Schwanger als Diabetikerin oder Epileptikerin? Bei Bluthochdruck, Rheuma oder Multipler Sklerose? Noch vor wenigen Jahrzehnten war es beinahe undenkbar, dass eine chronisch erkrankte Frau ein Baby bekommt. Die meisten Ärzte werden ihr dringend von einer Schwangerschaft abgeraten haben. Dies ist inzwischen anders, dank des medizinischen Fortschrittes und weil man heute viel mehr über den Schwangerschaftsverlauf einer Frau weiß. „Eine chronisch kranke Frau hat heute gute Chancen, ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen. Entscheidend für eine erfolgreiche Schwangerschaft sind aber eine sorgfältige Vorbereitung und eine kontinuierliche Begleitung durch den Arzt“, sagt Dr. Utta Petzold, Medizinerin bei der Barmer.
Zunächst einmal rät Petzold, sowohl den Frauenarzt als auch den Spezialisten für die chronische Erkrankung in den Babywunsch einzuweihen. Der Facharzt könne dann überprüfen, ob die Patientin gut eingestellt und stabil sei. „Bei einem akuten Krankheitsschub oder hohen Entzündungswerten sollte man vor einer Schwangerschaft erstmal die chronische Erkrankung behandeln“, sagt Petzold. Zudem sollten Frauen mit Babywunsch nicht ohne den behandelnden Arzt ihre Medikation umstellen oder gar absetzen. Dadurch steige das Risiko für Komplikationen.
Unterschiedliche Maßnahmen je nach Erkrankung
Abhängig von der chronischen Erkrankung muss eine Schwangere unterschiedliche Dinge beachten. Besondere Vorsicht sollten herzkranke Frauen walten lassen. Je nach Schwere des Herzfehlers wird der Facharzt manchen Patientinnen sogar ganz von einer Schwangerschaft abraten, da das Herz während der neun Monate zusätzlich belastet wird. Schließlich muss es mehr leisten, um das Baby mit Blut zu versorgen. Steht dem Kinderwunsch medizinisch nichts entgegen, sollten Frauen mit Herzfehler während der Schwangerschaft zumindest unnötige Anstrengungen vermeiden und sich so oft es geht ausruhen.
Für eine Diabetikerin ist es während der Schwangerschaft besonders schwierig, den Blutzuckerspiegel zu halten. In den ersten Wochen der Schwangerschaft droht leicht eine Unterzuckerung, da der Körper vorübergehend empfindlicher auf Insulin reagieren kann. Gegen Ende der Schwangerschaft steigt der Insulinbedarf dann oft drastisch an. „Diabetikerinnen sollten ihren Blutzuckerspiegel gerade zu Beginn der Schwangerschaft sieben bis zehn Mal am Tag messen“, rät Petzold. Frauen mit einer Schilddrüsenunterfunktion wiederum sollten bei Kinderwunsch mit Schilddrüsen-Hormonen genau eingestellt sein und während der Schwangerschaft engmaschig kontrolliert werden. Der Körper benötigt im Verlauf der Schwangerschaft mehr Schilddrüsenhormone. Wird die Therapie richtig dosiert und konsequent durchgeführt, besteht keine Gefahr für das Baby. Andernfalls steigt das Risiko, dass das Kind ebenfalls an einer Unterfunktion leidet oder dass es schlimmstenfalls sogar zu einer Totgeburt kommt.
Mitunter können sich die Symptome einer chronischen Erkrankung während der Schwangerschaft sogar verbessern, beispielsweise bei der Rheumatoiden Arthritis. „An Rheuma erkrankte Frauen sollten mit dem Facharzt ganz genau klären, welche Medikamente sie während der Schwangerschaft nehmen dürfen und welche bereits Monate vor einer geplanten Schwangerschaft abgesetzt werden müssen. Cortison sollte nur in niedrigen Dosierungen zum Einsatz kommen, um Mutter und Baby nicht unnötig zu belasten“, erklärt die Expertin. Insgesamt rät sie Frauen mit einer chronischen Erkrankung, das Thema Schwangerschaft nicht auf die lange Bank zu schieben. „Je früher man schwanger wird, desto geringer sind die Risiken. In späteren Jahren kann die chronische Erkrankung bereits schwerer sein, außerdem kommen altersbedingte Risiken hinzu“, sagt die Medizinerin.