Weil Deutschland bei der Digitalisierung deutlich hinter anderen Ländern zurückliege, empfiehlt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) in seinem aktuellen Gutachten eine Strategie für die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Dabei müsse der Datenschutz im Sinne eines umfassenden Patientenschutzes neu gedacht werden. Eine wesentliche Rolle bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen kommt laut Gutachten der elektronischen Patientenakte zu, diese Einschätzung teilt die Barmer.
Berlin, 29.03.2021 – Der Sachverständigenrat fordert einen neuen Blick auf die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Nach Einschätzung von Prof. Ferdinand Gerlach, dem Vorsitzenden des Gremiums, würden in Deutschland vor allem die Risiken der Digitalisierung gesehen, weniger der Nutzen für das Patientenwohl. Der sparsame Umgang mit Daten sei von der Realität überholt worden, so der SVR. Für einen sicheren Umgang mit Daten müssten die Standards für den Datenschutz und die Datensicherheit durch den Gesetzgeber klar vorgeschrieben und entschieden durchgesetzt werden. Damit würde mehr informationelle Selbstbestimmung für den Einzelnen ermöglicht als durch kommerzielle Anbieter aus anderen Rechts- oder Wirtschaftssystemen.
Von der elektronischen Patientenakte (ePA) erwartet sich der SVR großen Nutzen für eine bedarfsgerechte und koordinierte medizinische Versorgung. Auch betont er die Vorteile für den Einzelnen: Mit Hilfe umfassender Daten aus der ePA seien zum Beispiel eine frühere Diagnosestellung oder die individuelle Anpassung einer Therapie möglich. Für den Erfolg der ePA sei jedoch entscheidend, dass viele Menschen sie nutzen und die Daten für die Gesundheitsforschung zur Verfügung stehen. Nach Ansicht der Barmer ist die elektronische Patientenakte ein wichtiges Instrument zur Weiterentwicklung der medizinischen Behandlung und der pflegerischen Versorgung. Versicherte sollten ihre Daten auch den Krankenkassen zur Verfügung stellen können, um ein gezieltes Versorgungsmanagement zu ermöglichen.
Digitale Gesundheitsanwendungen unterliegen schnellen Veränderungszyklen. Werden Apps weiterentwickelt, so müssen sie nach Meinung der Barmer schnell geprüft werden und veränderte Bewertungen rasch in das DiGA-Verzeichnis einfließen. In das Verzeichnis aufgenommene DiGA müssen regelmäßig nachweisen, dass sie noch einen Nutzen in einer dynamischen Gesundheitsversorgung haben. Digitale Gesundheitsanwendungen sollten generell nur für einen befristeten Zeitraum in das Verzeichnis aufgenommen werden.
Der SVR unterbreitet einen Vorschlag zur Nutzenbewertung von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) höherer Risikoklassen IIb und III: Für diese solle nach Marktzugang ein Nutzenbewertungsverfahren nach dem Vorbild von Arzneimitteln und Medizinprodukten etabliert werden.
Die Barmer begrüßt das Erscheinen des Sachverständigen-Gutachtens zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. Denn für eine ausführliche fachliche Diskussion des Themas drängt die Zeit.