Pflegefachkräfte sollen mehr Kompetenzen für die selbständige und eigenverantwortliche Versorgung von Patientinnen und Patienten erhalten: Ab 2023 können bestimmte ärztliche Tätigkeiten im Rahmen von Modellvorhaben auf Pflegefachkräfte übertragen werden, die bisher Ärztinnen und Ärzten vorbehalten waren. Nach Ansicht der Barmer ist dies nicht nur ein wichtiger Schritt zur Aufwertung des Pflegeberufs. Gleichzeitig wird die Versorgung besonders chronisch kranker Menschen verbessert.
Berlin, 14.07.2022 - GKV-Spitzenverband, Kassenärztliche Bundesvereinigung und weitere Verbände haben am 01.07.2022 einen Rahmenvertrag zur Durchführung von Modellvorhaben zur Übertragung ärztlicher Tätigkeiten geschlossen. Ziel der Modellvorhaben ist es, Pflegekräften deutlich mehr Verantwortung und Selbstständigkeit bei der medizinischen Versorgung von Patientinnen und Patienten zu geben und Ärztinnen und Ärzte zu entlasten. Ab dem 01.01.2023 soll pro Bundesland mindestens ein Modellvorhaben durchgeführt werden. In einem ersten Schritt haben sich die Vertragspartner auf die Übertragung von ärztlichen Tätigkeiten auf Pflegefachpersonal zur Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus, chronischen Wunden und Demenz geeinigt.
Neues Berufsbild der Medizinassistenz übernimmt Verantwortung und trägt Haftung
Aus Sicht der Barmer sind ein neues Rollenverständnis und eine neue Arbeitsteilung zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Berufen unerlässlich. Vor dem Hintergrund der Alterung der Bevölkerung, der zunehmenden Komplexität von Erkrankungen sowie einer höheren Inanspruchnahme medizinischer Leistungen müssen die vorhandenen Fachkräfteressourcen zielgerichteter eingesetzt und das Potential nichtärztlicher Berufe umfangreicher ausgeschöpft werden als bisher.
Die Delegation ärztlicher Leistungen muss deshalb im ärztlichen Praxisalltag weiter ausgebaut werden. Als Anreiz dafür sollte eine tätigkeitsbezogene Vergütung den Strukturzuschlag ersetzen. Viel weitergehend wäre aus Sicht der Barmer die Einführung des Berufsbilds der Medizinassistenz: Medizinassistent:innen sind im Sinne der Haftung für ihr eigenes Handeln verantwortlich. Nach einem berufsbegleitenden Studium wäre es die Aufgabe der Medizinassistenz, auf eigenständiger Vertragsgrundlage mit ärztlichen und nichtärztlichen Gesundheitsberufen zusammenzuarbeiten und Tätigkeiten eigenständig zu übernehmen, die den Arzt entlasten, aktuell aber noch unter den Arztvorbehalt fallen.