Wenn Kinder oder Jugendliche an Diabetes Typ 1 erkranken, sind oft vor allem die Eltern erst einmal geschockt. Doch obwohl sich nach der Diagnose tatsächlich vieles verändert, können die jungen Patienten heute ein fast normales Leben führen.
Die ersten Anzeichen für eine mögliche Typ-1-Diabetes-Erkrankung sind meist noch sehr unspezifisch: Betroffene Kinder verspüren enormem Durst, haben einen verstärkten Harndrang und fühlen sich ständig schlapp, obwohl sie ausreichend schlafen. Wenn aber ihr Atem nach Azeton riecht, sollten Eltern mit ihrem Nachwuchs unbedingt einen Arzt aufsuchen. Bestätigt dieser die Diagnose Diabetes Typ 1, verändert sich das Leben aller Beteiligten. „Besonders die Eltern sind anfangs geschockt und fragen sich, wie es denn nun weitergehen soll. Manche machen sich auch Vorwürfe, weil sie glauben, etwas in der Ernährung falsch gemacht zu haben. Dabei wird die Autoimmunerkrankung weder durch zu viel Essen noch durch zu viel Zucker ausgelöst. Sie lässt sich nicht verhindern und leider auch nicht heilen“, sagt Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der Barmer.
Wissen schützt vor Unsicherheit
Mit modernen Therapien und Medikamenten lässt sich die Krankheit heutzutage jedoch sehr gut behandeln. Der erste Schritt ist eine umfassende Schulung, in der Eltern und Patienten auf den Alltag mit Diabetes vorbereitet werden. Darin wird ihnen unter anderem beigebracht, wie und wann sie den Blutzucker messen sollen, wie sie die benötigte Insulindosis berechnen können und wie sie sich das Insulin richtig verabreichen. Dafür lernen sie den richtigen Umgang mit einem Insulin-Pen, mit dem sie sich das Insulin selbst spritzen können. Alternativ kann es auch über eine Insulinpumpe verabreicht werden, die über eine kleine Nadel dauerhaft mit dem Bauchfett verbunden ist und dort automatisch Insulin abgibt. „Eltern neigen dazu, ihr Kind aus Unsicherheit, in Watte zu packen. Das ist aber der falsche Weg. Sobald die Therapie für alle Beteiligten zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, kann auch wieder ein normaler Alltag mit Verabredungen, Sport und Spaß geplant werden“, so Marschall.
Für den Notfall gerüstet
Trotz aller Vorsicht kann es dennoch in Ausnahmesituationen zu einer Unter- oder Überzuckerung kommen, etwa durch eine falsch berechnete Insulindosis, Stress, Überanstrengung beim Sport oder auch durch Bewegungsmangel. Um dann richtig reagieren zu können, sollten neben den jungen Patienten selbst auch ihre Freunde, vor allem aber auch Lehrer und weitere Bezugspersonen wissen, wie sie solche Notfälle früh erkennen und sich dann verhalten sollten. „Wer weiß, worauf zu achten ist, hat mehr Sicherheit im Alltag. So können etwa Zittern, starkes Schwitzen, Blässe, Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen oder Heißhunger auf eine Unterzuckerung hinweisen. In leichten Fällen kann sie mit einem zuckerhaltigen Getränk, Traubenzucker oder einem Riegel Schokolade ausgeglichen werden. Bei starken Symptomen, wenn das Kind verwirrt erscheint oder gar ohnmächtig wird, sollte unbedingt einen Notarzt gerufen werden“, erklärt Marschall. Aber auch eine Überzuckerung kann gefährlich werden. Die typischen Symptome dafür sind starker Durst, Übelkeit und häufiger Harndrang. Dann gilt es sofort den Blutzucker zu messen und gegebenenfalls Insulin zu verabreichen. Außerdem sollte ein möglicher Flüssigkeitsmangel ausgeglichen werden. Bei starken Symptomen sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Mit diesem Notfallwissen können junge Diabetes-Patienten übrigens auch an Ausflügen, mehrtägigen Klassenfahrten oder Jugendfreizeiten teilnehmen. Marschall empfiehlt dennoch im Vorfeld das Programm, vor allem hinsichtlich der körperlichen Belastung wie Wanderungen oder Klettertouren, zusammen mit den Aufsichtspersonen zu besprechen. Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, kann dafür auch einen Diabetes-Berater hinzuziehen.
Was ist Typ-1-Diabetes?
Diabetes vom Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, in deren Folge die Bauchspeicheldrüse kein Insulin produziert. Der Körper benötigt Insulin, um den mit der Nahrung aufgenommenen Zucker in die Zellen schleusen zu können, wo aus ihm Energie gewonnen wird. Fehlt es, wird der Zucker im Blut nicht
abgebaut, wodurch Lebensgefahr bestehen kann. Typ-1-Diabetiker müssen daher täglich eine gewisse Menge an Insulin zuführen, die sich aus der Höhe des Blutzuckerspiegels ergibt. Dieser muss entsprechend häufig gemessen werden.