pilates-Trainer“ nicht geschützt ist. „Der Trainer sollte über ein gutes anatomisches Wissen verfügen, denn nicht jede Übung ist für Jeden geeignet. Besonders Sportwissenschaftler oder Physiotherapeuten mit einer zusätzlichen Fortbildung in Pilates kennen die körperlichen Zusammenhänge und können die Übungen korrekt vermitteln“, so Möhlendick.