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Der lange Abschied – Formen der Demenz und wie sie erkannt werden können

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Kaum eine Diagnose bringt so viel Leid mit sich wie die Demenz. Betroffene und ihre Angehörigen sind mit schier unüberwindbaren Herausforderungen konfrontiert. Doch Demenz ist nicht gleich Demenz. Dieser Ratgeber erklärt die unterschiedlichen Formen einer Demenzerkrankung, gibt einen Überblick möglicher Warnsignale für die Früherkennung und zeigt Angehörigen, wie sie Betroffenen am Anfang helfen können.

Das Wort Demenz leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet so viel wie „ohne Geist“ - eine ziemlich treffende Umschreibung, denn gemeinhin erleben Betroffene und Angehörige einer Demenz, wie sich die kognitiven Fähigkeiten im Vergleich zu früher zusehends verschlechtern. Nach und nach ändert und verschwindet der Charakter des erkrankten Menschen. Die Person, so wie sie einmal war, hört auf zu existieren. Eine Demenzerkrankung bedeutet zumeist einen langen Abschied von geliebten Menschen. In Deutschland leben etwa 1,6 Millionen Patientinnen und Patienten mit der Diagnose, die meisten davon sind älter als 65 Jahre. Die klassische Demenz gibt es dabei nicht, jede Erkrankung verläuft individuell. „Demenz beschreibt ein Muster von Symptomen, die für die Betroffenen Einbußen an kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten bedeuten. Am stärksten betroffen sind Denkvermögen, das Kurzzeitgedächtnis sowie Sprache und Persönlichkeit“, sagt die Leitende Medizin der BARMER, Dr. Ursula Marschall. Im weiteren Verlauf reduzieren sich auch die motorischen Fähigkeiten.

Formen von Demenz (Auswahl)

Alzheimer-Demenz
Die häufigste Form der Demenz ist die Alzheimer-Demenz. Bei dieser Erkrankung lagern sich im Gehirn kleine Eiweißpartikel in Form von Beta-Amyloid-Plaques oder Tau-Fibrillen ab. Diese könnten dafür verantwortlich sein, dass immer mehr Gehirnzellen absterben. Obwohl die Krankheit bei jedem Menschen unterschiedlich verläuft, lässt sie sich in drei Stadien unterteilen, die fließend ineinander übergehen. Alzheimer beginnt nahezu unbemerkt mit leichten Gedächtnislücken und kleineren Stimmungsschwankungen, vielleicht treten auch bereits leichte Sprachschwierigkeiten auf. In der zweiten Phase verstärken sich diese Symptome und schränken den Alltag der Betroffenen und ihrer Angehörigen zunehmend ein. Das Zeit- und Ortsgefühl geht verloren, nahe Verwandte können nicht sicher namentlich benannt werden und bei den alltäglichen Tätigkeiten wie Körperpflege oder Nahrungsaufnahme benötigen die Erkrankten Unterstützung. In der letzten Phase können die Gefühle nicht mehr kontrolliert werden, Betroffene sind jetzt vollkommen auf die Pflege und Betreuung angewiesen. Verwandte und Freunde werden nicht mehr erkannt. Es zeigen sich körperliche Symptome wie Gehschwäche und Schluckstörung. Häufig versterben Erkrankte an Komplikationen mit begleitenden Krankheiten. 

Vaskuläre Demenz
Bei dieser gefäßbedingten Demenz kommt es infolge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zum Absterben von Nervengewebe. Je stärker die Durchblutungsstörung, desto ausgeprägter die Demenz. Die Symptome ähneln denen von Alzheimer, werden zumeist aber noch durch körperliche Beschwerden wie Taubheitsgefühle, Lähmungserscheinungen oder sonstige neurologische Auffälligkeiten begleitet. „Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Rauchen oder auch Diabetes mellitus gelten als die bestimmenden Hauptursachen für die vaskuläre Demenz“, erläutert Dr. Marschall. 

