Mit zwei Gesetzen soll die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben werden. Das Digital-Gesetz (DigiG) und das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) befinden sich derzeit im parlamentarischen Verfahren und wurden diese Woche im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages diskutiert. Auch die Barmer war zur Anhörung geladen, um fachliche Hinweise zum GDNG zu geben.
Berlin, 17.11.2023 – Im Rahmen der digitalen Ausrichtung des Gesundheitssystems kommt der elektronischen Patientenakte (ePA) eine wesentliche Rolle zu. Ab Januar 2025 soll sie flächendeckend für die Patientinnen und Patienten genutzt werden. Sie eröffnet viele Möglichkeiten, die medizinische Versorgung zu verbessern, etwa durch die Nutzung des elektronischen Medikationsplans, zudem können teure Doppeluntersuchungen vermieden werden.
Im Gesetz ist vorgesehen, dass für jeden Versicherten automatisch eine ePA angelegt wird, es sei denn, dem wird ausdrücklich widersprochen. Dazu führt das Digital-Gesetz das sogenannte Opt-Out-Verfahren ein.
Videosprechstunde stärker in der Versorgung einsetzen
Der Entwurf des Digital-Gesetzes sieht zudem vor, dass die derzeitige Begrenzung von Videosprechstunden auf maximal 30 Prozent der ärztlichen Arbeitszeit entfällt. Mit der breiteren Nutzung der Videosprechstunde knüpft das Bundesgesundheitsministerium an die positiven Erfahrungen aus der Vergangenheit an: So hat sich das digitale Format während der Pandemie bewährt. Sie spart vor allem in strukturschwachen Regionen weite Wege. Die uneingeschränkte Nutzung sollte daher unbedingt auch in der psychotherapeutischen Versorgung möglich werden – dies wurde auch in der Anhörung im Gesundheitsausschuss deutlich. In der Psychotherapie ist die Videobehandlung während der psychotherapeutischen Sprechstunde und der probatorischen Sitzung noch nicht möglich. Dies muss sich ändern, auch um einen niedrigschwelligen Zugang zur psychotherapeutischen Behandlung zu bieten.
Gesundheitsdaten für die Forschung nutzbar machen
Kern des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes ist es, die Nutzung von Daten aus der Gesundheitsversorgung zu ermöglichen und deren Potential voll auszuschöpfen. Die Kranken- und Pflegekassen sollen in Zukunft die Daten ihrer Versicherten automatisiert verarbeiten und nutzen dürfen. Dadurch können zum Beispiel Versicherte auf ihr individuell erhöhtes Krebsrisiko hingewiesen werden. Die Kassen verfügen über eine hohe Expertise sowie nicht ausreichend genutzte Routinedaten.
In der Anhörung wurde deutlich, dass in der Datenauswertung durch die Krankenkassen viele Vorteile liegen. Aus Sicht der Barmer könne etwa bei schwangeren Frauen eine womöglich kontraindizierte Arzneimitteltherapie aufgedeckt werden. Studien zeigten, dass viele Frauen im gebärfähigen Alter Medikamente (zum Beispiel zur Behandlung von Epilepsie, Rheuma, Schilddrüsenerkrankungen) erhielten, die zu Schädigungen des ungeborenen Kindes führen könnten. Die geplante Regelung würde Krankenkassen die Möglichkeit geben, Versicherte frühzeitig auf diese Gefahr hinzuweisen. Auch das Darmkrebsscreening könne so verbessert und Versicherte mit bestimmten Risikofaktoren zielgenauer angesprochen werden.