Lindau, 13.07.2023 – Nach dem Bund-Länder-Kompromiss zur Krankenhausreform sieht die Barmer unverändert die Notwendigkeit einer konsequenten Strukturreform. Diese müsse klar auf mehr Qualität in den Kliniken ausgerichtet sein.
"Es ist gut, dass sich Bund und Länder auf Eckpunkte für die Krankenhausreform geeinigt haben. Bis zur Reform ist es jedoch noch ein weiter Weg, denn viele Fragen zu konkreten Regelungen und zur Finanzierung sind weiter ungeklärt", so Prof. Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer auf der heutigen Gesundheitskonferenz der Kasse am Bodensee. Der Erfolg der Reform entscheide sich daran, wie stark das Reformgesetz am Ende die Qualität der Krankenhausbehandlung faktisch fördere. Aus Sicht der Barmer müsse es weiter darum gehen, Krankenhausstrukturen in Deutschland qualitätsorientiert weiterzuentwickeln. Es sei ein Fehler, auf die Einteilung der Kliniken in sogenannte Versorgungslevel zu verzichten. Solche Level seien ursprünglich als verbindliches Instrument der Krankenhausplanung vorgesehen worden. Nunmehr sollten sie lediglich dabei helfen, die Versorgungsstrukturen transparenter zu machen. Deutschland könne bei der Reform zudem von internationalen Erfahrungen lernen. Ein Blick über die Grenzen hinweg könne dafür Impulse liefern. Die Barmer-Landesvertretungen aus Bayern und Baden-Württemberg hätten deshalb in Kooperation mit der Internationalen Bodenseekonferenz zu einem länderübergreifenden Austausch in die Lindauer Inselhalle eingeladen.
Prominenz aus Politik und Wissenschaft
Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Gesundheitswesen und Wissenschaft diskutierten auf der Konferenz darüber, wie die Zukunft der Krankenhausversorgung zu sichern sei. Unter den Diskussionsteilnehmenden waren auch der bayerische Staatsminister für Gesundheit und Pflege, Klaus Holetschek, und die baden-württembergische Ministerialdirektorin für Soziales, Gesundheit und Integration, Leonie Dirks. Ebenso die Landesrätin für Gesundheit im Vorarlberg, Martina Rüscher, Bruno Damann, Vorsteher des Gesundheitsdepartements in St. Gallen, und Manuel Frick, Minister für Gesellschaft und Kultur des Fürstentums Liechtenstein. Prof. Dr. Leonie Sundmacher, Professorin für Gesundheitsökonomie an der Technischen Universität München und Mitglied der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung, gab Impulse für eine neue Krankenhausstruktur.
Kleinteilige Krankenhausstrukturen in Bayern mutig verändern
Die Krankenhausstruktur in Bayern ist in ihrer Kleinteiligkeit ein gutes Beispiel für den Reformbedarf der Krankenhausversorgung in Deutschland. Es gibt mehr als 400 Krankenhäuser, darunter sechs Universitätskliniken, mit insgesamt 73.000 Betten. Darüber hinaus hat Bayern im Vergleich zu den anderen Bundesländern die meisten Krankenhäuser mit weniger als 150 Betten. "Wir müssen die Krankenhausstrukturen mutig verändern. Eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung muss sich dabei vor allem an Qualitätsaspekten orientieren und zukünftig auch über Landesgrenzen hinweg gedacht werden", unterstrich Alfred Kindshofer, Landesgeschäftsführer der Barmer in Bayern. Im Sinne der Patientinnen und Patienten sollten die Versorgungsstrukturen im Rahmen regionaler, sektorenübergreifender und qualitätsorientierter Versorgungskonzepte gestaltet werden.
Baden-Württembergisches Schlaganfallkonzept als Blaupause nutzen
Baden-Württemberg ist bei der Krankenhausplanung schon einen Schritt weiter. Die mehr als elf Millionen Einwohnerinnen und Einwohner werden in 246 Kliniken versorgt. Schon seit Jahren schließen sich Krankenhäuser in Baden-Württemberg zugunsten eines Maximalversorgers zusammen. Etwa im Schwarzwald-Baar-Kreis, im Landkreis Lörrach oder Offenburg. Bei der Versorgung von Schlaganfallpatienten habe Baden-Württemberg Vorbildcharakter, meinte Barmer-Landesgeschäftsführer Winfried Plötze. "Baden-Württemberg ist das einzige Bundesland, das mit Schlaganfallzentren, regionalen Schlaganfallschwerpunkten und lokalen Schlaganfallstationen eine dreistufige Versorgungsstruktur für die Behandlung von Schlaganfallpatienten vorhält." Je nach Schwere des Schlaganfalls würden die Patientinnen und Patienten in das dafür vorgesehene Krankenhaus eingeliefert. "Schlaganfälle sind immer eine medizinische Notsituation. Deshalb ist eine schnelle Versorgung in einer geeigneten Klinik ein ganz entscheidender Faktor für den Behandlungserfolg", so Plötze. Dass Patientinnen und Patienten mit einer schweren Erkrankung wie Schlaganfall, Krebs oder Herzinfarkt nicht in einem strukturell nicht angemessenen, sondern im richtigen Krankenhaus behandelt werden, müsse bundesweit praktiziert werden. Um das zu erreichen, könne das baden-württembergische Schlaganfallkonzept als Blaupause dienen.