Berlin, 14.03.2025 - Mit der im November letzten Jahres beschlossenen Krankenhausreform soll eine höhere Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten durch die Konzentration komplexer Behandlungen an wenigen spezialisierten Standorten erreicht werden. Häufig wird kritisiert, dass dabei weitere Anfahrtswege in spezialisierte Kliniken notwendig werden, zumal die räumliche Erreichbarkeit von medizinischen Versorgungsangeboten ein zentrales Kriterium in der Krankenhausplanung der Länder ist. Für die dadurch notwendig werdende Anpassung der Länderplanungen gibt die bifg-Studie wichtige Impulse.
Für mehr Qualität nehmen Betroffene auch längere Fahrzeiten in Kauf
Das Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung (bifg) ist gemeinsam mit Mitgliedern der „Regierungskommission Krankenhaus“, Prof. Dr. Boris Augurzky, Prof. Dr. Christian Karagiannidis und Prof. Dr. Jochen Schmitt, der Frage nachgegangen, inwieweit Patientinnen und Patienten längere Fahrtwege für Verbesserungen der Versorgungsqualität im Krankenhaus akzeptieren würden. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Patientinnen und Patienten eine längere Fahrzeit in ein weiter entfernt liegendes Krankenhaus mit Schwerpunkt auf thoraxchirurgische Behandlungen in Kauf nehmen würden, wenn sie dafür zum Beispiel eine höhere Überlebenschance erwarten können. Grundlage dafür sind Analysen der Daten von rund 1.500 Barmer-Versicherten, die im Jahr 2022 thoraxchirurgisch behandelt wurden, sowie ein gemeinsam mit forsa durchgeführtes Umfrage-Experiment mit rund 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
„Wohlfahrtsbasierte Versorgungsplanung“ berücksichtigt Präferenzen der Patientinnen und Patienten
Mit dem „wohlfahrtsbasierten Versorgungsplanungsmodell“ stellt das bifg einen neuen methodischen Ansatz für die Versorgungsplanung vor, bei dem sowohl die Erreichbarkeit von Kliniken, die Ergebnisqualität als auch die Präferenzen von Bürgerinnen und Bürgern Berücksichtigung finden. Am Beispiel der thoraxchirurgischen Behandlung von Lungenkrebs konnte gezeigt werden, dass eine deutliche Reduktion der Anzahl der Behandlungsorte zu einer Verbesserung der Ein-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit führen würde, während die Fahrzeit nur geringfügig zunimmt.
Die Anwendung des Modells auf die thoraxchirurgische Behandlung von Lungenkrebs in Deutschland zeigte große Potenziale bei der Verbesserung der Versorgungsstrukturen. Eine Auswahl von 17 bis 25 der heute über 140 Standorte könnte die Überlebenswahrscheinlichkeit bei diesem Eingriff von 89,1 auf bis zu 93,6 Prozent erhöhen. Hierfür wäre eine zusätzliche durchschnittliche Fahrzeit von lediglich 14 Minuten notwendig. Für die Gesamtheit der Patientinnen und Patienten in Deutschland wäre eine solche Versorgungslandschaft für diese Behandlung optimal.
Konzentration ist der richtige Weg
Die bifg-Studie zeigt, dass die Konzentration der Krankenhausversorgung bei komplexen medizinischen Leistungen der richtige Weg und aufgrund der guten Ergebnisse ganz im Sinne der Patientinnen und Patienten ist. Um weitere Schlüsse für die Umsetzung der Krankenhausreform ziehen zu können, stellt das bifg in Aussicht, die Methodik auf andere medizinische Behandlungen im Krankenhaus zu übertragen.
Die Ergebnisse der Studie können hier nachgelesen werden:
Autorinnen und Autoren:
Martin Rößler, Laura Korthauer, Isabelle Petrautzki, Christoph Bobeth, Claudia Schulte, Dagmar Hertle, Uwe Repschläger, Christoph Straub, Danny Wende