Der medizinisch-technische Fortschritt macht es möglich, dass immer mehr operative Eingriffe ambulant erbracht werden können. Deshalb soll nicht nur der Katalog ambulant erbringbarer Leistungen (AOP-Katalog) erweitert, sondern auch eine sektorengleiche Vergütung für diese Leistungen eingeführt werden. Das Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung (bifg) zeigt, was bei der Entwicklung der neuen Vergütungssystematik beachtet werden muss.
Berlin, 18.08.2023 – Um einen Anreiz für die ambulante Erbringung von Leistungen zu setzen, die bisher unnötig stationär erbracht werden, hat der Gesetzgeber die „spezielle sektorengleiche Vergütung“ im Sozialgesetzbuch verankert. Die Gemeinsame Selbstverwaltung wurde beauftragt, die neue Vergütungssystematik zu entwickeln. Bei den Verhandlungen konnte jedoch keine Einigung erzielt werden. Nun ist das Bundesgesundheitsministerium am Zug: Es erarbeitet derzeit eine entsprechende Regelung zur Einführung der sektorengleichen Vergütung.
Hierzu gibt ein aktuelles bifg-Papier wichtige Impulse. Ziel ist die stärkere Ambulantisierung der medizinischen Versorgung und die Weiterentwicklung der sektorenübergreifenden Versorgung.
Neue Leistungen in den AOP-Katalog zur Hebung von Ambulantisierungspotenzialen
Anhand von drei Leistungen stellen die Autor/innen des ePapers exemplarisch dar, wie komplex die Integration der sektorengleichen Vergütung in die bestehenden Vergütungssysteme ist. Hier zeigt sich beispielsweise, dass Leistungen, die im AOP-Vertrag erfasst sind, darüber hinaus schon heute überwiegend ambulant erbracht und kollektivvertraglich vergütet werden. Vor diesem Hintergrund erscheint den Autor/innen eine Beschränkung auf den AOP-Katalog zur Auswahl von sektorengleich zu vergütenden Leistungen wenig zielführend. Sie verweisen deshalb auf ein einschlägiges IGES-Gutachten von 2022, das über den AOP-Katalog hinausgehende, aus medizinischer Sicht grundsätzlich ambulant erbringbare Leistungen auflistet.
Fehlanreize bei der neuen Vergütungssystematik vermeiden
Die Autorinnen und Autoren diskutieren zudem mögliche Fehlanreize der neuen Vergütungssystematik. Werden die Leistungen innerhalb einer sektorengleichen Vergütung nicht ausreichend trennscharf definiert und über Kontextfaktoren validiert, könnte es beispielsweise zu einer Unterversorgung von Patientinnen und Patienten mit vollstationärem Versorgungsbedarf kommen. Gleichzeitig ist zu befürchten, dass der hohe Ambulantisierungsgrad vieler Leistungen ignoriert wird und damit bei der Festlegung der neuen Fallpauschalen hohe zusätzliche Kosten auf die gesetzliche Krankenversicherung zukommen. Besonders wichtig bei der Kalkulation der sektorengleichen Vergütung ist nach Ansicht des bifg, dass sich diese an den tatsächlichen Kosten und dem bereits realisierten Ambulantisierungsgrad orientiert.
Das vollständige ePaper können Sie hier lesen:
Danny Wende, Claudia Schulte, Uwe Repschläger, Martin Rößler: Empirische Probleme sektorengleicher Vergütung am Beispiel ausgewählter Leistungen, Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung 2023