Frontotemporale Demenz
Eine Frontotemporale Demenz liegt vor, wenn vor allem die Nervenzellen im Stirn- und Schläfenbereich, also dem frontalen und temporalen Teil des Gehirns, absterben. Diese Teile sind verantwortlich für Emotionen und Sozialverhalten. Bei der Frontotemporalen Demenz kommt es entsprechend stark zu Verhaltensauffälligkeiten. Ein gesteigertes Aggressionsverhalten, Enthemmung und Unberechenbarkeit der Betroffenen sind häufige Symptome. Diese spezielle Form der Demenz ist häufiger Folge nach Schädel-Hirn-Traumen.

Korsakow-Syndrom
Das Korsakow-Syndrom ist gekennzeichnet durch eine starke Merkfähigkeitsstörung. Betroffene haben die Fähigkeit verloren, neue Informationen abzuspeichern. Die entstehenden Gedächtnislücken werden bisweilen durch frei erfundene Geschichten ersetzt. „Es ist wichtig darauf hinweisen, dass viele Patienten sich dieser Lügen nicht bewusst sind. Es ist ihre Realität und für sie dementsprechend wahr“, sagt Dr. Marschall. Bei dieser Form der Demenz leiden vor allem die Regionen des Gehirns, die für die Gedächtnisbildung und Regulierung der Emotionen verantwortlich sind. Dieses Syndrom kann als Folge von jahrelangem und heftigen Alkoholabusus auftreten.

Anzeichen einer Demenz erkennen

„Hier ist Vorsicht geboten, denn nicht jede Beeinträchtigung des geistigen Leistungsvermögens muss bereits ein Alarmsignal für eine Demenz sein. Wenn aber jemand eine deutliche Antriebsschwäche aufweist, obwohl die Person vorher sehr aktiv war und wenn dann noch regelmäßige Gedächtnislücken in Kombination mit Sprach- oder Orientierungsschwierigkeiten auftreten, sollte dies dringend medizinisch abgeklärt werden“, rät Dr. Ursula Marschall. Der Gang in die Arztpraxis ist dabei oft nicht einfach. Viele Betroffene neigen gerade im Anfangsstadium der Krankheit dazu, ihre Einschränkungen aus Scham vor anderen zu verbergen. 

Warnsignale 

•    Vergessen von kurzzeitig zurückliegenden Ereignissen 
•    Sprachstörungen 
•    Probleme, gewohnte Tätigkeiten auszuüben 
•    Fehlender Überblick der persönlichen finanziellen Situation 
•    Nachlassendes Interesse an Arbeit, Hobbys und Kontakten 
•    Fehleinschätzung von Gefahren 
•    Ungekannte Stimmungsschwankungen (anhaltende Ängstlichkeit & Reizbarkeit)

Was Angehörige tun können 

Die wenigsten Patientinnen und Patienten wenden sich mit einem Verdacht auf Demenz an ihre Ärztin oder ihren Arzt. Der Weg zur Diagnose führt zumeist über Angehörige, die ebenso wie die Betroffenen einen Weg finden müssen, um mit der Erkrankung umgehen zu können. Bereits der Beginn kann mit Schwierigkeiten verbunden sein, denn angesprochen auf ihre möglichen Probleme können Betroffene aggressiv bis ablehnend reagieren. Hier kann es helfen, ihr Verhalten über einen längeren Zeitraum hinweg zu dokumentieren. Zu welchen Zeiten war welches Verhalten auffällig bis problematisch? Dabei sollte ein möglich großes Netzwerk aus Verwandten, Freunden und Nachbarn mit einbezogen werden. Diese Dokumentationsarbeiten helfen Ärztinnen und Ärzten eine Diagnose zu stellen und das weitere Vorgehen zu besprechen. „Die Betreuung von Demenzerkrankten wird zumeist von Angehörigen im privaten Haushalt übernommen. Von ihnen wird viel Engagement, Verzicht auf Freizeit und die Bereitschaft einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung abverlangt. Angehörige sollten dabei ihre eigene körperliche und seelische Gesundheit im Auge behalten und entsprechende Entlastungsangebote annehmen“, rät Dr. Marschall.