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BARMER-Heilmittelreport: GKV-Rekordausgaben kommen nur teilweise an

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Berlin, 25.07.2024 – Die Gesetzesänderungen im Heilmittelbereich haben zu einem massiven Kostenanstieg in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geführt und dennoch zentrale Ziele verfehlt. Denn obwohl die GKV-Ausgaben für Heilmittel binnen weniger Jahre um bis zu 80 Prozent gestiegen sind, haben angestellte ambulante Therapeutinnen und Therapeuten davon nur unzureichend profitiert. Das geht aus dem Heilmittelreport 2024 der Barmer hervor. Dieser hat Erträge der Praxen und Gehälter angestellter ambulanter Therapeuten zwischen den Jahren 2017 und 2022 untersucht. Demnach sind die Umsätze je Rezept in Physiotherapie-, Ergotherapie- und Logopädie-Praxen im Schnitt zwischen 53 und 59 Prozent angewachsen. Im selben Zeitraum haben sich die Gehälter der angestellten ambulanten Therapeuten in Vollzeit nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zwischen 28 und 34 Prozent erhöht. „Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für Heilmittel sind innerhalb weniger Jahre mehr als doppelt so stark gestiegen wie die GKV-weiten Aufwendungen insgesamt. Trotz dieser immensen Steigerung haben sich die Einkommen angestellter Therapeutinnen und Therapeuten nur unzureichend verbessert. Künftig sind zusätzliche Kontrollmechanismen erforderlich, damit die Gelder auch ankommen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Prof. Dr. med. Christoph Straub. Gerade in der aktuell schwierigen Finanzsituation der GKV sei es wichtiger denn je, dass die Mittel ihren vorgesehenen Zweck erfüllten.

Gehaltsabstände wurden kaum reduziert

Das Heil- und Hilfsmittelstärkungsgesetz im Jahr 2017 und das Terminservice- und Versorgungsgesetz im Jahr 2019 hätten Vorgaben für ein stetiges Vergütungsplus bei den angestellten Therapeuten geschaffen. Dadurch hätten die gesetzlich Versicherten allein im vergangenen Jahr 5,3 Milliarden Euro mehr für fast die gleiche Menge an Heilmittel-Leistungen aufgebracht als im Jahr 2017. Doch wenn die Gelder nur vermindert bei den Therapeuten ankämen, würden sie als ein wichtiges Mittel gegen den Fachkräftemangel nicht helfen, so Barmer-Chef Straub weiter. Zudem hätten sich die Gehaltsabstände zwischen angestellten Therapeuten im ambulanten und stationären Bereich kaum verringert. Während Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten in Krankenhäusern im Jahr 2017 im Schnitt 943 Euro im Monat mehr verdienten, waren es im Jahr 2022 immer noch 823 Euro. Damit hat sich der Abstand bei den Gehältern im Vergleich zu Physiotherapeuten in Praxen nur um 120 Euro im Monat verringert. Bei Therapeuten in der Ergotherapie und Logopädie waren es 111 Euro beziehungsweise 118 Euro. Bei einer angemessenen Verteilung der zusätzlichen Gelder durch die Praxen hätte sich der Gehaltsabstand zwischen stationären und ambulanten Therapeuten hingegen je nach Bereich um 688 bis 703 Euro reduziert. „Das Gehaltsniveau zwischen Therapeutinnen und Therapeuten im Krankenhaus und in der Praxis hätte sich längst viel stärker angleichen müssen. Es ist das notwendige Geld im System für eine dauerhaft ausfinanzierte vollständige Angleichung bei den Therapeuten-Gehältern“, sagt Barmer-Chef Straub. Allein im Jahr 2024 bekämen die Heilmittel-Praxen gegenüber dem Jahr 2017 zusätzlich voraussichtlich rund sechs Milliarden Euro an Versichertengelder durch Preissteigerungen.

Deutliche regionale Unterschiede

Wie aus dem Heilmittelreport mit Blick auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit weiter hervorgeht, gibt es erhebliche regionale Unterschiede zwischen den Bundesländern bei der Gehaltsstruktur angestellter Therapeuten. Am größten war der Einkommensunterschied zwischen dem ambulanten und stationären Bereich im Jahr 2022 in Sachsen-Anhalt mit monatlich 905 Euro, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 847 Euro. Am geringsten war die Spanne in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern mit 570 beziehungsweise 571 Euro. Zugleich sind die Gehaltsunterschiede zwischen ambulant und stationär angestellten Therapeuten in den Jahren von 2017 bis 2022 teils nur minimal gesunken. In Hessen und Schleswig-Holstein verringerte sich der Gehaltsunterschied um 6,2 beziehungsweise 6,5 Prozent. Am stärksten fiel die Angleichung in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz mit 23,3 und 21,9 Prozent aus. In Sachsen hat sich der Gehaltsabstand sogar noch um monatlich 70 Euro vergrößert. „In allen Bundesländern haben die Praxen noch ganz erheblichen Nachholbedarf bei der Anpassung der Gehälter für angestellte Therapeutinnen und Therapeuten. Hier sind die Praxen in der Pflicht, den vorhandenen Spielraum auszuschöpfen“, so Barmer-Chef Straub.

Hintergründe zum BARMER-Heilmittelreport 2024

Für den Barmer-Report wurden Gehaltsstatistiken 2017 bis 2022 der Bundesagentur für Arbeit herangezogen (web.arbeitsagentur.de/entgeltatlas/). Diese sind öffentlich zugänglich und bieten eine vollständige bundesweite Datenerhebung sowie für Vollzeitangestellte eine Aufgliederung bis auf Landesebene. Zudem können die Gehälter ambulant und stationär tätiger angestellter Therapeuten unterschieden werden. 

Diese Pressemitteilung sowie die Grafiken zum Download finden Sie unter: www.barmer.de/p028516.